Entscheidungsstichwort (Thema)

Schichtplanbedingte Arbeitsunterbrechungen. Wegezeiten für Omnibusfahrer. Arbeitsunterbrechungen von Omnibusfahrern. Omnibusfahrer, Arbeitsunterbrechungen. Wegezeiten Omnibusfahrer. Omnibusfahrerwegezeiten. Freizeit bei Omnibusfahrer. Omnibusfahrer, Freizeit, Günstigkeitsvergleich

 

Leitsatz (amtlich)

1. Aus § 6 III Nr. 3 i. V. m. § 6 II Nr. 2 b des Manteltarifvertrags Nr. 6 v. 12.08.1998 für alle gewerblichen Arbeitnehmer/innen des privaten Omnibusgewerbes in Bayern (MTV Nr. 6) folgt, dass bei schichtplanbedingten Arbeitsunterbrechungen von höchstens zwei Stunden Dauer ein Pausenabzug nach § 6 III Nr. 2 MTV Nr. 6 nicht vorzunehmen ist.

2. Die „Gemeinsame Erklärung zum Manteltarifvertrag Nr. 6 für die gewerblichen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer des privaten Omnibusgewerbes in Bayern” vom 25.01.2000 hat nicht die Qualität eines Tarifvertrags. Sie gibt lediglich eine Rechtsauffassung zur Auslegung der Tarifnorm des § 6 III Nr. 3 MTV Nr. 6 wieder und ist für sich genommen nicht maßgebend, weil ein entsprechender Wille der Tarifvertragsparteien im MTV Nr. 6 nicht seinen Ausdruck gefunden hat.

3. Ein Verzicht von Arbeitnehmern auf tarifvertraglich geregelte Ansprüche auf Vergütung von schichtplanbedingten Arbeitsunterbrechungen kann nur unter den Voraussetzungen des § 4 Abs. 3 TVG wirksam ausgesprochen werden. In den danach vorzunehmenden Günstigkeitsvergleich können nach dem Grundsatz des Gruppenvergleichs nur Regelungen einbezogen werden, die in einem inneren Zusammenhang stehen. Dies ist nicht der Fall, wenn der Verzicht auf die tarifvertraglich vorgesehene Vergütung von schichtplanbedingten Arbeitsunterbrechungen einerseits mit der Verschaffung von mehr zusammenhängender Freizeit durch eine entsprechende Schichtplangestaltung andererseits verglichen wird.

4. Der Günstigkeitsvergleich setzt voraus, dass der Begünstigungseffekt von vornherein für einen längeren Zeitraum nach objektiven Kriterien bestimmbar ist.

5. Abgesehen von Wegezeiten, die zugleich Lenkzeiten sind, sind Wegezeiten, die durch Fahrten zum oder vom Einsatz mit öffentlichen Verkehrsmitteln entstehen, bei Omnibusfahrern/Omnibusfahrerinnen im Omnibuszubringerliniendienst (OZL) im Großraum München nicht zu vergüten, weil zum einen diese Wegezeiten nicht unter den nach § 6 I Nr. 4 und 5 MTV Nr. 6 vergütungspflichtigen Zeiten aufgeführt sind und zum anderen die Vergütung dieser Wegezeiten durch die Fußnote zu § 3 der Zusatzvereinbarung Nr. 24 für die Omnibusfahrer/innen im Omnibuszubringerliniendienst (OZL) im Großraum München vom 15.10.1998 ausgeschlossen ist.

6. Auch wenn Omnibusfahrer bei schichtplanbedingten Arbeitsunterbrechungen keine Möglichkeit haben, ihre Dienstkleidung gegen private Kleidung zu wechseln und wenn sie die Fahrertasche, in der sich Fahrscheine und Geld befinden, mit sich führen müssen, gelten sie als von jeglicher Arbeitsleistung befreit im Sinne von § 6 II Nr. 2 b MTV Nr. 6.

 

Normenkette

TVG § 4 Abs. 3

 

Verfahrensgang

ArbG München (Urteil vom 12.09.2000; Aktenzeichen 4 Ca 6805/01)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 17.09.2003; Aktenzeichen 4 AZR 540/02)

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Endurteil des Arbeitsgerichts … vom 12.09.2001 – 4 Ca 6805/01 – unter Zurückweisung der Berufung im übrigen geändert:

  1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 992,14 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 % über den Basiszinssatz gem. § 1 DÜG vom 09.06.1998 und ab 01.01.2002 in Höhe von 5 % über den gesetzlichen Basiszinssatz nach § 288 Abs. 1 BGB n.F. aus 163,44 Euro seit 01.12.2000, aus 131,72 Euro seit 01.01.2001, aus 188,97 Euro seit 01.02.2001, aus 106,94 Euro seit 01.03.2001, aus 56,94 Euro seit 01.04.2001, aus 160,79 Euro seit 01.05.2001, aus 155,62 Euro seit 01.06.2001 und aus 94,40 Euro seit 01.07.2001 zu zahlen.

    Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

  2. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger 9/10 und die Beklagte 1/10.

II. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über Ansprüche des Klägers auf die Zahlung von Wegezeiten und schichtplanbedingten Unterbrechungszeiten.

Der Kläger war bis 30.07.2002 bei der Beklagten als Busfahrer beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis finden die Tarifverträge für die gewerblichen Arbeitnehmer des privaten Omnibusgewerbes in Bayern kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit Anwendung. Insbesondere unterlag das Arbeitsverhältnis dem Manteltarifvertrag Nr. 6 vom 12.08.1993 für alle gewerblichen Arbeitnehmer/-innen des privaten Omnibusgewerbes in Bayern, gültig ab 01.01.1999 und der Zusatzvereinbarung Nr. 24 für die Omnibusfahrer/innen im Omnibus zubringerliniendienst (OZL) im Großraum … vom 15.10.1998, gültig ab 01.11.1998.

Im genannten Manteltarifvertrag (MTV) ist in § 6 unter der Überschrift „Arbeitszeitregelung” unter anderem folgendes geregelt.

§ 6

Arbeitszeitregelung

I. Arbeitszeit

4. Folgende Zeiten sind als Arbeitszeit zu werten und voll zu bezahlen:

  1. die Zeiten der Vor- und Abschlusszeiten sowie die Herstellung der Verkehrs- und Betriebssicherheit (Diese...

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