Arbeitsrecht

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialplan. Auslegung

 

Leitsatz (amtlich)

Bei der Auslegung eines teilweise ungenau und nicht systematisch abgefassten Sozialplans ist maßgeblich auf den erkennbaren Sinn und Zweck einer darin enthaltenen Abfindungsregelung abzustellen.

 

Normenkette

BetrVG § 112 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Bonn (Urteil vom 18.11.2004; Aktenzeichen 3 Ca 1031/04)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 18.07.2006; Aktenzeichen 1 AZR 521/05)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bonn vom 18.11.2004 – 3 Ca 1031/04 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über eine Sozialplanabfindung.

Der Kläger, geboren am 23. Mai 1943, war bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten, der S, als Arbeitnehmer seit dem 5. April 1972 beschäftigt. Durch Vertrag vom 04./06.02.2002 vereinbarte der Kläger mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten und der T GmbH, einer Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers zur S zur Vermeidung einer betriebsbedingten Kündigung zum 30. September 2002 aufgehoben werde und dass der Kläger gleichzeitig befristet für die Zeit ab dem 18. Februar 2002 bis zum 17. Februar 2004 mit der T GmbH ein Arbeitsverhältnis vereinbare. Weiter ist in diesem Vertrag bestimmt, dass die Abwicklung des Arbeitsverhältnisses mit der S bis zum 17. Februar 2002 gemäß dem Sozialplan vom 14. Dezember 2001 erfolge. Aus der Aufhebung des Beschäftigungsverhältnisses mit der S erwüchsen dem Kläger Ansprüche auf Entlassungsentschädigung, die in Form von Zuzahlungen zum Kurzarbeitergeld ab Übergang in die T GmbH gewährt würden. Den Sozialplan hatte die SIG B mit den an den Standorten B und T bestehenden Betriebsräten vereinbart.

In diesem Sozialplan ist unter Ziff. B II u. a. bestimmt, dass den Mitarbeitern, deren Arbeitsplätze betriebsbedingt wegfallen, angeboten wird, mit der Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft ein befristetes Arbeitsverhältnis zu begründen mit dem Ziel, möglichst viele Mitarbeiter in eine Arbeit zu vermitteln bzw. durch bedarfsgerechte Qualifizierung darauf vorzubereiten Sodann sind unter B III die Leistungen bestimmt, die bei Eintritt in die Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft den betroffenen Arbeitnehmern von der S gewährt werden. Dazu gehören eine monatliche Aufstockung des Strukturkurzarbeitergeldes auf 80 % des letzten tariflichen Nettoentgelts, eine tarifliche Weihnachtssonderzahlung in Höhe von 60 % des letzten tariflichen Monatsentgelts sowie eine Feiertags- und Urlaubsvergütung in Höhe von 100 % des letzten tariflichen Nettoentgelts, soweit kein Kurzarbeitergeld für Feiertage und Urlaubstage gewährt wird. Neben diesen Leistungen hat die S auch die anfallenden Remanenzkosten zu übernehmen. Ausdrücklich wurde bestimmt, dass Mitarbeitern über 55 Jahren und 4 Monaten eine maximale Vertragslaufzeit von 24 Monaten von der Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft anzubieten war, wohingegen die Vertragsdauer bei den anderen Arbeitnehmern der zweifachen tariflichen bzw. einzelvertraglichen Kündigungsfrist, mindestens aber 6 Monaten, entsprechen sollte.

Unter B III heißt es sodann weiter:

„4) Arbeitnehmer/innen, die in die Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft eintreten, erhalten bei Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses eine Abfindung gemäß dieser Sozialplanregelung, wobei die Abfindung bei einer Zugehörigkeit zur Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft bis zu 6 Monaten 100 % und bei 6 – 12 Monaten 90 % und über 12 Monaten 80 % beträgt. Arbeitnehmer/innen, die aus der Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft und unter nachfolgender Arbeitslosigkeit in die sog. vorzeitige Pensionierung wechseln, erhalten die volle Abfindung.

5) Soweit Arbeitnehmer/innen vorzeitig auf eigenen Wunsch aus der Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft ausscheiden, erhalten sie für jeden Monat des vorzeitigen Ausscheidens eine zusätzliche Abfindung in Höhe von DM 1.000,00 brutto….”

Unter C Abfindungsregelung ist Folgendes bestimmt:

„Im Zusammenhang mit der betriebsbedingten Beendigung des Arbeitsverhältnisses erhalten alle Arbeitnehmer/innen im Sinne des § 5 Abs. 1 BetrVG, die nicht das Angebot annehmen, in die Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft zu wechseln, eine Abfindung nach folgenden Regelungen:

1) Mitarbeiter/innen bis 55 Jahre und 4 Monate erhalten eine Abfindung nach folgender Formel:

Lebensalter X Dienstjahre × Bruttomonatsverdienst

100

Die Abfindung wird entsprechend des KSchG auf die jeweils geltenden Höchstbeträge begrenzt.

Als Bruttomonatsverdienst wird das durchschnittliche Bruttomonatsentgelt bei tariflicher Arbeitszeit der letzten 3 Monate vor dem Ausscheiden zugrunde gelegt (ohne Sonderzahlungen, vermögenswirksame Leistungen, Urlaubs- und Mehrarbeitsvergütung).

Bei der Ermittlung der Abfindung gilt als Stichtag für die Berechnung des Lebensalters und der errechneten Betriebszugehörigkeit der Tag de...

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