Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechte des Arbeitnehmers wegen unterbleibender Nachberechnung von Lohnansprüchen nach Beilegung eines Kündigungsrechtsstreits

 

Leitsatz (amtlich)

Dem Arbeitnehmer steht kein Zurückbehaltungsrecht an der Arbeitsleistung aufgrund von Lohnrückständen zu, wenn er nach Beilegung eines Kündigungsrechtsstreits an der Nachberechnung der Lohnansprüche nicht mitwirkt.

 

Normenkette

BGB §§ 611, 615, 298, 320, 273

 

Verfahrensgang

ArbG Stralsund (Entscheidung vom 06.07.2017; Aktenzeichen 12 Ca 286/15)

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Stralsund -Kammern Neubrandenburg- vom 06.07.2017 - Aktenzeichen 12 Ca 286/15 - wird dieses abgeändert und zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:

1. Das beklagte Land wird verurteilt, an den Kläger 2.726,69 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.04.2014 zu zahlen.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 70 Prozent und das beklagte Land zu 30 Prozent.

II. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über ausstehende Lohnansprüche.

Der Kläger war seit September 2009 in der Europäischen Gesamtschule Insel U. als Mathematiklehrer beschäftigt.

Die monatliche Vergütung betrug ab August 2013 brutto 3.109,46 Euro.

Unter dem 23.10.2012 kündigte das beklagte Land das Arbeitsverhältnis; darüber hinaus wurde der Kläger mit Schreiben vom 24.10.2012 unter Fortzahlung der Bezüge vom Dienst suspendiert.

Es erfolgten Lohnzahlungen bis einschließlich Oktober 2012.

In dem vom Kläger vor dem Arbeitsgericht Stralsund -Kammern Neubrandenburg- geführten Kündigungsschutzverfahren fanden gerichtliche und außergerichtliche Vergleichsverhandlung zum Beenden des Arbeitsverhältnisses statt.

Mit Schriftsatz vom 19. August 2013 übersandte der Klägervertreter ein Angebot für einen Auflösungsvertrag zum 31. Dezember 2013.

Mit Schreiben vom 29. August 2013 teilte das beklagte Land mit, dass es der Vertragsauflösung zum 31. Dezember 2013 zustimmt und der Kläger umgehend seinen Dienst in der Europäischen Gesamtschule Insel U. in A. antreten solle und sich zu diesem Zweck mit der Schule in Verbindung setzen solle.

Mit Schreiben vom 08.10.2013 forderte der Prozessbevollmächtigte des Klägers das beklagte Land auf, die gegenüber dem Kläger erhobenen Vorwürfe zurückzunehmen; davon würde der Kläger seine Aufnahme von der Unterrichtstätigkeit abhängig machen. Des Weiteren wies der Kläger darauf hin, dass die Vergütungsansprüche für die im Jahr 2012 geleistete Unterrichtstätigkeit erst mit großer Verspätung bezahlt worden seien und bisher keine Anrechnung, geschweige denn eine Auszahlung der unter Verzugsgesichtspunkten angefallen Vergütungsansprüche für den Zeitraum bis einschließlich 30.09.2013 vorliege. Insoweit übe der Kläger ein Zurückbehaltungsrecht hinsichtlich seiner Arbeitskraft aus.

Zwischenzeitlich teilte das beklagte Land dem Kläger mit, dass dieser nunmehr nicht an der Gesamtschule Insel U. eingesetzt werden solle, sondern stattdessen in S. seinen Dienst verrichten soll.

Unter dem 9. Oktober 2013 schrieb das Staatliche Schulamt an den Prozessbevollmächtigten:

"In oben genannter Angelegenheit gehe ich davon aus, dass Ihr Mandant seinen Arbeitsantritt spätestens seit dem 9. Oktober 2013 zu Unrecht verweigert. Ein Zurückbehaltungsrecht seiner Arbeitskraft steht ihm unter keinem Gesichtspunkt zu. Sofern Vergütungsansprüche hier angeblich nicht geleistet worden sind, bitte ich Sie, diese zu beziffern. Sodann erfolgt eine Prüfung und im Schuldensfall selbstverständlich die Auszahlung.

Weiterhin weise ich darauf hin, dass der Einsatz einer Lehrkraft nicht nur im Unterricht stattfinden kann, sondern sich auch auf den sonstigen Schuldienst bezieht. Die Aufnahme der von Herrn A. in unserem bestehenden Arbeitsverhältnis geschuldeten Arbeit ist nicht abhängig von der Rückgängigmachung irgendwelcher Aussagen oder von erhobenen Vorwürfen in einem Prozess, in dem es um die fristlose Kündigung Ihres Mandanten ging.

Ich erwarte den umgehenden Arbeitsantritt Ihres Mandanten und teile Ihnen mit, dass aufgrund der Verweigerung Ihres Mandanten, die geschuldete Tätigkeit anzutreten, ab dem 9. Oktober 2013 die Lohn- oder Gehaltsfortzahlung eingestellt wird.

Ich gehe davon aus, dass sich Ihr Mandant bereits in einem neuen Arbeitsverhältnis befindet und mithin weder Willens noch in der Lage ist, seine vertraglichen Verpflichtungen gegenüber dem Land Mecklenburg-Vorpommern zu erfüllen."

Mit Schreiben vom 15. Oktober 2013 teilte der Prozessbevollmächtigte des Klägers mit:

"[...]

Nachdem Herr A. nicht bereit ist, den Schuldienst im Sinne von Unterrichtstätigkeit wieder aufzunehmen, solange die Vorwürfe, insbesondere der der angeblichen Bedrohung von Schülern nicht zurückgenommen werden, ist diesbezüglich eine unverzügliche Abklärung notwendig.

Außerdem wird um Abrechnung und Auszahlung der Vergütungsansprüche, jedenfalls bis einschließlich 30.09.2013, bis spätestens Ende Oktober 201...

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