Rechtsmittel zugelassen

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Wiedereinstellungsanspruch

 

Leitsatz (amtlich)

1. Haben die Arbeitsvertragsparteien noch während der Kündigungsfrist durch einen gerichtlichen Vergleich das Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung aufgehoben, so kann dieser Vergleich wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage an die geänderte betriebliche Situation anzupassen sein, u. U. mit dem Ergebnis, daß der Arbeitnehmer wiedereinzustellen ist und die Abfindung zurückzuzahlen hat, BAG Urteil vom 4.12.1997 – 2 AZR 140/97 – Leitsatz 3.

2. Die Prognose des Arbeitgebers über die Zahl der einschlägigen Arbeitsplätze ist nicht ohne weiteres eine derartige Geschäftsgrundlage.

 

Normenkette

BGB §§ 242, 315; KSchG § 1

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Urteil vom 17.12.1997; Aktenzeichen 7 Ca 2423/97)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 28.06.2000; Aktenzeichen 7 AZR 904/98)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 17.12.1997 – 7 Ca 2423/97 – wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung trägt der Kläger.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beklagte betreibt Personenschiffahrt auf dem Rhein und seinen deutschen Nebenflüssen mit Tagesausflugsschiffen und Kabinenschiffen. Der Kläger, geboren am 30.09.1942, war ab 01.04.1969 Angestellter der Beklagten, zuletzt Buchhalter für den Kabinendienst mit einem Monatsgehalt von 5.634 DM brutto. Im Jahre 1996 hat die Beklagte u. a. eine allgemeine Personalreduzierung durchgeführt mit Interessenausgleich (Bl. 61 d. A.) im Sozialplan (Bl. 70 d. A.). In diesem Rahmen hat sie auch dem Kläger gekündigt mit Schreiben vom 21.05.1996 zum 31.12.1996. Der Kläger hat hiergegen Klage erhoben. Er hat das Vorhandensein ausreichender betriebsbedingter Gründe gerügt sowie die Ordnungsmäßigkeit der Sozialauswahl (Arbeitsgericht Köln 5 Ca 4930/96). Am 11.10.1996 haben die Parteien im dortigen Rechtsstreit einen Prozeßvergleich geschlossen. Danach sollte das Arbeitsverhältnis des Klägers aufgrund der Kündigung der Beklagten zum 31.12.1996 sein Ende finden und die Beklagte dem Kläger 74.000 DM als Abfindung zahlen (Bl. 178 d. A.). Nach dem Sozialplan hätte dem Kläger eine Abfindung von 66.000 DM zugestanden. Am 14.03.1997 hat der Kläger die vorliegende Klage erhoben. Der Kläger hat beantragt,

  • festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis des Klägers weder durch die Kündigungserklärung vom 21.05.1996 noch durch den Prozeßvergleich vom 11.10.1996 beendet worden ist, sondern unverändert fortbesteht;
  • hilfsweise

    die Beklagte zu verurteilen, Zug um Zug gegen Rückzahlung der Abfindungszahlung in Höhe von 74.000 DM, den Kläger mit Wirkung ab dem 01.01.1997 zu den Konditionen und mit den sozialen Besitzständen wiedereinzustellen, die der Kläger bis zum 31.12.1996 erworben hatte.

Zur Begründung hat er geltend gemacht: Ende 1997 habe er per Zufall feststellen müssen, daß die in der Liste der gekündigten Arbeitnehmer geführte Frau B. B. bei der Beklagten weiter als Kreditorenbuchhalterin beschäftigt sei. Frau B. sei mit dem Kläger in jeder Beziehung fachlich vergleichbar, da sie eine abgeschlossene kaufmännische Ausbildung habe. Der Kläger wäre im Rahmen seines langen Berufslebens bei der Beklagten auch schon im Kreditorenbereich tätig gewesen. Ein wesentlicher qualitativer Unterschied zwischen Kreditoren- und Debitorenbuchhaltung existiere nicht; Buchhalter mit kaufmännischer Ausbildung könnten ohne wesentliche Einarbeitungszeit in beiden Bereichen tätig werden. Die Betriebszugehörigkeit von Frau B. betrage 2 Jahre, die des Klägers 26 Jahre. Frau B. sei 33 Jahre alt, der Kläger 43 Jahre. Der Punktwert von Frau B. nach den Sozialplankriterien belaufe sich auf 47 Punkte, der des Klägers auf 136 Punkte. Es sei daher in jeder Beziehung fehlerhaft, wenn unter den gegebenen Umständen Frau B. dem Kläger vorgezogen und weiterbeschäftigt würde. Es wäre für die Beklagte ein leichtes gewesen, das Arbeitsverhältnis des Klägers in der gleichen Form und mit den gleichen Mitteln fortzusetzen wie es mit Frau B. der Fall gewesen sei. Es gehe um die Teilkorrektur einer dem Kündigungsschutzgesetz unterfallenden Massenentlassung, die dadurch notwendig geworden sei, daß eine der ursprünglich weggefallenen Arbeitsplätze nun doch nicht weggefallen sei. In diesem Fall müsse bei der Besetzung dieses nachträglichen doch nicht weggefallenen Arbeitsplatzes nach den gleichen Auswahlregelungen vorgegangen werden, die zuvor bei der Auswahl der zu entlassenden Arbeitnehmer anzuwenden gewesen seien. Mithin sei das Kündigungsschutzgesetz mit der Notwendigkeit der Sozialauswahl anzuwenden.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat geltend gemacht: Für den zukünftigen Vertrieb des Kabinendienstes habe sie zu Beginn des Jahres 1996 eine eigene Vertriebsgesellschaft gegründet (KDDF). Weil der Kläger als Buchhalter ausschließlich für die Kabinenschiffahrt zuständig gewesen sei, sei sein Arbeitsverhältnis auf die neu gegründete KDDF gemäß § 613 a BGB übergegangen. Der Kläger habe dem Übergang aber widersprochen. Fo...

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