Entscheidungsstichwort (Thema)

Annahmeverzug. Behauptungsverbot. Leistungsfähigkeit. Tarifvertragliche Verfallfristen

 

Leitsatz (amtlich)

1. Einzelfallbezogene Ausführungen zur Frage, inwieweit aus Krankheit vor und nach einem durch unwirksame Kündigung begründeten Annahmeverzugszeitraum auf den Anspruch ausschließende Leistungsunfähigkeit des Arbeitnehmers während dieses Zeitraumes geschlossen werden kann.

2. Zur Frage, ob eine Prozesspartei verpflichtet ist, sich zu Behauptungen der Gegenpartei einzulassen, die auf rechtswidrig beschafften Informationen beruhen.

3. Zur Frage, ob Ansprüche, die nach § 16 Abs. 2 S. 2 BRTV-Bau gerichtlich erst nach Abschluss eines Kündigungsschutzprozesses geltend gemacht werden müssen, gleichwohl vorab schriftlich jeweils innerhalb von zwei Monaten nach Fälligkeit geltend zu machen sind.

 

Normenkette

BGB §§ 297, 615; BRTV-Bau § 16; ZPO § 138

 

Verfahrensgang

ArbG Schwerin (Urteil vom 18.07.2001; Aktenzeichen 6 Ca 2085/99)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 05.11.2003; Aktenzeichen 5 AZR 562/02)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichtes Schwerin vom 18. Juli 2001 teilweise abgeändert:

In Höhe eines Teilbetrages von 77,47 EUR (151,52 DM) nebst Zinsen wird die Klage abgewiesen.

Im Übrigen wird die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagte zu 98 v. H. und der Kläger zu 2 v. H.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der am 7. November 1948 geborene Kläger war bei der Beklagten als Spezialbaufacharbeiter beschäftigt. Die Beklagte hat das Arbeitsverhältnis am 30. Juli 1997 zum 28. Februar 1998 gekündigt. Den darum geführten Kündigungsschutzprozess (LAG M-V 1 Sa 95/00 - BAG 9 AZN 1044/00) hat der Kläger rechtskräftig gewonnen. Das Arbeitsverhältnis ist zu einem späteren Zeitpunkt zum 30. Juni 2001 beendet worden.

Im vorliegenden Rechtsstreit macht der Kläger Vergütungsansprüche unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzuges für die Zeit vom 1. März 1998 bis 5. Oktober 2000 geltend sowie im Hinblick auf die zwischen den Parteien streitige Höhe des Stundenlohnes Mehrforderungen für die Zeit vom 6. Oktober bis 28. November 2000, in der der Kläger wieder bei der Beklagten gearbeitet hat, sowie für die weitere Zeit bis zum 31. Dezember 2000, in der er arbeitsunfähig erkrankt war.

Das Arbeitsgericht Schwerin hat mit seinem auf die mündliche Verhandlung vom 6. Juni 2001 ergangenen, am 18. Juli 2001 verkündeten Urteil die Beklagte zur Zahlung von insgesamt 115.480,32 DM brutto sowie weiteren 151,52 DM netto (nebst Zinsen) verurteilt und im Übrigen wegen Mehrforderungen des Klägers in Höhe von insgesamt 1.812,60 DM die Klage abgewiesen.

Gegen das Urteil haben beide Parteien Berufung eingelegt. Die Berufung des Klägers (1 Sa 293/01) ist durch ein auf mündliche Verhandlung vom 7. März 2002 ergangenes, am 14. Mai 2002 verkündetes Teil-Urteil des Landesarbeitsgerichts als unzulässig verworfen worden. Die Berufung der Beklagten (1 Sa 296/01) ist Gegenstand dieses Schluss-Urteils.

Die Beklagte wendet gegen die Verzugslohnforderung ein, der Kläger sei während des streitigen Zeitraums auf Grund gesundheitlicher Beeinträchtigungen nicht in der Lage gewesen, die vertragsgemäße Arbeitsleistung als Maurer zu erbringen. Ein Teil der Ansprüche sei auch nach § 16 des Bundesrahmentarifvertrages für das Baugewerbe verfallen.

Der Kläger war während der Kündigungsfrist wiederholt in ärztlicher Behandlung und in der Zeit vom 1. September bis 16. Oktober 1997 arbeitsunfähig. Als Krankheitsursachen sind Diskusprolaps und Lumboischialgie inzwischen unstreitig geworden. Nach vom Kläger bestrittene Behauptung der Beklagten war der Kläger in dieser Zeit auch an Coxarthrose erkrankt. Vom 8. bis 19. September 1997 ist der Kläger im Stadtkrankenhaus in Kxxxxx und vom 25. September bis 16. Oktober 1997 in der Kurklinik in Bad Wxxxxxxx stationär behandelt worden. Die Behauptung der Beklagten, diesen Klinikaufenthalten habe auch die Diagnose "AHB", was eine Einschränkung des Bewegungsapparates bedeute, zu Grunde gelegen, ist vom Kläger bestritten. In der Zeit vom 10. Dezember 1997 bis 6. Januar 1998 ist der Kläger erneut - nach seiner Erklärung ambulant - in Bad Wxxxxxxx behandelt worden (das von seinem Wohnort Pxxxxxxxx etwa 20 Kilometer entfernt liegt).

Mit Bescheid des Amtes für Soziales und Versorgung in Potsdam vom 11. Februar 1998 ist dem Kläger ein Grad der Behinderung von 30 nach dem Schwerbehindertengesetz zuerkannt worden. Zweimalige Versuche des Klägers, einen Gleichstellungsbescheid zu erwirken, blieben erfolglos.

Vom 1. März bis 1. Dezember 1998 bezog der Kläger Arbeitslosengeld. Von Dezember 1998 bis Mitte Mai 1999 hatte er ein Arbeitsverhältnis bei der Arbeiterwohlfahrt Pxxxxxxx, wo er nach seiner Erklärung in der letzten mündlichen Verhandlung im Bereich von Möbeltransporten beschäftigt war. Während die Beklagte behauptet, dieses Arbeitsverhältnis sei auf Grund gesundheitlicher Probleme des Klägers beendet worden, behauptet der Kläger eine einvernehmlic...

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