Verfahrensgang

ArbG Bonn (Urteil vom 10.06.1998; Aktenzeichen 5 Ca 173/98)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 13.12.2000; Aktenzeichen 5 AZR 334/99)

 

Tenor

Die noch anhängige Berufung der Beklagten gegen das am 10.06.1998 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Bonn – 5 Ca 173/98 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

Streitwert: 990,23 DM.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten zweitinstanzlich noch um zwei Zahlungsansprüche aus einem zum 30.11.1997 durch Fristablauf beendeten Arbeitsverhältnis, das den Bestimmungen des Manteltarifvertrags Nr. 3 für das Friseurhandwerk vom 03.07.1991 (MTV) unterfiel. Die Klägerin, die für die beklagte GmbH ab Dezember 1996 als Leiterin eines Friseursalons aufgrund eines Zeitvertrages (Bl. 31 ff.) tätig war, fordert zum einen 650,– DM als eine zuvor zum Tariflohn von 3.500,– DM gezahlte Anwesenheitsprämie für den letzten Vertragsmonat (November 1997), die die Parteien in einer Zusatzvereinbarung zum Arbeitsvertrag (Bl. 36) verabredet haben; hierzu heißt es in der Vereinbarung: „Diese Zusage erfolgt ‚freiwillig’, so daß auch bei mehrfach geleisteter Zahlung (en) kein Anspruch auf die Zahlung entsteht. – Diese Zusage ist darüber hinaus jeder Zeit abänderbar oder insgesamt wi(e) derruflich.” Zum anderen fordert die Klägerin die Auszahlung eines in der letzten Gehaltsabrechnung vorgenommenen Einbehalts in Höhe von 482,64 DM.

Die Klägerin, die erstinstanzlich noch weitere Ansprüche geltend gemacht hat, hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 2.428,14 DM brutto nebst 4% Zinsen seit dem 01.12.1997 zu zahlen.

Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt u. a. mit der Begründung, der Sohn ihres Geschäftsführers habe die Anwesenheitsprämie im Oktober 1997 wegen geschäftsschädigenden Verhaltens der Klägerin (mündlich) gekündigt. Der Einbehalt sei in Höhe von 340,23 DM wegen eines entsprechenden Zeitrückstands auf dem gem. § 6a MTV geführten Arbeitszeitkonto der Klägerin gerechtfertigt.

Das Arbeitsgericht hat der Klage insoweit unter ihrer Abweisung im übrigen stattgegeben. Mit ihrer Berufung verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag auch insoweit weiter und meint, das Arbeitsgericht hätte ihren Sachvortrag zum Widerruf der Anwesenheitsprämie nicht als unsubstantiiert behandeln dürfen. Durch den Einbehalt habe sie einen finanziellen Ausgleich für von der Klägerin vorweggenommene Freizeit, mit der ihr Arbeitszeitkonto belastet worden sei, durchgeführt. Die Klägerin habe zu der Gruppe der Salonleiterinnen gehört, die gebeten habe, Freizeit, die an sich dem Ausgleich von Guthaben auf dem Arbeitszeitkonto dienen sollte, ohne entsprechende Deckung auf dem Konto vorwegzunehmen.

Nachdem sich die Beklagte durch Teilvergleich verpflichtet hat, den 340,23 DM übersteigenden Teil des Einbehalts auszuzahlen, beantragt sie

die Klage unter teilweiser Änderung des angefochtenen Urteils in Höhe von weiteren 650,– DM und 340,23 DM abzuweisen.

Die Klägerin beantragt Zurückweisung der Berufung und verteidigt die angefochtene Entscheidung mit Rechtsausführungen: Der i.ü. bestrittene Widerruf der Anwesenheitsprämie sei jedenfalls unwirksam, weil er unstreitig nicht schriftlich erfolgt sei; damit verstoße er gegen Ziffer 13) des Arbeitsvertrages mit dem Wortlaut: „Änderungen und Ergänzungen zu diesem Vertrag bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform …” Der finanzielle Ausgleich von Zeitrückständen auf dem Arbeitszeitkonto verstoße gegen § 6a des MTV i.d.F. des 2. Änderungstarifvertrages vom 11.04.1996, dessen Absatz 13 lautet: „Bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses ist das Arbeitszeitkonto bis zum Ausscheiden auf Null zu senken. Reicht die Zeit dafür nicht aus, wird das restliche Zeitguthaben nach § 10 Absatz 13 vergütet.”

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung, die zu den Akten gereichten Urkunden sowie ergänzend auf den vorgetragenen Inhalt der zweitinstanzlich zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die Berufung hatte keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat der Klage in dem nunmehr noch streitigen Umfang zu Recht stattgegeben: Sie ist insoweit begründet.

1) Die Anwesenheitsprämie in Höhe von 650,– DM muß die Beklagte auch für November 1997 zahlen, weil sie deren monatliche Zahlung in der Zusatzvereinbarung der Parteien zugesagt hat. Der Freiwilligkeitsvorbehalt in der Vereinbarung steht einer entsprechenden Verpflichtung nicht entgegen:

Bei den Anwesenheitsprämien von 650,– DM monatlich handelt es sich um fortlaufend gezahlte Vergütungsbestandteile, die mehr als 15% der Gesamtbezüge der Klägerin (3.500,– DM Tarifgehalt + 650,– DM Zulage = 4.150,– DM) ausmachen. Der Widerruf solcher Vergütungsbestandteile ist, sofern er nicht sogar wegen Umgehung des Änderungskündigungsschutzes ausgeschlossen ist, nur im Rahmen billigen Ermessens, dessen Beachtung gerichtlich überprüfbar ist, zulässig (BAG, Urteil vom 15.11.1995 – 2 AZR 521/95 in AP Nr. 20 zu § 1 TVG Tarifverträge: Luftha...

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