Entscheidungsstichwort (Thema)

Mitbestimmung des Betriebsrats bei Eingruppierung nach Betriebsübergang. Betriebsübergang bei Abspaltung. Entlohnung neu eingestellter Arbeitnehmer

 

Leitsatz (amtlich)

1. Im Fall einer Abspaltung eines Betriebsteils gem. § 123 Abs. 2 UmwG erfolgt der Betriebsübergang nach § 613 a BGB im Allgemeinen erst mit der Eintragung im Handelsregister des übertragenden und übernehmenden Rechtsträgers.

2. Ein nicht tarifgebundener Übernehmer des Betriebsteiles ist aufgrund der Vertragsfreiheit frei, mit allen nach dem Betriebsübergang neu eingestellten Arbeitnehmern die Gehälter individuell zu vereinbaren. An eine Praxis des übertragenden Unternehmens, Tarifgehälter zu bezahlen, bleibt er bei neu eingestellten Arbeitnehmern nicht gebunden. Ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats gem. § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG besteht insoweit nicht, weil keine neue kollektive Entlohnungsform geschaffen wird.

 

Normenkette

BetrVG § 99; BGB § 613a; UmwG § 123 Abs. 2; BetrVG § 87 Abs. 1 Nr. 10

 

Verfahrensgang

ArbG München (Beschluss vom 20.01.1999; Aktenzeichen 31 BV 296/97)

 

Nachgehend

BAG (Beschluss vom 12.12.2000; Aktenzeichen 1 ABR 23/00)

 

Tenor

1. Die Beschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts München vom 20.1.1999 – 31 BV 296/97 – wird zurückgewiesen.

2. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beteiligte zu 2) verpflichtet ist, beim Beteiligten zu 1), dem für ihre Niederlassung München gewählten Betriebsrat im Falle von zehn nach dem 1.7.1997 erfolgten Neueinstellungen von Angestellten eine Eingruppierung nach dem Gehaltstarifvertrag für private Reisebürobetriebe vorzunehmen und die entsprechende Zustimmung des Betriebsrats nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG hierzu einzuholen.

Die Beteiligte zu 2) hat durch Spaltungs- und Übernahmevertrag vom 23.5.1997 den von der … ausgegliederten Geschäftsbereich „Firmendienst” durch Aufnahme als Gesamtheit nach den Vorschriften des Umwandlungsgesetzes übernommen. Die Spaltung ist im Handelsregister der übernehmenden Gesellschaft am 25.6.1997, der übertragenden Gesellschaft am 11.7.1997 eingetragen worden (vgl. den Handelsregisterauszug Bl. 33/34 d.A.).

Vor dem Wirksamwerden der Abspaltung ließ die Beteiligte zu 2) seit 1.1.1997 ihre Geschäfte „Firmenreisedienst” durch eine der … erteilte Vollmacht (Bl. 94 d.A.) durch deren Angestellte durchführen. Das geschah aus bilanztechnischen Gründen, weil unabhängig vom Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Abspaltung das Kalenderjahr als Geschäftsjahr der Beteiligten zu 2) vorgesehen war und der Beteiligten zu 2) die Umsätze aus dem Firmenreisedienst bereits für das volle Kalenderjahr zufließen sollten.

In der Zeit zwischen dem 1.1.1997 und dem 30.6.1997 stellte die … noch zahlreiche Angestellte als Reiseverkehrskaufmann/Reiseverkehrskauffrau zur Verwendung im Firmenreisedienst ein. Diese neuen Mitarbeiter wurden mit Zustimmung des damaligen Betriebsrats jeweils nach dem Gehaltstarifvertrag für private Reisebürobetriebe eingruppiert; daneben erhielten sie übertarifliche Zulagen (vgl. die Anlagen AG 2 = Bl. 200 bis 231 d.A.). Die … war mit Wirkung zum 31.12.1996 aus dem einschlägigen Arbeitgeberverband ausgetreten.

Im Juli 1997 teilte die Geschäftsleitung der Beteiligten zu 2) mit einem Schreiben (Anlage AG 1 = Bl. 93 d.A.) allen im Firmenreisedienst tätigen Mitarbeitern mit, dass nunmehr die Abspaltung durch Eintragung in das Handelsregister wirksam geworden sei und dass deshalb ihre Arbeitsverhältnisse mit Erhalt des Schreibens gem. § 613 a BGB auf die Beteiligte zu 2) als neuer Arbeitgeberin übergangen seien. Die betroffenen Mitarbeiter bestätigten zwischen dem 22. und 28.7.1997 den Erhalt des Schreibens.

In der Folgezeit (ab 11.8.1997) teilte die Beteiligte zu 2) dem Betriebsrat mit, dass sie die nachfolgend genannten Angestellten einzustellen beabsichtige und bat um Zustimmung des Betriebsrats:

– …

zum 1.10.1997

(Bl. 4 d.A.)

– …

zum 1.10.1997

(Bl. 5 d.A.)

– …

zum 1.10.1997

(Bl. 6 d.A.)

– …

zum 1.10.1997

(Bl. 7. d.A.)

– …

zum 1.01.1998

(Bl. 8 d.A.)

– …

zum 1.10.1997

(Bl. 9 d.A.)

– …

zum 1.10.1997

(Bl. 10 d.A.)

– …

zum 1.12.1997

(Bl. 11 d.A.)

– …

zum 1.01.1998

(Bl. 48 d.A.)

– …

zum 1.01.1998

(Bl. 5 in Beiakte).

Als Gehalt war jeweils ein fester Monatsbetrag genannt; eine Eingruppierung nach einer tariflichen Regelung erfolgte nicht.

Der Betriebsrat stimmte der Einstellung jeweils zu, widersprach aber schriftlich der gehaltlichen Eingruppierung mit der Begründung, dass diese Mitarbeiter benachteiligt würden, denn richtigerweise müssten auch sie nach Maßgabe der einschlägigen tariflichen Gehaltsregelung eingruppiert werden (vgl. Muster Bl. 12 d.A.).

Da die Beklagte zu 2) den Standpunkt vertrat, dass sie weil nicht Mitglied eines Arbeitgeberverbandes – zu einer tariflichen Eingruppierung ab der Übernahme des Betriebes im Juli 1997 nicht mehr verpflichtet sei, sondern Gehälter frei vertraglich vereinbaren könne, hat der Beteiligte zu 1) beim Arbeitsgericht München am 4.11....

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