Entscheidungsstichwort (Thema)

Ausstrahlung eines inländischen Betriebs

 

Leitsatz (amtlich)

Gegenstand der Auseinandersetzung ist das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats in personellen Angelegenheiten einer mit öffentlichen Mitteln finanzierten von Deutschland aus operierenden Einrichtung zur internationalen kulturellen Zusammenarbeit bezüglich Mitarbeitern, die ausschließlich für einen befristeten Auslandseinsatz beschäftigt werden und organisatorisch einem der vom Arbeitgeber im Ausland unterhaltenen Kulturinstitute zugewiesen sind. Mit der vorliegenden Entscheidung wird für den konkreten Fall der für die Anwendbarkeit des Betriebsverfassungsgesetzes erforderliche Inlandsbezug verneint, weil die Mitarbeiter ausschließlich für den Auslandseinsatz beschäftigt werden, weil individualrechtlich keine Rückrufmöglichkeit nach Deutschland vorbehalten ist und weil die Mitarbeiter dem Weisungsrecht des jeweiligen Institutsleiters unterworfen sind. Die Tatsache, dass die Gesamteinsatzplanung der betroffenen Mitarbeiter vom Arbeitgeber in Deutschland unter der Federführung des auswärtigen Amts konzipiert wird und dass den Mitarbeitern in Deutschland Fortbildungsmaßnahmen zuteil werden, fiel demgegenüber bei der Bewertung nicht ins Gewicht.

 

Normenkette

BetrVG § 1

 

Verfahrensgang

ArbG München (Beschluss vom 06.11.2008; Aktenzeichen 22 BV 120/08)

 

Tenor

1. Die Beschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts München vom 06.11.2008, Az. 22 BV 120/08, wird zurückgewiesen.

2. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten streiten über eine Verpflichtung des Arbeitgebers bezüglich einer bestimmten Arbeitnehmergruppe Einstellungsmaßnahmen zu unterlassen sowie über eine gerichtliche Aufhebung von sechs im Einzelnen benannten konkreten Einstellungsmaßnahmen.

Der Auseinandersetzung liegt im Wesentlichen folgender Sachverhalt zu Grunde:

Der Beteiligte zu 2) ist ein eingetragener Verein, dessen satzungsmäßiger Zweck u. a. die Pflege der deutschen Sprache im Ausland und die Förderung der internationalen kulturellen Zusammenarbeit sowie die Vermittlung eines umfassenden Deutschlandbildes durch Informationen über das kulturelle, gesellschaftliche und politische Leben ist. Er unterhält dafür 147 Institute in 83 Ländern. In Deutschland gibt es 13 G.-I., die Zentrale befindet sich in M..

Der Antragsteller ist der von den Arbeitnehmern der Zentrale und der ihr zugerechneten, im Ausland eingesetzten Beschäftigten gewählte Betriebsrat. Er wurde im Jahr 2005 von ca. 800 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern gewählt, von denen regelmäßig mehr als 300 an Standorten im Ausland beschäftigt sind. Die Beteiligten gingen in der Vergangenheit davon aus, dass Zentrale und Auslandsinstitute einen einheitlichen Betrieb im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes darstellten.

In den Instituten in Deutschland sind weitere Betriebsräte gebildet. Bei den Auslandsinstituten gibt es teilweise Mitarbeitervertretungen nach Ortsrecht sowie nach einem besonderen Regelwerk gewählte Vertrauenspersonen.

Zur Erfüllung seines satzungsgemäßen Auftrages setzt der Beteiligte zu 2) vor allem sogenannte Dozenten ein. Diese müssen ein akademisches Studium absolviert haben. Sie durchlaufen vor ihrer Übernahme in ein festes Arbeitsverhältnis in der Regel eine 14-monatige interne Ausbildung („Dozentenausbildung”). In ihren Arbeitsverträgen ist die Regelung enthalten, dass sie im In- und Ausland versetzbar seien. Sie werden in die Institute weltweit entsandt. Neben den – dem höheren Dienst zuzurechnenden – Dozenten gibt es auch entsandte Mitarbeiter im gehobenen Dienst, vor allem in den Bereichen der Verwaltung und der Bibliotheksarbeit. Insgesamt gibt es derzeit beim Beteiligten zu 2) 326 Entsandte.

Daneben beschäftigt der Beteiligte zu 2) an den Auslandsinstituten ca. 2.000 Ortskräfte, die am jeweiligen Institut angestellt sind. An den Inlandsinstituten gibt es Lehrkräfte und Mediothekspersonal, die ohne ihre Zustimmung nicht ins Ausland versetzt werden können.

Die Auslandsinstitute werden durch Zuschüsse der öffentlichen Hand finanziert. Die Institute in Deutschland müssen sich selbst tragen; die Finanzierung erfolgt regelmäßig durch die Durchführung kostenpflichtiger Seminare und Deutschkurse. Die in der Zentrale eingesetzten Mitarbeiter gehören überwiegend zum öffentlich finanzierten Bereich (OMB).

Die Institute sind einzelnen Regionen zugeteilt. Es gibt die Regionen Deutschland, Nordwesteuropa, Südwesteuropa, Südosteuropa, Mittelosteuropa, Osteuropa / Zentralasien, Südasien, Ostasien, Südostasien / Australien / Neuseeland, Nordafrika / Nahost, Subsahara / Afrika, Nordamerika, Südamerika und China.

Für jede dieser Regionen gibt es eine Regionalleitung.

An jedem Institut gibt es einen Institutsleiter. Regional- und Institutsleiter sind gegenüber den ihnen unterstellten Mitarbeitern, auch den Entsandten, weisungsbefugt.

Der Beteiligte zu 2) hat allgemeine Regelungen für die Tätigkeit im Ausland in der so genannten Geschäftsordnung der Vereins G.-I....

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