Entscheidungsstichwort (Thema)

Anspruch eines ehemaligen Arbeitnehmers auf Anpassung der Betriebsrente. Maßgeblichkeit der tatsächlichen wirtschaftlichen Lage des Versorgungsschuldners. Zurechnung einer günstigeren wirtschaftlichen Lage aufgrund angeblicher unternehmerischer Fehlentscheidungen

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Anpassungsprüfung nach § 16 Abs. 1 BetrAVG verlangt, dass auf die tatsächliche wirtschaftliche Lage des Versorgungsschuldners und nicht auf eine fiktive Lage abgestellt wird, die bestanden hätte, wenn unternehmerische Entscheidungen anders getroffen worden wären.

2. Die Zurechnung der günstigen wirtschaftlichen Lage eines oder mehrerer anderer Unternehmen darf nicht zur Folge haben, dass der Versorgungsschuldner die Anpassungen letztlich aus seiner Substanz leisten muss.

 

Normenkette

BetrAVG § 16; BGB §§ 826, 242; BetrAVG § 16 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Entscheidung vom 07.10.2011; Aktenzeichen 16 Ca 8077/10)

 

Tenor

  1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 07.10.2011 - 16 Ca 8077/10 - abgeändert.
  2. Die Klage wird abgewiesen.
  3. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
  4. Die Revision wird nicht zugelassen.
 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, die Betriebsrente des Klägers zu den Anpassungsstichtagen 01.04.2007 und 01.04.2010 an den seit Rentenbeginn eingetretenen Kaufkraftverlust anzupassen.

Der im 1939 geborene Kläger war bis zum 31.12.2000 im G -K , zuletzt bei der G I S AG (GIS), die im Jahr 2004 in GIS -AG (GISA) umfirmierte, beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis war von einem Versorgungsversprechen begleitet, aus dem der Kläger seit dem 01.01.2001 neben einer Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung eine Betriebsrente in Höhe von monatlich 2.274,53 EUR brutto bezieht.

Geschäftszweck der GIS war die Steuerung der inländischen Vertriebsgesellschaften sowie der ausländischen Service-Gesellschaften, Niederlassungen und Versicherungsträger. Sie bediente sich zur Erledigung ihrer Aufgaben ihrer Tochtergesellschaft G V -GmbH (GIA), die später als G V I Deutschland GmbH (GI) firmierte.

Die damalige Konzernobergesellschaft G -K - eteiligungs-AG (GKB) war aufgrund eines mit den Gesellschaften des G -K abgeschlossenen Vertrags vom 31.12.1976 (1976er-Vereinbarung nebst Nachträgen, Anlage BB 10 und Anlagen BB 15 ff. zum Schriftsatz der Beklagten vom 04.12.2018, Blatt 1765 ff. und 1792 ff. der Akte) mit Wirkung vom 31.12.1976 in die bestehenden und zukünftigen Pensionsversprechen aller Konzerngesellschaften "eingetreten". Hintergrund dieser Vereinbarung war unter anderem, dass die Pensionsverbindlichkeiten der Konzerngesellschaften bei der GKB bilanziert werden sollten. Diesem Vertrag war nachträglich unter anderem auch die GIS, die spätere GISA, beigetreten. Als Gegenleistung für die Übernahme der Pensionsverpflichtungen verpflichtete sich im Innenverhältnis jede Konzerngesellschaft, an die GKB einen Betrag in Höhe der für ihre Gesellschaft ermittelten Pensionsrückstellungen zu zahlen. Die Konzerngesellschaften waren zudem verpflichtet, der GKB die auf sie entfallenden zukünftigen Aufwendungen für die Altersversorgung zu erstatten. Diese Aufwendungen waren definiert als zukünftige Nettozuführung zu den Pensionsrückstellungen zuzüglich der laufenden Zahlungen an die Pensionäre vermindert um eine anteilige Verzinsung der Pensionsrückstellungen des Vorjahres. Gemäß Ziffer 1. Abs. 3 der 1976er-Vereinbarung erhalten die Mitarbeiter und Pensionäre von der GKB eine Mitteilung über ihren Beitritt zur Pensionszusage. Auf dieser Grundlage wurden Schreiben wie das vom 10.01.1977 (Anlage BB 12 zum Schriftsatz der Beklagten vom 04.12.2018, Blatt 1774 der Akte) an Mitarbeiter und Pensionäre versandt. Auf den weiteren Inhalt der 1976er-Vereinbarung nebst Nachträgen und des Schreibens vom 10.01.1977 wird Bezug genommen.

Aufgrund der wirtschaftlichen Belastung der G -Gruppe durch eine defizitäre Entwicklung des Rückversicherungsbereichs wurde zunächst im Jahr 2002 das Projekt Aufbruch durchgeführt, welches mit Maßnahmen der Umstrukturierung, der Kostensenkung und der Effizienzsteigerung verbunden war. Der Personalbestand im Konzern wurde um fast 1.000 Mitarbeiter reduziert, 1.300 Planstellen gestrichen. Sodann erfolgten im November 2002 im Rahmen des Projekts New G der Umbau des Konzerns und der Beginn der Konzentration auf das industrienahe Erstversicherungsgeschäft. Etwa 370 Planstellen im Industrie- und im Firmen- und Privatgeschäft sowie bei zentralen Dienstleistern entfielen. Im Jahr 2003 zog sich eine deutsche Großbank aus ihrer Beteiligung bei der GKB zurück. Die Unternehmensführung des Konzerns und der Konzernbetriebsrat schlossen für das Jahr 2004 einen Beschäftigungspakt, der unter anderem vorsah, dass die tarifliche Gehaltssteigerung für das Jahr 2004 nicht an die aktive Belegschaft weitergegeben werden sollte. Ferner wurde die betriebliche Altersversorgung für aktive Mitarbeiter neu geordnet mit der Folge der Absenkung er...

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