Entscheidungsstichwort (Thema)

Bestimmtheit des Titels. Statthafttigkeit von Einwendungen bei der Vollstreckungsgegenklage. Rechtsschutzbedürfnis

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der Einwand, der Titel sei zu unbestimmt, ist im Rahmen der Vollstreckungsgegenklage nicht statthaft.

2. Bei zu unbestimmtem und daher nicht vollstreckbarem Titel ist die Vollstreckungsgegenklage mangels Rechtsschutzbedürfnisses auch nicht mit materiellen Einwendungen zum Inhalt des Titels zulässig.

3. Zu den Anforderungen an der Bestimmtheit des Titels.

 

Normenkette

ZPO §§ 766-767, 794

 

Verfahrensgang

ArbG Bonn (Urteil vom 20.10.2003; Aktenzeichen 1 Ca 2153/03)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bonn vom 20. Oktober 2003 – 1 Ca 2153/03 – wird auf Kosten des Klägers mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Vollstreckungsgegenklage als unzulässig abgewiesen wird.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

(von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen).

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige, form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung des Klägers hatte in der Sache keinen Erfolg.

I. Sofern der Kläger geltend macht, der Vergleich vom 05.05.2003 sei als Vollstreckungstitel nicht hinreichend bestimmt, so ist dieser Einwand zwar als solcher zutreffend, jedoch nicht im Rahmen der Vollstreckungsabwehrklage statthaft.

1. Die Vollstreckungsabwehrklage nach § 767 Abs. 1 ZPO, für die das Prozessgericht zuständig ist, ist statthaft für Einwendungen, die den durch das Urteil festgestellten Anspruch selbst betreffen (§ 767 Abs. 1 ZPO), also Einwendungen gegen festgestellte materielle Leistungsansprüche. Will der Schuldner das Urteil oder dessen Vollstreckung in anderer Richtung angreifen, so muss er entsprechende Rechtsbehelfe geltend machen (vgl. Zöller/Herget, § 767 ZPO Rdn. 2). Soweit es sich um formelle Mängel der Zwangsvollstreckung handelt, ist die Erinnerung nach § 766 ZPO der gegebene Rechtsbehelf, für den dass Vollstreckungsgericht, mithin das Amtsgericht zuständig ist (vgl. Germelmann u.a. § 62 ArbGG Rn. 51). Unter § 766 Abs. 1 fallen auch Einwendungen, die die Zwangsvollstreckungsvoraussetzungen, insbesondere den Titel betreffen (vgl. Zöller/Stöber, § 766 Rdn. 10).

2. Der im vorliegenden Falle nicht statthafte Einwand des Gläubigers hinsichtlich der mangelhaften Bestimmtheit des Titels wäre indes in der Sache begründet. Die Vollstreckungsurkunde muss – das gilt auch für Vollstreckungstitel nach § 794 ZPO (vgl. Zöller/Stöber, § 794 ZPO, Rdn. 26 b) – inhaltlich den vollstreckbaren Anspruch bestimmt ausweisen. Der Anspruch auf Zahlung einer Geldsumme ist bestimmt (dass er bestimmbar ist, genügt nicht), wenn der Betrag entweder ziffernmäßig festgelegt ist oder sich ohne weiteres aus den Angaben der Urkunde berechnen lässt (vgl. BGH NJW 1957, 23; BGH 1995, 1162; ferner Zöller/Stöber, § 794 ZPO, Rdn. 26 b).

Im vorliegenden Fall ergibt sich die Höhe nicht aus dem Titel. Der Beklagte ist aus dem Titel nicht zu einer Bruttozahlung verpflichtet. Er ist vielmehr lediglich verpflichtet, das Arbeitsverhältnis des Klägers auf der Basis eines Bruttoverdienstes abzurechnen (Abs. 1 des Vergleiches). Nach Abs. 2 verpflichtet sich der Beklagte, „nach erfolgter Abrechnung die sich daraus ergebenden Nettobeträge an den Kläger auszuzahlen abzüglich bereits geleisteter Zahlungen”.

Der Titel ist nicht nur hinsichtlich der aus den Bruttobeträgen folgenden Nettobeträge unbestimmt, sondern insbesondere auch hinsichtlich der „bereits geleisteten Zahlungen”.

Sofern der Beklagte sich darauf berufen hat, dass der Kläger selbst eine Abrechnung erteilt habe, aus der er, der Beklagte, den dort ausgewiesenen Betrag unter Korrektur eines in dieser Urkunde enthaltenen Rechenfehlers vollstrecke, so handelt es sich offensichtlich nicht um einen Betrag, der sich ohne weiteres aus der Vollstreckungsurkunde selbst berechnen lässt. Abgesehen davon folgen aus dieser Abrechnung des Klägers (Blatt 10 d. A.) nicht die nach dem Titel zu berücksichtigenden „bereits geleisteten Zahlungen”.

II. Im Übrigen ist die Vollstreckungsgegenklage unzulässig, da das Rechtsschutzbedürfnis fehlt.

Das Rechtsschutzbedürfnis besteht insoweit, als sich ein rechtlich schutzwürdiges Interesse nur so erreichen lässt, also nicht, soweit ein anderer prozessualer Weg gleich sicher, aber einfacher begehbar ist (BGH NJW 1996, 3148). Es dient der Prozesswirtschaftlichkeit. Das Rechtsschutzbedürfnis ist Prozessvoraussetzung (vgl. hierzu auch Baumbach/Hartmann, Grundzüge § 253, Rdn. 34).

Im vorliegenden Falle liegt kein vollstreckbarer Titel vor, so dass eine im Urteilsverfahren zu behandelnde und damit für beide Parteien kostspieligere und aufwendigere Vollstreckungsgegenklage überflüssig ist. Dem Kläger steht das einfachere und billigere Verfahren der Erinnerung nach § 766 ZPO offen.

Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Vollstreckungsgegenklage eine prozessuale Gestaltungsklage ist (vgl. Zöller/Herget, § 767 Rdn. 1). Streitgegenstand ist allein die Vernichtung ...

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