Entscheidungsstichwort (Thema)

Abrufarbeit

 

Leitsatz (amtlich)

Die Entscheidung befasst sich neben der Frage der Begründetheit eines von einer Arbeitnehmerin gestellten Auflösungsantrags mit der Rechtswirksamkeit einer (formular-)arbeitsvertraglichen Regelung, wonach die an der Kasse einer Tankstelle beschäftigte Klägerin zu einer monatlichen Stundenleistung von 100 Stunden verpflichtet wurde bei gleichzeitigem Abrufrecht des Arbeitgebers von Überarbeit bis zur „gesetzlich zulässigen” Höhe. Im Hinblick auf die Unwirksamkeit dieser Bestimmung (§ 307 BGB) und im Hinblick auf die zurückliegende Beschäftigungspraxis mit durchschnittlich 205 Monatsstunden legte das Gericht im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung seiner Entscheidung eine vereinbarte Arbeitszeit von 164 Stunden mit einem zusätzlichen Abrufrecht des Arbeitgebers in Höhe von (164 mal 25 % =) 41 Stunden zu Grunde (vgl. BAG, Urt. vom 7.12.2005, Az.: 5 AZR 535/04, NZA 2006,423).

 

Normenkette

KSchG § 9; BGB §§ 615, 307

 

Verfahrensgang

ArbG München (Urteil vom 14.08.2007; Aktenzeichen 34 Ca 4427/07)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Klägerin gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 14. August 2007, Az.: 34 Ca 4427/07, wird das bezeichnete Endurteil wie folgt abgeändert:

  1. Die Beklagte wird verurteilt, 376,40 EUR brutto zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 1.4.2007 zu Zahlen.
  2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 95,89 EUR brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 13,58 EUR seit 1.2.2007, aus weiteren 37,39 EUR seit 1.3.2007 sowie aus weiteren 44,92 EUR seit 1.4.2007 zu bezahlen.
  3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
  4. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Parteien je die Hälfte.
  5. Der Streitwert wird auf 1.038,93 EUR festgesetzt.

2. Im Übrigen wird die Berufung der Klägerin zurückgewiesen.

3. Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Parteien je die Hälfte.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über in die Auflösung des Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung einer Abfindung sowie die Zahlung restlichen Gehalts in Höhe von 376,40 EUR brutto sowie 95,89 EUR netto.

Der Auseinandersetzung liegt im Wesentlichen folgender Sachverhalt zu Grunde:

Die am 00. Mai 1979 geborene Klägerin war seit 1. August 2006 als sog. Shopmitarbeiterin (Kassen- und Servicekraft) mit einem durchschnittlichen Bruttomonatsentgelt von circa 1.650 EUR bei dem Beklagten beschäftigt. Der Beklagte beschäftigt insgesamt 25 Arbeitnehmer. Ein Betriebsrat besteht nicht. Der Kassenbereich, an dem die Klägerin tätig war, wird mit einer Videoanlage überwacht.

Mit Schreiben vom 14. März 2007 erklärte der Beklagte gegenüber der Klägerin die ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses zum 31. März 2007. Hiergegen erhob die Klägerin mit Schriftsatz vom 22. März 2007, der beim Arbeitsgericht München am 26. März 2007 eingegangen ist und dem Beklagten am 31. März 2007 zugestellt wurde, Kündigungsschutzklage. Mit Schreiben vom 1. April 2007 erklärte der Beklagte gegenüber dem anwaltschaftlichen Vertreter der Klägerin, dass er an der Kündigung nicht weiter festhalte und das Arbeitsverhältnis unverändert fortbestehe.

Mit Klageerweiterung vom 3. April 2007, die zunächst der 5. Kammer des Arbeitsgerichts München unter dem Aktenzeichen 5 Ca 5062/07 zugeteilt und dem Beklagten am 21. April 2007 zugestellt worden war, hat die Klägerin die hier streitgegenständliche rückständige Vergütung sowie die Erteilung eines qualifizierten Zeugnisses gerichtlich geltendgemacht.

Mit Schreiben vom 5. April 2007 teilte der Beklagte der Klägerin folgendes mit:

„Sehr geehrte Frau S.,

wie Sie uns Samstag am 01.04.07 bestätigten, dass Sie die gesamte Folgewoche von 6.00 Uhr bis 11.00 Uhr arbeiten, sind wir dies bezüglich erstaunt, das Sie nicht zur Arbeit erschienen sind. Sie sind laut Arbeitsvertrag verpflichtet umgehend bescheid zu geben, wenn sie nicht in der Lage sind Ihre Arbeit anzutreten, doch hierfür erfolgte keine Mitteilung Ihrer Abwesenheit. Anrufe meinerseits oder von anderen Mitarbeitern werden ignoriert oder weggedrückt. Deshalb fordere Ich Sie nochmals auf am Dienstag den 10.04.2007 um 6.00 Uhr an der T. am … zu erscheinen.

Mit freundlichen Grüßen

…”

In einem weiteren Schreiben vom 11. April 2007 an die Klägerin führte der Beklagte folgendes aus:

„Sehr geehrte Frau S.,

wir haben bereits am 01.04.2007 Ihrem Wunsch auf Weiterbeschäftigung zugestimmt und Ihnen am 05.04.2007 nochmals schriftlich Ihre Arbeitszeiten mitgeteilt und um Kommunikation gebeten. Keines der vorherigen Schreiben zeigte eine Resonanz.

Doch durch Ihr Verhalten haben wir Probleme, eine ordentliche Schichteinteilung vorzunehmen. Wir tragen Sie ein und Sie kommen nicht. Das bedeutet, dass unser Betriebsablauf erheblich gestört wird.

Deshalb möchte ich sie nochmals bitten, an Ihren Arbeitsplatz zu erscheinen oder zumindest mich persönlich zu informieren, was mit Ihnen los ist.

Mit freundlichen Grüßen

…”

Der Aufforderung des Beklagten zu...

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