Entscheidungsstichwort (Thema)

Betreibsvereinbarung. Rechtsverzicht. Zustimmung des Betriebsrats. PSV. Beweiserleichterungen. Beweissicherungsobliegenheiten

 

Leitsatz (amtlich)

1) Die Zustimmung des Betriebsrats zum Verzicht eines Arbeitnehmers auf Rechte aus einer Betriebsvereinbarung über eine betriebliche Altersversorgung muß klar und unmißverständlich erklärt werden und die Möglichkeit ausschließen, daß sich der Betriebsrat lediglich aus der Angelegenheit heraushalten und eine neutrale Haltung einnehmen will. Wirksamkeitsvoraussetzung für die Zustimmung des Betriebsrats ist ferner eine ordnungsgemäße interne Beschlußfassung (BAG v. 03.06.1997, EzA Nr. 59 zu § 77 BetrVG).

2) Dem PSV können Erleichterungen seiner Darlegungs- und Beweisführungslast bezüglich einer Zustimmung des Betriebsrats nach § 77 Abs. 4 S. 2 BetrVG jedenfalls dann nicht zugestanden werden, wenn die Darlegungs- und Beweisschwierigkeiten nicht auf seiner besonderen Stellung als Träger der Insolvenzversicherung beruhen, sondern darauf, daß die Geschäftsleitung der Gemeinschuldnerin seinerzeit naheliegende Beweissicherungsobliegenheiten verletzt hat.

 

Normenkette

BetrVG § 77 Abs. 4

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Urteil vom 11.11.1998; Aktenzeichen 20 Ca 4670/98)

 

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln – 20 Ca 4670/98 – vom 11.11.1998 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Höhe der dem Kläger zustehenden Betriebsrente.

Der am 30.03.1943 geborene Kläger war vom 01.03.1970 bis zum 01.10.1995 bei der Firma Möbel Franz GmbH beschäftigt. Am 01.10.1995 wurde das Konkurs-Verfahren über das Unternehmen der Arbeitgeberin eröffnet. Der Kläger ist mit einem Grad der Behinderung von 60 % als Schwerbehinderter anerkannt.

Bei der Gemeinschuldnerin bestand eine Gesamtbetriebsvereinbarung über eine Versorgungsordnung vom 31.12.1980, die frühere Ruhegeldordnungen abgelöst hatte. Zum Kreis der Anspruchsberechtigten gemäß § 1 der Versorgungsordnung vom 31.12.1980 gehörte auch der Kläger. Mit der Höhe der zugesagten Alters- und Invalidenrente befasst sich § 9 der Versorgungsordnung. Auf den vollständigen Inhalt der Versorgungsordnung vom 31.12.1980 wird Bezug genommen (Bl. 6 ff d.A.).

Mit Rundschreiben vom 01.11.1982 (Bl. 18 d.A.) informierte die Geschäftsführung der Gemeinschuldnerin u.a. den Kläger darüber, dass sie sich auf Grund einer wirtschaftlichen Analyse gezwungen sehe, § 9 Abs. 1 und 2 der Versorgungsordnung vom 31.12.1980 in bestimmter Weise zu ändern. Nach dem Text der mitgeteilten Neufassung halbierten sich die in § 9 Abs. 1 und 2 vorgesehenen monatlichen Grund- und Steigerungsbeträge der Alters- und Invalidenrente. Der Gesamtbetriebsrat sei über diese Maßnahme eingehend informiert worden.

Aufforderungsgemäß unterzeichnete der Kläger eine dem Schreiben vom 01.11.1982 als Anlage beigefügte Erklärung folgenden Wortlauts:

„Von der Veränderung meiner Versorgungszusage in Form der Herabsetzung des Grundbetrages und des prozentualen Steigerungsbetrages auf den jeweiligen halben Satz habe ich Kenntnis genommen. Ich stimme dieser Maßnahme zu.” (Bl. 19 d.A.).

Seit dem 01.07.1997 bezieht der Kläger von der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte eine Erwerbsunfähigkeitsrente. Mit Wirkung zum gleichen Zeitpunkt zahlt auch der Beklagte an den Kläger eine betriebliche Invalidenrente nach Maßgabe der Versorgungsordnung vom 31.12.1980. Die Höhe berechnete der Beklagte mit 112,20 DM monatlich. Dabei legte er § 9 der Versorgungsordnung in der geänderten Fassung vom 01.11.1982 zugrunde.

Mit der vorliegenden, am 04.06.1998 erhobenen Klage möchte der Kläger die Zahlung einer höheren Betriebsrente durchsetzen und macht Nachzahlungsansprüche für den Zeitraum vom 01.07.1997 bis 30.06.1998 geltend. Zuvor hatte er mit außergerichtlichem Anwaltsschreiben vom 28.05.1998 seine Zustimmungserklärung aus dem Jahre 1982 zu der seinerzeit von der Geschäftsleitung mitgeteilten Änderung des § 9 der Versorgungsordnung gemäß §§ 123, 119 Abs. 1 BGB angefochten.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, dass die ihm zustehende Invalidenrente nach § 9 der Versorgungsordnung vom 31.12.1980 in ihrer ursprünglichen Fassung berechnet werden müsse. Eine abändernde Betriebsvereinbarung sei nicht zustande gekommen. Der Betriebsrat habe dem Änderungsbegehren der Gemeinschuldnerin im Jahre 1982 ausdrücklich die Zustimmung versagt. Er habe auch einem individuellen Verzicht der Arbeitnehmer nicht zugestimmt. Er, der Kläger, habe seine Unterschrift unter die Erklärung gemäß Anlage zum Schreiben der Geschäftsleitung der Gemeinschuldnerin vom 01.11.1982 unter falschen Voraussetzungen und nur unter dem Druck einer Kündigungsdrohung geleistet und in Folge dessen wirksam angefochten.

Außerdem hat der Kläger erstinstanzlich geltend gemacht, bei der Berechnung der Invalidenrente sei von einem rentenfähigen Gehalt in Höhe von 3.035,17 DM auszugehen und bei der Ermittlung des Zeitwertfaktors auf die Vollendung des 60. Lebensjahres abzustellen.

Der Kläge...

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