Entscheidungsstichwort (Thema)

Verletzung von Offenbarungspflichten

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ein stellvertretender Küchenleiter einer Großküche, der die Qualität, die hygienische Unbedenklichkeit und die Quantität des angelieferten Gemüses und Obstes zu prüfen und zu dokumentieren hat, begeht eine schwerwiegende Pflichtverletzung, wenn er gleichzeitig Inhaber des Unternehmens ist, das dieses Obst und Gemüse liefert und diesen Umstand und die damit verbundene Interessenkollision dem Arbeitgeber verheimlicht.

2. Ein solcher Pflichtverstoß kann geeignet sein, eine fristlose Kündigung zu rechtfertigen.

 

Normenkette

BGB § 626 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Aachen (Urteil vom 13.12.2005; Aktenzeichen 4 Ca 3419/05)

 

Tenor

Das Urteil des Arbeitsgerichts Aachen vom 13.12.2005 – 4 Ca 3419/05 – wird auf die Berufung der Beklagtenseite hin abgeändert:

  1. Die Klage wird abgewiesen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
  3. Die Revision wird nicht zugelassen.
 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Rechtmäßigkeit einer dem Kläger erklärten fristlosen Kündigung seines Arbeitsverhältnisses.

Die Beklagte als Anstalt des öffentlichen Rechts betreibt mehrere Mensen, unter anderem die Mensa I/II, für die der Kläger im November 1985 als Koch eingestellt wurde. Dort werden täglich mehr als 1000 Essen zubereitet. Bei Abwesenheit vertrat der Kläger den Küchenleiter Herrn Meessen.

Der Kläger ist zugleich Inhaber der Firma C C (im Folgenden kurz C genannt). Dieses Unternehmen lieferte sei 1998 an die Beklagte Obst und Gemüse in erheblichem Umfang. Im Einzelnen erzielte die Firma C in den Jahren 1999 bis 2004 mit der Beklagten folgende Umsätze:

JahrZahlungen an die Firma C

1999.

120.637,27 EUR

2000.

189.132,49 EUR

2001.

283.416,86 EUR

2002.

361.635,43 EUR

2003.

388.305,04 EUR

2004.

396.226,36 EUR

Die wochenweise vorgenommenen Bestellungen an die Firma C erfolgten bis zum Ende des Jahres 2004 ohne Ausschreibung. Wenn der Kläger den Küchenleiter vertrat, gab er die Bestellungen an die Beschaffungsabteilung weiter, die dann die Einkäufe tätigte.

Im Jahre 2004 bewarb sich der Kläger um die Position des Küchenleiters. In seinem Bewerbungsschreiben vom 02.06.2004 (Bl. 90 d. A.) führte er aus:

„Sehr geehrter Herr Stark,

da ich nun bereits seit 14 Jahren die Stelle als stellvertretender Küchenleiter bekleide, und mich gerne weiter profilieren möchte, bewerbe ich mich hiermit auf die Stelle als Küchenleiter Mensa I.

In der Vergangenheit habe ich, durch die langen Abwesenheitszeiten des Küchenleiters, die gesamten Aufgaben wahrgenommen und bin immer mehr in Abläufe und Gesprächskreise einbezogen worden.”

Aufgrund eines Durchsuchungsbeschlusses vom 01.02.2005 (Bl. 5 ff. d. A.) wurden die Geschäftsräume der Beklagten aufgrund eines Ermittlungsverfahrens gegen den Kläger und die Leiterin der Einkaufsabteilung Frau H wegen des Verdachts der Untreue untersucht. Der zwischenzeitlich eingeschaltete Landesrechnungshof ermittelte einen Schaden zu Lasten der Beklagten wegen überhöhter Preise seitens der Firma C in Höhe von 95.000,00 EUR.

Aufgrund dieses Sachverhaltes hörte die Beklagte den Kläger an. Nachdem der Kläger zunächst bis zum 01.07.2005 arbeitsunfähig krank war und aus diesem Grund keine Stellungnahme abgab, nahm er durch Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 04.07.2005 (Bl. 82 ff. d. A.) Stellung. Hierin wurde ausgeführt, dass Grundlage des Vertragsverhältnisses schriftliche Bestellungen gewesen seien, die der Firma C gegenüber erteilt worden seien, und zwar von Herrn M und teilweise in Vertretung durch den Kläger und andere Küchenleiter in den anderen sechs Mensen. Auf die Frage, weshalb der Kläger in den Jahren 1997 bis 2004 keine Ausschreibung durchgeführt habe, obwohl er hierfür verantwortlich gewesen sei, ließ der Kläger antworten, er sei stellvertretender Küchenleiter gewesen und nicht Einkäufer. Für die Ausschreibung verantwortlich sei der Einkauf und der Küchenleiter. Ferner habe die Leiterin der Einkaufsabteilung Frau H nicht gewusst, dass der Kläger Inhaber der Firma C gewesen sei, sie habe auch in keiner Weise mit dem Kläger zusammengearbeitet. Schädliches Verhalten des Klägers sei nicht gegeben, da weder überhöhte noch falsche Preise verlangt worden seien. Mängelanzeigen oder Rügen seien nicht bekannt. Die Warenkontrolle habe nicht durch den Kläger, sondern durch den Küchenleiter Herrn M stattgefunden. Richtig sei natürlich, dass der Kläger teilweise auch in Vertretung des Herrn M gehandelt habe. Da jedoch die Ware ordnungsgemäß von Herrn W angeliefert worden sei, habe es weder von Herrn M noch vom Kläger Beanstandungen oder Qualitätsrügen gegeben. Wenn der Kläger kontrolliert habe, habe er dies nur für die Mensa I getan. Für die übrigen sechs Mensen sei der Kläger weder in der Eingangskontrolle noch in der Endkontrolle zuständig gewesen.

Eine Nebentätigkeit des Klägers liege nicht vor, da der Kläger in der Firma C nur in ganz geringem Maße persönlichen Einsatz erbracht und nicht händisch gearbeitet habe. Es handele sich zudem um eine Unternehm...

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