Entscheidungsstichwort (Thema)

Kündigung. Tendenzschutz

 

Leitsatz (amtlich)

Der Kläger als Sachbearbeiter und stellvertretender Referatsleiter bei der Beklagten ist kein Tendenzträger. Bei seiner Kündigung ist der Betriebsrat zu beteiligen.

 

Normenkette

BetrVG § 103; BGB §§ 615, 611

 

Verfahrensgang

ArbG München (Urteil vom 20.11.2007; Aktenzeichen 30 Ca 6435/00)

 

Tenor

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 20. November 2007 in den Ziffern 2., 3. und 4. abgeändert.

2. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger EUR 122.433,45 brutto nebst 5 % Zinsen hieraus seit

8. Januar 2003 aus EUR 17.817,44,

23. Dezember 2003 aus weiteren EUR 25.289,87,

4. Januar 2005 aus weiteren EUR 21.450,96,

3. Januar 2006 aus weiteren EUR 25.040,40,

4. Januar 2007 aus weiteren EUR 32.834,78

zu bezahlen.

3. Die Berufung des Beklagten wird zurückgewiesen.

4. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

5. Für den Beklagten wird die Revision zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Arbeitgeberkündigung in Verbindung mit Entgeltansprüchen aus Annahmeverzug.

Der im August 1953 geborene und zwei Kindern zum Unterhalt verpflichtete Kläger ist Dipl.-Soziologe und auf der Grundlage des Dienstvertrages vom 31. März 1981 (Blatt 7/8 der Akte) in Verbindung mit der Zusatzvereinbarung vom 26. Juni 1987 (Blatt 11 der Akte) zum 1. April 1981 in die Dienste des Beklagten getreten. Sein Arbeitsvertrag nimmt Bezug auf den Bundes-Angestelltentarifvertrag und die diesen ergänzenden oder ändernden Tarifverträge. Der Kläger erzielte zuletzt eine monatliche Vergütung gemäß der VergGr. III BAT in Höhe von DM … brutto. Er war eingesetzt als Sachbearbeiter, stellvertretender Referent im Referat … des I. … für … zuständig gewesen. Nach einer für seinen Arbeitsplatz erstellten „Tätigkeitsdarstellung und -bewertung” vom 18./24. Juli 1997 (Blatt 88 bis 91 der Akte) gehörten zu seinen Aufgaben die Projektbeantragung, die Projektdurchführung, die Besucherbetreuung, die Organisation von Bildungsveranstaltungen in der Bundesrepublik Deutschland und die Vertretung des Referenten.

Arbeitgeber ist eine parteinahe politische Stiftung, organisiert in der Form eines eingetragenen Vereins. Seine Organisation, die allgemeinen dienstrechtlichen Vorschriften und der Geschäftsgang ergeben sich aus seiner Geschäftsordnung. Darin heißt es u.a.

§ 4

Leiter der Abteilungen

1. Der Leiter einer Abteilung ist für die Angelegenheit seiner Abteilung verantwortlich, er lenkt und überwacht die Tätigkeit der zu seiner Abteilung gehörenden Referate, unterrichtet und unterstützt den Geschäftsführer.

2. Im Rahmen der laufenden Geschäfte der Abteilung ist er befugt, Verträge abzuschließen. Im Einvernehmen mit dem Geschäftsführer kann er Dienstanweisungen für seine Abteilung erlassen.

3. Soweit Entscheidungen des Geschäftsführers die Angelegenheit einer Abteilung berühren, ist der Leiter der Abteilung zu hören.

4. Der Leiter der Abteilung soll eine abgeschlossene wissenschaftliche Ausbildung oder aufgrund seiner Berufserfahrung eine gleichwertige Qualifikation nachweisen können.

§ 5

Referenten

1. Die Referenten sind dafür verantwortlich, daß die ihrem Referat zugewiesenen Aufgaben sachgerecht und rechtzeitig erfüllt werden.

In allen Angelegenheiten ihres Referats steht ihnen die erste Entscheidung zu.

2. Die Referenten haben die ihnen erteilten Anordnungen im Rahmen der Vorschriften auszuführen. Sie sollen ihre Vorgesetzten beraten und unterstützen und regelmäßig informieren.

3. Die Referenten sollen eine abgeschlossene wissenschaftliche Ausbildung oder aufgrund ihrer Berufserfahrung eine gleichwertige Qualifikation nachweisen können.

§ 6

Weitere Mitarbeiter

1. Den Referenten können weitere Mitarbeiter zugeteilt werden.

2. Die weiteren Mitarbeiter unterstützen den Referenten bei der Wahrnehmung der Aufgaben des Referats.

Sie sind für die sachgerechte und rechtzeitige Erfüllung der ihnen zugewiesenen Aufgaben verantwortlich.

….

Beim Arbeitgeber besteht u.a. eine Dienstanweisung vom 2. März 2000, die ein Verbot der privaten E-mail-Nutzung beinhaltet (Blatt 341 der Akte). Vom Kläger waren auch nach Bekanntgabe dieser Dienstanweisung private E-Mails versandt und erhalten worden, unter anderem das E-Mail vom 4. April 2000. Davon hatte der Beklagte am 7. April 2000 Kenntnis erlangt. Sie war ihm von einem anderen Unternehmen, wo diese E-Mail unangenehm aufgefallen war, übermittelt worden (Blatt 92 der Akte). Der Arbeitgeber suspendierte den Kläger daraufhin sofort von seiner Arbeit und befragte ihn unter Übergabe eines Fragenkatalogs am 14. April 2000 zu dieser Angelegenheit.

Mit Schreiben vom 14. April 2000 teilte der Arbeitgeber dem Betriebsrat seine Absicht mit, dem Kläger fristlos, hilfsweise mit Auslauffrist zum 31. Dezember 2000, hilfsweise ordentlich zum 31. Dezember 2000 zu kündigen. Mit einem fast gleichlautenden Schreiben vom selben Tag bat der Arbeitgeber den Betriebsrat um Zustimmung zu den beabsichtigten personellen Maßnahmen.

Der Betriebsrat...

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