Leitsatz (amtlich)

§ 1 Abs. 2 AÜG ordnet nur eine Vermutung an, nicht aber die Fiktion eines Arbeitsverhältnisses

 

Normenkette

AÜG § 1 Abs. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Aachen (Urteil vom 04.12.1998; Aktenzeichen 5 Ca 2840/98 d)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 25.10.2000; Aktenzeichen 7 AZR 487/99)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Aachen vom 04.12.1998 – 5 Ca 2840/98 d – wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung trägt der Kläger.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger, geboren am 15.03.1946, wohnhaft in J., ist gemäß Einstellungsschreiben vom 29.12.1977 (Bl. 97 d.A.) per 23.01.1978 als Betriebsschlosser in die Dienste der Firma A. GmbH getreten (Bund, Land NW, rund 100 Arbeitnehmer), die ihren Sitz in D. hat und in J. auf dem Gelände der Firma K. GmbH (K., Bund und Land NW, rund 4.000 Arbeitnehmer) einen Versuchsreaktor betrieben hat. Der Arbeitgeber war gesetzlich auch zur Entsorgung der Brennelemente verpflichtet. Das Zwischenlager hierzu besaß jedoch nicht er, sondern die K. GmbH. Aus diesem Grund hatte sich die K. verpflichtet, die bestrahlten Brennelemente des Arbeitgebers des Klägers in ihren Lagereinrichtungen vorübergehend zu lagern, zuletzt gemäß Vereinbarung vom 28.05./03.06.1986 (Bl. 5 d.A.).

Unter dem 02.11.1988 ist die K. an den Arbeitgeber des Klägers herangetreten mit der Bitte, weitere drei Mitarbeiter, darunter den Kläger, für die Entsorgung der Brennelemente abzustellen (Bl. 17 d.A.). Diese „Abstellung” ist auch per 01.01.1989 erfolgt gemäß dem Schreiben des Arbeitgebers an den Kläger vom 24.01.1989 (Bl. 13 d.A.). Der Kläger ist betrieblich in die K. GmbH eingeordnet worden nach näherer Maßgabe seiner Ausführungen in seinen Schriftsätzen. Lohnabrechnungen und Lohn erhielt er weiter von der A. GmbH. Von dieser wurde er auch per 01.10.1993 zum technischen Angestellten umgruppiert (Bl. 98 d.A.). Die K. wurde zur Kernforschungszentrum GmbH.

Unter dem 30.06.1998 hat die A. GmbH dem Kläger mitgeteilt, dass seine Abordnung zum Forschungszentrum J. ende und er ab 01.07.1998 wieder bei ihr als Schlosser eingesetzt werde (Bl. 108 d.A.). Der Kläger hat daraufhin am 03.07.1998 Klage gegen die Firma K. GmbH erhoben und geltend gemacht, dass er seit dem 01.01.1989 in einem Arbeitsverhältnis zu ihr stehe. Er hat sich dabei auf § 10 Abs. 1 AÜG berufen und beantragt,

  1. festzustellen, dass zwischen den Parteien seit 01.01.1989 ein ungekündigtes und unbefristetes Arbeitsverhältnis besteht;
  2. die Beklagte zu verurteilen, den Kläger über den 30.06.1998 hinaus zu unveränderten Bedingungen als technischen Angestellten weiterzubeschäftigen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat sich im Wesentlichen darauf berufen, dass die von der A. GmbH an sie abgeordneten Arbeitnehmer zur Erfüllung der Entsorgungsaufgaben der A. GmbH eingesetzt worden seien und somit allein für Betriebszwecke des Arbeitgebers.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen, der Kläger hiergegen Berufung eingelegt. Er verfolgt seine erstinstanzlichen Anträge weiter. Seine Begründung ergibt sich aus seinem Schriftsatz vom 31.03.1999, die Erwiderung der Beklagten aus deren Schriftsatz vom 31.05.1999.

 

Entscheidungsgründe

I. Die Berufung ist statthaft, § 64 ArbGG. Der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt 800,– DM. Die Berufung ist auch in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet worden. Die diesbezüglichen Feststellungen des Gerichts ergeben sich aus dem Sitzungsprotokoll vom 30.06.1999.

II. Die Berufung ist nicht begründet.

1. Für den Antrag des Klägers, festzustellen, dass zwischen den Parteien seit dem 01.01.1989 ein Arbeitsverhältnis besteht, gibt es keine Rechtsgrundlage.

a) Dass der Kläger per 01.01.1989 einen Arbeitsvertrag mit der Beklagten geschlossen hätte, macht er selbst nicht geltend.

b) Die Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Satz 1 AÜG für das gesetzliche Zustandekommen eines Arbeitsverhältnisses liegen nicht vor. Diese Bestimmung setzt einen Vertrag zwischen einem Verleiher und einem Leiharbeiter (über Arbeitnehmerverleihung) voraus und dessen Unwirksamkeit nach § 9 Nr. 1 AÜG. Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt.

aa) Die Abordnung des Klägers durch die A. GmbH an die K. GmbH per 01.01.1989, die mit Einverständnis des Klägers geschah, mag ein Verleihungsvertrag zwischen der A. GmbH und dem Kläger in diesen Sinne gewesen sein.

bb) Er war jedoch nicht unwirksam aufgrund von § 9 Abs. 1 AÜG. Danach sind Verträge zwischen Verleihern und Leiharbeitnehmern unwirksam, wenn der Verleiher nicht die nach § 1 erforderliche Erlaubnis hat. Nach § 1 AÜG bedürften der Erlaubnis Arbeitgeber, die als Verleiher Dritten (Entleihern) Arbeitnehmer (Leiharbeiter) gewerbsmäßig zur Arbeitsleistung überlassen wollen. Die Überlassung des Klägers durch seinen Arbeitgeber A. GmbH an die Beklagte aber war nicht gewerbsmäßig. Gewerbsmäßig im Sinne von § 1 AÜG handelt nur derjenige Unternehmer, der Arbeitnehmerüberlassung nicht nur gelegentlich, sondern auf Dauer betreibt und damit wirtschaftliche Vorteile erzi...

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