Entscheidungsstichwort (Thema)

Unbegründete Schadensersatzklage eines Versicherungsunternehmens gegen die früheren Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin wegen ungesicherter Wertguthaben aus Altersteilzeitverträgen

 

Leitsatz (amtlich)

Die Durchgriffshaftung nach § 7e Abs. 7 Satz 2 SGB IV gegen die Organe einer juristischen Person findet auf die gesetzliche Regelung zur Insolvenzsicherung von Wertguthaben aus Altersteilzeitverträgen nach § 8a AltTZG keine Anwendung.

 

Normenkette

ATG § 8a; SGB IV § 7e; GmbHG §§ 13, 43; AltTzG § 8a Abs. 1 S. 1; SGB IV § 7e Abs. 7 Sätze 1-3; BGB § 241 Abs. 2, § 280 Abs. 1, § 311 Abs. 3, § 823 Abs. 1; GmbHG § 13 Abs. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Stralsund (Entscheidung vom 16.04.2014; Aktenzeichen 3 Ca 506/13)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 23.02.2016; Aktenzeichen 9 AZR 293/15)

 

Tenor

1. Die Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Stralsund vom 16.04.2014 - 3 Ca 506/13 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

2. Die Kosten der Nebenintervention im Berufungsverfahren trägt die Nebenintervenientin.

3. Die Revision gegen diese Entscheidung wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um Schadensersatzansprüche aus abgetretenem Recht für nicht gesicherte Wertguthaben aus Altersteilzeitverträgen.

Auf vertraglicher Grundlage vom 31.05.2010 wurde die ehemalige V.werft S. GmbH rückwirkend zum 01.11.2009 auf die ehemalige P.-Werft GmbH zur P + S Werften GmbH (künftig Gemeinschuldnerin) verschmolzen. Der Beklagte zu 1 war vom 03.05.2010 bis zum 24.08.2012, der Beklagte zu 2 seit dem 16.06.2011 und der Beklagte zu 3 in der Zeit vom 26.04.2007 bis zum 28.08.2012 Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin. Der für die Bereiche Materialwirtschaft, Finanzen, REWE/Controlling, Personal und IT zuständige Geschäftsführer D. schied laut Registerauszug mit Wirkung vom 23.11.2011 aus seiner Stellung als Geschäftsführer aus (Blatt 491 - Band III - d. A.). Zuständig für die vorgenannten Arbeitsbereiche wurde der laut Registerauszug mit Wirkung vom 08.05.2012 zum Geschäftsführer bestellte H. M. (Blatt 491 in Verbindung mit Blatt 646 - Band III - d. A.).

Am 29.08.2012 beantragte die Gemeinschuldnerin bei dem zuständigen Amtsgericht die Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Es erfolgte am 29.08.2012 die Bestellung von Herrn Rechtsanwalt B. zum vorläufigen Insolvenzverwalter. Mit Beschluss des Amtsgerichts vom 19.10.2012 wurde der Gemeinschuldnerin ein allgemeines Verfügungsverbot auferlegt, die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Vermögen der Gemeinschuldnerin einschließlich des Rechts auf Einzug von Bankguthaben und anderen Forderungen ging auf den vorläufigen Insolvenzverwalter über. Am 01.11.2012 wurde das Insolvenzverfahren eröffnet und Herr Rechtsanwalt B. zum Insolvenzverwalter bestellt.

Zu diesem Zeitpunkt befanden sich 136 Arbeitnehmer in Altersteilzeit und zwar allesamt im sogenannten Blockmodell. 17 Altersteilzeitverträge wurden dabei in den Jahren 2007 und 2008 und 119 Altersteilzeitverträge - vor dem Hintergrund der wirtschaftlich schwierigen Situation zum Zweck eines sozialverträglichen Personalabbaus - im Jahr 2009 in Anwendung des Tarifvertrages zum flexiblen Übergang in die Rente vom 01.10.2008 (Blatt 409 bis 421 - Band II - d. A.; künftig TVFlexÜ) abgeschlossen. 38 Arbeitnehmer (laufende Nummern 38 bis 43 sowie 105 bis 136 der Anlage K14; Blatt 465 - Band III - d. A.) befanden sich im Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung noch in der Arbeitsphase. Diese Arbeitsverhältnisse mit der Gemeinschuldnerin wurden - verbunden mit einem Wechsel in die im Zuge der Insolvenzeröffnung gegründete Transfergesellschaft - zum 31.10.2012 beendet und die Altersteilzeitverträge als sogenannte "Störfälle" nach der Vorgabe des § 5 Abs. 5 TVFlexÜ abgewickelt. Alle 136 Arbeitnehmer erhielten für den Zeitraum vom 01.08.2012 bis zum 31.10.2012 Insolvenzgeld. Die im Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung in der Freistellungsphase befindlichen 98 Arbeitnehmer bezogen seit dem 01.11.2012 monatliche Leistungen von der Bundesagentur für Arbeit.

Ob für die betroffenen 136 Arbeitnehmer im Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung am 01.11.2012 ein wirksamer Versicherungsschutz im Sinne des § 8a Altersteilzeitgesetz bestand, ist zwischen den Parteien streitig.

Die ehemalige P.-Werft GmbH hatte mit der Klägerin am 26.11./05.12.2002 einen Kautionsversicherungsvertrag für Altersteilzeit mit einem Bürgschaftslimit von einer Million Euro abgeschlossen - Versicherungsschein-Nummer 45 28 39 18 0 -. Die ehemalige V.werft S. GmbH hatte die Insolvenzsicherung mit der D. Bank A/S vereinbart, die durch Bürgschaftserklärung Nr. 04 G 016 181 7 gegenüber Herrn Rechtsanwalt S., handelnd als bevollmächtigter Vertreter der vom Tarifvertrag über Altersteilzeit begünstigten Beschäftigten der ehemaligen V.werft S. GmbH die selbstschuldnerische, unwiderrufliche Bürgschaft unter Verzicht auf die Einreden der Anfechtbarkeit und Vorauszahlung für die Erfüllung der Insolvenzsicherung aus dem Tarifvertrag über Altersteilzeit übernahm. Die Bürgschaft belief si...

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