Rechtsmittel zugelassen

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Direktionsrecht. Ermessensausübung

 

Leitsatz (amtlich)

1) Ein Arbeitnehmer hat ein schützenswertes Interesse daran, daß der Arbeitgeber bei der Ausübung seines Direktionsrechts einen wesentlichen Umstand, der für die Ermessensentscheidung von Bedeutung ist, nicht fortgesetzt völlig außer Acht läßt oder grundsätzlich falsch beurteilt. Unter diesem Gesichtspunkt kann auch eine Feststellungsklage zulässig sein.

2) Zur Frage, inwieweit ein Arbeitgeber (Landesklinik) verpflichtet ist, bei der Aufstellung der Dienstpläne den Wunsch der Arbeitnehmerin zu berücksichtigen, in längeren Nachtschichtblöcken eingesetzt zu werden.

 

Normenkette

BGB § 315; ArbZG § 6

 

Verfahrensgang

ArbG Bonn (Urteil vom 13.12.1996; Aktenzeichen 4 Ca 3374/96)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 11.02.1998; Aktenzeichen 5 AZR 472/97)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das am 13.12.1996 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Bonn – 4 Ca 3374/96 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Streitwert: unverändert.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin ist für den Beklagten in der Rh L in B als Pflegerin tätig. Sie leistet dort u.a. Nachtarbeit in sog. Nachtwachen. Sie hat in der Vergangenheit, wie sie behauptet hat, jeweils acht Nachtwachen in Folge geleistet. In der Rh L sind 96 Mitarbeiter im Nachtdienst eingesetzt. Von ihnen haben etwa 18 bis 20 Personen wie die Klägerin den Wunsch geäußert, in längeren Nachtschichtblöcken eingesetzt zu werden. Die Klägerin wird aber nunmehr aufgrund der Schichtpläne, die der Beklagte aufstellt, gegen ihren Willen nur noch für einen Zeitraum von bis zu vier Nachtwachen eingesetzt.

Die Klägerin verfolgt mit ihrer Klage das Ziel, auch in längeren Abschnitten von je sieben Nachtwachen zum Dienst eingeteilt zu werden. Sie hat eine Bescheinigung des „Unabhängigen Betriebsärztlichen Dienstes” aus K, vorgelegt, in dem geäußert wird, es beständen keine arbeitsmedizinischen Bedenken gegen einen Einsatz der Klägerin von maximal sieben aufeinanderfolgenden Nachtwachen.

Die Klägerin hat beantragt,

festzustellen, daß der Beklagte im Rahmen der Erstellung der Dienstpläne für Nachtwachen verpflichtet ist, Wünsche der Klägerin, sieben Nachtwachen in Folge zu absolvieren, zu berücksichtigen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat die Ansicht vertreten, zur Aufstellung der von der Klägerin geforderten Dienstpläne nicht verpflichtet zu sein.

Das Arbeitsgericht Bonn hat die Klage durch Urteil vom 13.12.1996 abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe (Bl. 20 ff d.A.) wird Bezug genommen.

Dagegen wendet die Klägerin sich mit der Berufung.

Sie vertritt im zweiten Rechtszug die Auffassung, der Beklagte sei gemäß § 242 BGB verpflichtet, sein Direktionsrecht in dem von der Klägerin geforderten Sinne auszuüben. Zwar dürfe der Arbeitgeber von seinem Direktionsrecht nach billigem Ermessen Gebrauch machen, sich dabei aber nicht von sachfremden Kriterien leiten lassen. Es möge zutreffen, daß im Regelfall höchstens zwei bis vier Nachtschichten zumutbar seien. Aufgrund der besonderen Veranlagung und der sozialen Situation der Klägerin treffe jedoch für die Klägerin das Gegenteil zu. Der Beklagte sei unter diesen Umständen verpflichtet, bei der Erstellung der Dienstpläne konkret die Interessen der Klägerin zu berücksichtigen, soweit betriebliche Bedürfnisse nicht entgegenständen. Der kurzfristige Wechsel von Tag- zur Nachtschicht und wiederum zur Tagschicht bringe, wie die Klägerin mit Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens unter Beweis stellt, negative gesundheitliche Folgen für die Klägerin mit sich.

Die Klägerin beantragt,

unter Aufhebung des Urteils des Arbeitsgerichts Bonn vom 13.12.1996 – 4 Ca 3374/96 –, zugestellt am 04.02.1997 festzustellen, daß der Beklagte im Rahmen der Erstellung der Dienstpläne für Nachtwachen verpflichtet ist, Wünsche der Klägerin, sieben Dauernachtwachen in Folge zu absolvieren, zu berücksichtigen,

hilfsweise,

den Beklagten zu verurteilen, die Klägerin auf deren Wunsch im Rahmen des Pflegedienstes der Rh L in sieben Dauernachtwachen in Folge einzuteilen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält den Hauptantrag für unzulässig und erwidert, zwar sei es von der praktischen Gestaltung her ohne weiteres möglich, einzelne Mitarbeiter mit längeren Nachtschichtblöcken in das Gesamtsystem einzuplanen. Die im Rahmen seines Direktionsrechts getroffene Entscheidung, Pflegekräfte nicht für einen längeren Zeitraum als vier Dauernachtwachen in Folge einzusetzen, entspreche aber der Billigkeit im Rahmen des § 315 Abs. 3 BGB. Darüber hinaus habe die Klägerin während der gesamten bisherigen Dauer des Arbeitsverhältnisses noch nie sieben Dauernachtwachen infolge absolviert. Der Beklagte weist weiter darauf hin, daß das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen als zuständige Arbeitsschutzbehörde im Januar 1996 in einer Broschüre zum Arbeitszeitgesetz ausdrücklich festgestellt hat, daß mehr als vier Nachtwachen i...

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