Entscheidungsstichwort (Thema)

Einigungsstelle. Spaltung von Betrieben. Sozialplanpflichtigkeit

 

Leitsatz (amtlich)

Der Begriff der Betriebsspaltung in § 111 Satz 3 Ziff. 3 BetrVG setzt nicht voraus, dass Folge einer Spaltung ein Betriebsübergang i. S. von § 613 a BGB ist.

 

Normenkette

BetrVG § 111 S. 3 Ziff. 3; BGB § 613a

 

Verfahrensgang

ArbG München (Beschluss vom 23.09.2005; Aktenzeichen 18b BV 4/05 I)

 

Nachgehend

BAG (Beschluss vom 18.03.2008; Aktenzeichen 1 ABR 77/06)

 

Tenor

1. Die Beschwerde der Arbeitgeberin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts München vom 23. Sept. 2005, Az.: 18b BV 4/05 I, wird zurückgewiesen.

2. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Tatbestand

Gegenstand der Auseinandersetzung ist die umstrittene Wirksamkeit eines Einigungsstellenspruchs.

Antragstellerin ist die Arbeitgeberin, die einen Zeitungsverlag unterhält, Antragsgegner ist der im Betrieb der Arbeitgeberin bestehende Betriebsrat.

Der Auseinandersetzung liegt im Wesentlichen folgender Sachverhalt zu Grunde:

Die Arbeitgeberin hat die technische Anzeigenproduktion (Satzherstellung) mit Wirkung zum 1.3.2004 vollständig geschlossen und an ein hierfür spezialisiertes Dienstleistungsunternehmen, die Fa C. GmbH, übertragen. Dies führt für die Arbeitgeberin zu einer jährlichen Ersparnis von 250.000 EUR an Personalkosten. Vor der Schließung der Anzeigenproduktion waren in der Satzherstellung bei der Arbeitgeberin 10 Mitarbeiter beschäftigt. Zwei davon wurden von der Fa. C. übernommen. Es handelt sich dabei um Frau S. und Herrn W. Alle übrigen Mitarbeiter der technischen Anzeigeproduktion wurden entlassen.

Die bei der Arbeitgeberin bezüglich der bezeichneten Maßnahme gebildete Einigungsstelle beschloss am 11.2.2005 einen Sozialplan für alle 10 in der Anzeigenproduktion beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.

Mit ihrer beim Arbeitsgericht München am 20.4.2005 eingegangenen Antragsschrift hat die Arbeitgeberin die gerichtliche Feststellung im Beschlussverfahren begehrt, dass der Spruch der Einigungsstelle vom 11.2.2005 unwirksam sei.

Zur Begründung hat sie vorgetragen, die von ihr durchgeführte Maßnahme sei nicht sozialplanpflichtig und falle nicht unter § 111 Satz 3 Nummer 3 BetrVG. Zudem sei die persönliche Reichweite des Sozialplans ermessensfehlerhaft festgelegt, weil auch Frau S. und Herr W. umfasst seien.

Der Betriebsrat hat in erster Instanz erwidert, der Spruch der Einigungsstelle sei rechtlich in keiner Weise zu beanstanden und hat in diesem Zusammenhang auf die Begründung dieses Spruches verwiesen. Er sei auch nicht ermessensfehlerhaft.

Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 23.9.2005, der der Arbeitgeberin am 10.10.2005 zugestellt wurde, den Antrag der Arbeitgeberin zurückgewiesen.

Zur Begründung hat das Gericht ausgeführt, die Übertragung der Anzeigenproduktion auf die Firma C. stelle eine Spaltung im Sinn des § 111 Satz 3 Nummer 3 BetrVG dar. Dem stehe auch nicht entgegen, dass es sich um einen verhältnismäßig kleinen Betriebsteil handele um, da die bezeichnete Vorschrift nicht auf die Abspaltung eines erheblichen oder wesentlichen Betriebsteils abstelle. Eine Bagatellgrenze sei jedenfalls nicht überschritten, da das Einsparungspotenzial 250.000 EUR betrage und die Anzeigenproduktion einen wichtigen Teil des Betriebs darstelle. Der Sozialplan sei auch nicht ermessensfehlerhaft. Die Einigungsstelle habe sich nämlich im Rahmen des ihr eingeräumten Ermessensspielraums gehalten.

Gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts München vom 23. September 2005 wendet sich an die Arbeitgeberin mit ihrer Beschwerde vom 12.10.2005.

Unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags trägt die Arbeitgeberin vor, das Arbeitsgericht habe es zu Unrecht genügen lassen, dass ein eigenständiger Betriebsteil aufgegeben wird und dass der in diesem Betriebsteil verfolgte arbeitstechnische Zweck von einem Dritten fortgeführt werde.

Die vom Betriebsrat zitierte Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 10.12.96 passe nicht, weil sich der Sachverhalt dort ganz wesentlich von dem hierzu entscheidenden unterscheide. In dem der dortigen Entscheidung zu Grunde liegenden Fall sei die 24 Mitarbeiter umfassende Fertigungseinheit auch nach der Spaltung als solche erhalten geblieben.

Dies sei im vorliegenden Fall bei der technischen Herstellung von Anzeigen nicht der Fall: Die Fa. C. sei bereits seit 1997 am Markt tätig und habe einen eigenen Mitarbeiter-Stamm. Nur zwei Mitarbeiter seien von der Fa. C übernommen worden.

Es liege auch kein Betriebsübergang, bzw. ein Teilbetriebsübergang vor. Die von der Rechtsprechung entwickelten Kriterien seien jedenfalls nicht erfüllt.

Die Arbeitgeberin trägt weiter vor, lege man den Wortlaut aus, so müsse zumindest verlangt werden, dass ein Spaltprodukt entstanden sei. Dies sei aber gerade nicht der Fall.

Eine systematische Auslegung führe zum gleichen Ergebnis. Ein Zusammenschluss setze begrifflich voraus, dass zuvor mehrere Betriebe oder Betriebsteile bestanden hätten. Umgekehrt sei es eine für eine Spaltung nötig, dass...

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