Entscheidungsstichwort (Thema)

Zustandekommen und Auflösung eines Arbeitsverhältnisses im Rahmen § 78a BetrVG

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Vorschriften der §§ 78, 78a BetrVG gelten über § 3 Abs. 5 S. 2 BetrVG, wenn eine Auszubildendenvertretung gemäß § 3 Abs. 1 Ziffer 3 BetrVG durch Tarifvertrag abweichend vom BetrVG eingeführt wurde. Die Rechtsstellung der Auszubildendenvertreter unterliegt in diesem Falle nicht der Disposition der Tarifvertragsparteien.

2. Die Frage, ob eine Weiterbeschäftigung möglich ist, ist im Rahmen des § 78a BetrVG nicht betriebsbezogen, sondern unternehmensbezogen zu betrachten.

 

Normenkette

BetrVG § 78a; TV Mitbestimmung TTC bei der Deutschen Telekom AG § 3 Abs. 4

 

Verfahrensgang

ArbG Regensburg (Beschluss vom 18.08.2005; Aktenzeichen 4 BV 84/05)

 

Tenor

1. Die Beschwerde der Beteiligten zu 1 gegen den Beschluss des Arbeitsgerichtes Regensburg vom 18.8.2005 – 4 BV 18/05 – wird zurückgewiesen.

2. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten streiten darüber, ob zwischen der Antragstellerin (Beteiligten zu 1) und dem Beteiligten zu 2 ein Arbeitsverhältnis nach § 78a Abs. 2 und 3 BetrVG begründet worden ist, und ob dieses gegebenenfalls durch das Gericht antragsgemäß aufzulösen ist.

Der Beteiligte zu 2 stand von Anfang 2002 an bei der Beteiligten zu 1 in einem Ausbildungsverhältnis zum Kaufmann für Bürokommunikation. Die Ausbildung wird bei der Beteiligten zu 1 konzerneinheitlich durch den Betrieb T:

durchgeführt. Aus diesem Grund werden seit 1.3.2002 alle Auszubildenden, somit also auch der Beteiligte zu 2, in den Betrieb T. versetzt. Dieser Betrieb verfügt neben seinem Hauptsitz in Bonn auch über 39 Berufsbildungsstellen (BBi) im Bundesgebiet. Diese Berufsbildungsstellen sind nicht eigenständig. Einziger Betriebszweck des Betriebes T. ist die Erbringung von Leistungen auf dem Gebiet der Personalentwicklung und Qualifizierung für alle Unternehmen bzw. Betriebe der D. T.-Gruppe. Dazu gehört auch die Durchführung von Berufsausbildung. Arbeitnehmer im Betrieb T. sind lediglich die Ausbilder und das für die für diesen Betrieb anfallenden Verwaltungsaufgaben erforderliche Personal. Mit dem Ausbilder der T. verbringen die Auszubildenden etwa ein Drittel ihrer Ausbildungszeit, die übrige Zeit sind sie in anderen Betrieben eingesetzt, um eine berufspraktische Unterweisung zu erhalten.

Für den Betrieb T. ist ein eigener Betriebsrat gewählt. Die betriebliche Interessenvertretung der Auszubildenden richtet sich nach dem Tarifvertrag Mitbestimmung TTC, der vorsieht, dass bei den Berufsbildungsstellen der T. jeweils Auszubildendenvertretungen errichtet werden.

§ 3 Abs. 4 Tarifvertrag Mitbestimmung TTC lautet wie folgt:

Die §§ 78 und 78a BetrVG finden auch Anwendung auf Mitglieder der Auszubildendenvertretung. Scheidet ein voll freigestelltes Mitglied der Auszubildendenvertretung wegen Erreichens der Altersgrenze aus der Funktion aus, hat der Konzern nach Beratung mit dem KBR eine adäquate Anschlussbeschäftigung vorzuschlagen. Die Wünsche des ausscheidenden Mitglieds sollen dabei nach Möglichkeit berücksichtigt werden.

Der Beteiligte zu 2. bestand am 17.1.2005 die Abschlussprüfung zum Kaufmann für Bürokommunikation. Die Ausbildung absolvierte er bei einer Dienststelle in W., die organisatorisch zur Berufsbildungsstelle Regensburg gehört. Bei der hier eingerichteten Auszubildendenvertretung ist er im letzten Jahr vor Beendigung seiner Ausbildung als Ersatzmitglied tätig geworden.

Mit Schreiben vom 20.12.2004 beantragte der Beteiligte zu 2 seine Weiterbeschäftigung und erklärte sich im Nachgang mit Schreiben vom 13.1.2005 mit Einsätzen in allen Dienststellen der T. oder der Konzernunternehmen einverstanden. Die Beteiligte zu 1 lehnte seine Weiterbeschäftigung ab. Vorerst beschäftigt sie den Beteiligten zu 2 – aufgrund gerichtlichen Vergleichs vor dem Arbeitsgericht Regensburg (1 Ca 347/05) – bis zum Abschluss des vorliegenden Verfahrens bei einer Dienststelle in Leipzig.

Die Beteiligte zu 1 ist der Auffassung, dass § 78a BetrVG auf das Ausbildungsverhältnis mit dem Beteiligten zu 2 nicht anwendbar sei, und deshalb ein Arbeitsverhältnis nach § 78a Abs. 2 und 3 BetrVG ab 18.1.2005 nicht begründet worden sei. Die Organisationseinheit T. mit ihren Berufsbildungsstellen sei ein reiner Ausbildungsbetrieb, eine Qualifizierungsorganisationseinheit mit dem ausschließlichen Zweck der Durchführung der Berufsausbildung für andere Betriebe. Die Auszubildenden eines solchen Betriebes nähmen nicht an der Verwirklichung des arbeitstechnischen Betriebszweckes der Berufsbildungsstellen bzw. des T. teil, gehörten deshalb nicht zu dessen Belegschaft und seien keine Arbeitnehmer im Sinne des § 5 Abs. 1 BetrVG. Ein Anspruch auf Übernahme ergebe sich deshalb nicht direkt aus § 78a BetrVG, sondern beruhe ausschließlich auf den tarifvertraglichen Regelungen. Zwar sei die Geltung des § 78a BetrVG mit dem Tarifvertrag TTC vom 26.11.2001 vereinbart worden; doch seien diese Rechte für den Prüfungsjahrgang 2005 nachträglich gemäß...

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