Rechtsmittel zugelassen

 

Leitsatz (amtlich)

Die Vereinbarung, daß ein ausländischer Omnibusfahrer die Ausbildungskosten anteilig zu erstatten hat, wenn er innerhalb von drei Jahren ausscheidet, ist nicht rechtsunwirksam; Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG gilt nur für Deutsche.

 

Normenkette

BGB § 611; GG Art. 12 Abs. 1 S. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Bonn (Urteil vom 16.01.1997; Aktenzeichen 3 Ca 2631/96)

 

Tenor

Das Urteil des Arbeitsgerichts Bonn vom 16.1.1997 – 3 Ca 2631/96 – wird geändert. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 4.230,60 DM zu zahlen nebst 4 % Zinsen seit dem 17.9.1996. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt zu 4/5 der Beklagte, zu 1/5 die Klägerin.

Die Revision wird zugelassen, soweit der Klage stattgegeben worden ist.

 

Tatbestand

Die Klägerin (GmbH) betreibt ein Omnibusunternehmen. Sie fährt im Auftrag der Stadt Bonn und Schulbusse. Über die Größe des Unternehmens konnten die Anwälte keine Angaben machen.

Im Oktober/November 1994 hat die Klägerin den Beklagten (nach Angaben der Anwälte Marokkaner oder Tunesier und circa 40 Jahre alt) auf ihre Kosten den Führerschein der Klasse 3 und den Personenbeförderungsschein machen lassen (6.410,– DM, Rechnung Blatt 9 d.A.). Danach hat sie ihn als Omnibusfahrer eingestellt gegen einen Lohn von 2.500,– DM brutto monatlich gemäß schriftlichem Arbeitsvertrag vom 21.10.1994 (Blatt 8 d.A.). Dort ist unter der Rubrik „Besondere Vereinbarungen” unter anderem bestimmt worden, daß im Falle der Beendigung des Arbeitsverhältnisses der Beklagte die durch die Klägerin vorgelegten Kosten wie folgt zu erstatten habe: im ersten Jahr zu 100 %, im zweiten Jahr zu 66 %, im dritten Jahr 33 % (Blatt 9 d.A.).

Unter dem 29.05.1996 hat die Klägerin dem Beklagten gekündigt „in der Zeit vom 04.07. bis 18.08.1996 wegen Arbeitsmangel” (Blatt 21 d.A.). Damit war beabsichtigt, daß der Beklagte sich in er genannten Zeit (Schulferien) arbeitslos melden sollte und danach wieder bei der Klägerin anfangen sollte. Der Beklagte ist aber nicht zur Klägerin zurückgekehrt. Die Klägerin verlangt daher von ihm Erstattung von 2/3 der Ausbildungskosten in Höhe von 4.230,60 DM gemäß der genannten Vereinbarung im Arbeitsvertrag. Ferner verlangt sie von ihm Erstattung von 1.000,– DM mit der Begründung, sie habe am 13.01.1995 dem Beklagten 1.000,– DM zur Verfügung gestellt, damit er von diesem Geld Fahrkarten von den Stadtwerken Bonn kaufen sollte. Der Beklagte habe jedoch für die 1.000,– DM keine Fahrkarten gekauft bzw. zumindest der Klägerin keine Fahrkarten übergeben.

Die Klägerin hat demgemäß beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 5.230,60 DM nebst 4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat geltend gemacht, die Erstattungsvereinbarung im Arbeitsvertrag sei rechtsunwirksam. Im Übrigen enthalte das Kündigungsschreiben vom 29.05.1996 den Zusatz: „Nach diesem Zeitpunkt sind beide Parteien von sämtlichen Rechten und Pflichten enthoben”. Dieser Zusatz sei für ihn der entscheidende Gesichtspunkt gewesen, die Kündigung zu akzeptieren. Ansonsten wäre die Kündigung angefochten worden, da sie nicht wirksam sei. Im Übrigen habe er am 10.01.1996 nicht verbrauchte Fahrscheine im Wert von 883,90 DM zurückgegeben und den eingenommenen Restbetrag von 1.000,– DM zurückgegeben gemäß „Schreiben” vom 10.01.1996 (Blatt 22 d.A.).

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen, die Klägerin hiergegen Berufung eingelegt. Sie verfolgt ihren genannten Klageantrag weiter. Ihre Begründung ergibt sich aus ihren Schriftsätzen vom 26.03.1997 und 21.04.1997, die Erwiderung des Beklagten aus dessen Schriftsatz vom 07.04.1997.

 

Entscheidungsgründe

I. Die Berufung ist statthaft gemäß § 64 Abs. 1 und 2 ArbGG. Der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt 800,– DM. Die übrigen Feststellungen des Gerichts gemäß § 519 b ZPO ergeben sich aus dem Sitzungsprotokoll vom 30.07.1997.

II. Die Berufung ist zum Teil begründet.

1. Der Anspruch der Klägerin auf Erstattung von 2/3 ihrer Kosten für die Ausbildung des Beklagten zum Omnibusfahrer (2/3 von 6.410,– DM gleich 4.230,60 DM) besteht.

a) Er ergibt sich aus der Vereinbarung im Arbeitsvertrag der Parteien vom 29.10.1994, daß im Falle der Beendigung des Arbeitsverhältnisses der Beklagte die durch die Klägerin vorgelegten Kosten zu erstatten hat, im ersten Jahr zu 100 %, im zweiten Jahr zu 66 %, im dritten Jahr zu 33 %. Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses ist im zweiten Jahr eingetreten.

b) Die Erstattungsvereinbarung ist nicht nichtig aufgrund von § 138 BGB. Danach ist ein Rechtsgeschäft nichtig, das gegen die guten Sitten verstößt. Die Erstattungsvereinbarung der Parteien verstieß nicht gegen die guten Sitten. Die Leistung der Klägerin und die Gegenleistung des Beklagten standen nicht in einem Mißverhältnis. Der Beklagte hat durch die Ausbildung zum Omnibusfahrer einen bedeutenden Vorteil erlangt. Die Ausbildung hat ihn in die Lage versetzt, nicht nur bei der Klägerin, sondern überhaupt als Omnibusf...

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