Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Erfüllbarkeit des Urlaubsanspruchs eines Piloten während bestehender Fluguntauglichkeit. Unerfüllbarkeit des Urlaubsanspruchs bei Arbeitsunfähigkeit. Unbegründete Leistungsklage eines Piloten bei Flugunfähigkeit

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Während der Arbeitsunfähigkeit kann der Urlaubsanspruch nicht erfüllt werden.

2. Arbeitsunfähig infolge Krankheit ist der Arbeitnehmer, wenn ein Krankheitsgeschehen ihn außerstande setzt, die arbeitsvertragliche geschuldete Arbeit zu verrichten, oder wenn er die Arbeit nur unter der Gefahr fortsetzen kann, in absehbarer naher Zeit seinen Zustand zu verschlechtern.

3. Ist der als Flugzeugführer beschäftigte Arbeitnehmer (wegen "jahrelanger Gifteinwirkung am Arbeitsplatz") aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage, seine vertragliche Hauptleistungspflicht auszuüben, ist er flugunfähig und damit arbeitsunfähig.

 

Normenkette

BUrlG §§ 7, 9, 1; MTV Cockpitpersonal § 17 Abs. 1, 8

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Entscheidung vom 16.04.2013; Aktenzeichen 14 Ca 9189/12)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 18.03.2014; Aktenzeichen 9 AZR 877/13)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 16.04.2013 - 14 Ca 9189/12 - wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

Die Revision wird insoweit zugelassen, als der Kläger mit dem Antrag zu 1. die Gewährung von Urlaub begehrt. Hinsichtlich der Zahlungsanträge (Anträge zu 2. und 3.) wird sie nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten erstinstanzlich noch um die Gewährung von Erholungsurlaubsansprüchen und um Zahlungsansprüche, die wegen eines vom Kläger angeführten Sonderurlaubsanspruches und eines Bildungsurlaubsanspruches begehrt werden.

Wegen des erstinstanzlichen streitigen und unstreitigen Vorbringens der Parteien sowie wegen der erstinstanzlich gestellten Anträge wird gemäß § 69 Abs. 3 ArbGG auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen.

Gegen dieses ihm am 08.05.2013 zugestellte Urteil hat der Kläger am 05.06.2013 Berufung eingelegt und diese am 04.07.2013 begründet.

Er greift die erstinstanzliche Entscheidung im Wesentlichen mit Rechtsausführungen an, wegen derer auf die Berufungsbegründung (Bl. 360 ff.d. A.) Bezug genommen wird.

Der Kläger behauptet, dass seine Fluguntauglichkeit - deren Bestehen zwischen den Parteien unstreitig ist - darauf zurückzuführen sei, dass er jahrelangen Gifteinwirkungen am Arbeitsplatz, nämlich im Cockpit der von ihm geflogenen Flugzeuge, ausgesetzt gewesen sei. Er meint, dass bei ihm keine krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit vorliege, die durch ärztliches Attest nachgewiesen sei.

Zum tariflichen Sonderurlaub meint der Kläger, er habe substantiiert vorgetragen, dass er umgezogen sei und habe diese Anschrift auch der Beklagten mitgeteilt, die seit diesem Zeitpunkt sämtlichen relevanten Schriftverkehr an diese Adresse richte. Die Beklagte wisse daher selbst, dass der Vortrag des Klägers richtig sei. Das Bestreiten der Beklagten erfolge ins Blaue hinein. Unabhängig davon, überreiche, er, der Kläger, in der Anlage die Umzugsbescheinigung (Bl. 375 d. A.).

Zum Bildungsurlaub meint der Kläger, es komme darauf an, wo der Arbeitsort eines Arbeitnehmers liege. Sein Arbeitsort liege auf der Station F der Beklagten, also in H . Dieser Flughafen sei im gesetzlichen Sinne "Heimatbasis" des Klägers.

Die Veranstaltung, die er im Rahmen des Bildungsurlaubs habe besuchen wollen, sei auch nach dem hessischen Bildungsurlaubsgesetz anerkannt. Dazu legt der Kläger den Anerkennungsbescheid vor (Bl. 376 d. A.). Der Kläger legt ferner den Arbeitsplan für die Veranstaltung "Business English Week B1" vor (Bl. 377 d. A.).

Schließlich trägt der Kläger zu seinen Zahlungsanspruch wegen des entgangenen Bildungsurlaubs vor, vorliegend gehe es nicht um Abgeltung, sondern um Schadensersatz, denn die Beklagte habe schuldhaft vereitelt, dass er, der Kläger, Bildungsurlaub im Jahre 2012 habe in Anspruch nehmen können. Dadurch seien seine Chancen auf dem Arbeitsmarkt, insbesondere in Berufen, in denen die englische Sprache von besonderer Bedeutung sei, außerhalb der Beklagten unterzukommen, deutlich gesunken.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt - 14 Ca 9189/12 - vom 16.04.2013 abzuändern und nach den erstinstanzlichen Schlussanträgen zu erkennen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen

Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil.

Zum Tatsächlichen trägt sie vor, dass die Behauptung des Klägers, er habe aufgrund jahrelanger Gifteinwirkung am Arbeitsplatz seine Flugtauglichkeit verloren, unzutreffend sei. Das Gegenteil - so die Beklagte - sei zwischenzeitlich in dem Verfahren 17 Sa 496/11 beim hessischen Landesarbeitsgericht rechtskräftig festgestellt.

Die Beklagte bestreitet weiter mit Nichtwissen, dass der Kläger im Jahr 2012 umgezogen sei. Die Ummeldung belege das gerade nicht. Vielmehr werde dadurch lediglich die Ummeldung belegt. Eine Ummeldung sei aber nicht mit einem Umzug gleichzusetzen.

Die...

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