Entscheidungsstichwort (Thema)

Unbefristete Erinnerung der Staatskasse gegen Kostenfestsetzung im Prozesskostenhilfeverfahren. Unbegründeter Einwand der Verwirkung und Entreicherung gegenüber Rückforderungsanspruch der Staatskasse bei überzahlter Anwaltsvergütung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Erinnerung der Staatskasse gegen eine Kostenfestsetzung im Prozesskostenhilfeverfahren ist an keine Frist gebunden.

2. Eine Verwirkung einer Erinnerung der Staatskasse gegen eine Kostenfestsetzung im Prozesskostenhilfeverfahren kann frühestens zum Ablauf des auf die Kostenfestsetzung folgenden Kalenderjahres eintreten.

3. Ein Rechtsanwalt, der eine Überzahlung seiner Vergütung aus der Staatskasse erkennt, kann nicht darauf vertrauen, dass der überzahlte Betrag nicht zurückgefordert wird.

 

Normenkette

RVG § 56 Abs. 2, § 33 Abs. 7, 3; GKG § 20; BGB §§ 242, 818 Abs. 3

 

Verfahrensgang

ArbG München (Entscheidung vom 13.11.2012; Aktenzeichen 21 Ca 4666/10)

 

Tenor

Die Beschwerde des Prozessbevollmächtigen der Klägerin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts München vom 13.11.2012 (Az.: 21 Ca 4666/10) wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten im Kostenfestsetzungsverfahren über die dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin aus der Staatskasse zu erstattende Vergütung.

Der der Klägerin durch Beschluss vom 09.06.2009 im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordnete Prozessbevollmächtigte hat diese im zugrunde liegenden erstinstanzlichen Verfahren vor dem Arbeitsgericht vertreten.

Das Verfahren hat durch einen Vergleich gemäß § 278 Abs. 6 ZPO vom 28.04.2010 sein Ende gefunden.

Mit Schreiben vom 01.06.2010 hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin die Festsetzung seiner ihm aus der Staatskasse zu erstattenden Vergütung beantragt. Aus dem durch das Gericht auf € 6.180,-- festgesetzten Streitwert hat er dabei eine Prozesskostenhilfevergütung von € 981,75 und eine Regelvergütung von € 1.585,68 errechnet. Im Schreiben ist angegeben, dass der Prozessbevollmächtigte € 1.139,43 Vorschüsse erhalten hat.

Durch Beschluss vom 09.06.2010 hat die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle die dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin aus der Staatskasse zu erstattende Vergütung auf € 981,75 festgesetzt.

Mit einem am 29.09.2011 bei dem Arbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz hat dagegen die Bezirksrevisorin bei dem Landesarbeitsgericht München Erinnerung eingelegt. Sie hat beantragt, den Beschluss der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle vom 09.06.2010 aufzuheben, die dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin aus der Staatskasse zu erstattende Vergütung auf € 446,25 festzusetzen und einen Betrag von € 535,50 zurückzufordern.

Zur Begründung hat sie darauf verwiesen, dass bei Festsetzung der Vergütung die durch den Prozessbevollmächtigten der Klägerin angegebenen Vorschüsse übersehen worden seien, so dass eine Überzahlung aus der Staatskasse vorliege. Richtig sei daher von folgender Berechnung auszugehen:

Gegenstandswert

EUR

Vergütung

§§ 45, 49 RVG

EUR

Vergütung

§§ 13 RVG

EUR

1,3 Verfahrensgebühr

Nr. 3100 VV RVG

6.180,00

299,00

487,50

1,2 Terminsgebühr

3104 VV RVG

6.180,00

276,00

450,00

1,0 Einigungsgebühr

1000, 1003 VV RVG

6.180,00

230,00

375,00

Auslagenpauschale

7002 VV RVG

20,00

20,00

Zwischensumme

825,00

1332,50

19 % MwSt 7008 VV RVG

156,75

253,18

Zwischensumme

981,75

1.585,68

Differenzgebühren, § 50 RVG

603,93

Angegebene Vorschusszahlungen

1.139,48

Abzüglich Differenzgebühren

603,93

Auf die Vergütung anrechenbarer Betrag

§ 58 RVG

535,50

Verbleibt ein Vergütungsanspruch gegen die Staatskasse

446,25

Abzüglich Festsetzung vom 09.06.2010

981,75

Überzahlung

535,50

Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin hält die Erinnerung für verfristet und die Forderung der Staatskasse für verwirkt. Er habe den Betrag von € 535,50 an die Klägerin weitergeleitet, nachdem der Betrag nicht zeitnah durch die Staatskasse zurückgefordert worden sei.

Durch Beschluss vom 13.01.2012 hat die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle der Erinnerung der Bezirksrevisorin abgeholfen, den Beschluss vom 09.06.2010 aufgehoben, die dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin aus der Staatskasse zu erstattende Vergütung auf € 446,25 festgesetzt und einen Betrag vom Prozessbevollmächtigten der Klägerin in Höhe von € 535,50 zurückgefordert. Die Erinnerung der Staatskasse sei weder verfristet noch die Rückforderung verwirkt.

Gegen den Beschluss hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin durch einen am 06.02.2012 bei dem Arbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Erinnerung eingelegt.

Durch Beschluss vom 13.11.2012 hat der Kammervorsitzende des Arbeitsgerichts die Erinnerung zurückgewiesen.

Gegen den dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 29.11.2012 zugestellten Beschluss hat dieser mit einem am 30.11.2012 bei dem Arbeitsgericht München eingegangenen Schriftsatz Beschwerde eingelegt, der der Kammervorsitzende nicht abgeholfen und sie am 20.12.2012 dem Landesarbeitsgericht München zur Entscheidung vorgelegt hat.

II.

1. Die Beschwerde des Prozessbevollmächtigten der Klägerin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Mü...

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