Entscheidungsstichwort (Thema)

Kündigungsschutzklage. außergerichtlicher Vergleich. Schriftform. Arbeitsrecht

 

Leitsatz (amtlich)

Auch wenn die Parteien einen Prozessvergleich nach § 278 Abs. 6 ZPO feststellen lassen wollen, kann zuvor bereits ein wirksamer außergerichtlicher Vergleich zustandekommen, ohne dass die §§ 154 Abs. 2 und 623 BGB entgegenstehen. Das gesetzliche Schriftformerfordernis gilt nicht für einen „reinen” Abwicklungsvertrag.

 

Normenkette

BGB §§ 119-120, 154 Abs. 2, § 623; ZPO § 278 Abs. 6

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Urteil vom 06.10.2004; Aktenzeichen 9 Ca 424/04)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das am 06.10.2004 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Köln – 9 Ca 424/04 – wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten der Berufung.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten über die Rechtswirksamkeit einer ordentlichen Kündigung der Beklagten vom 26.11.2003 zum 29.02.2004 (Kopie Bl. 15 d. A.) und dabei vorrangig über die Frage, ob das Arbeitsverhältnis durch eine außergerichtliche vergleichsweise Einigung vom 16.02.2004 zu dem genannten Termin beendet wurde. Von der erneuten Darstellung des Sachverhalts wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen.

Das Arbeitsgericht hat die Kündigungsschutzklage mit Urteil vom 06.10.2004 abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die Klage sei unbegründet, weil zwischen den Parteien ein Vergleich über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch betriebsbedingte Kündigung zum 29.02.2004 zustande gekommen sei. Die Vorschriften der §§ 154 Abs. 2, 623 BGB stünden der Wirksamkeit des Vergleichs nicht entgegen. Wegen der Einzelheiten der arbeitsgerichtlichen Entscheidungsgründe wird auf Blatt 150 ff. d. A. Bezug genommen.

Mit seiner Berufung beantragt der Kläger,

das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 06.10.2004 – 9 Ca 424/04 – aufzuheben und festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die schriftliche Kündigung der Beklagten vom 26.11.2003, zugegangen am 28.11.2003, zum 29.02.2004 aufgelöst worden ist.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

  1. Die Berufung des Klägers ist zwar zulässig, weil sie statthaft (§ 64 Abs. 1 und 2 ArbGG) und frist- sowie formgerecht eingelegt und begründet worden ist.
  2. In der Sache hat das Rechtsmittel jedoch keinen Erfolg.

Die Kündigungsschutzklage ist unbegründet, weil das Arbeitsverhältnis der Parteien gemäß der zwischen ihnen am 16.02.2004 getroffenen Vereinbarung durch die streitbefangene Kündigung zum 29.02.2004 beendet wurde. Das Berufungsgericht folgt dem Arbeitsgericht im Ergebnis und weitgehend auch in der Begründung. Die hiergegen gerichteten Angriffe der Berufung rechtfertigen keine andere Beurteilung. Ergänzend ist dazu folgendes auszuführen:

a) Ohne Erfolg wendet der Kläger zunächst ein, ein Vergleich über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses sei nicht zustande gekommen, weil er dem gerichtlichen Vergleichsvorschlag im Verfahren nach § 278 Abs. 6 ZPO nicht zugestimmt habe und mit Rücksicht auf § 154 Abs. 2 BGB zuvor kein außergerichtlicher Vergleich vereinbart worden sei. Zu Unrecht beruft sich der Kläger insbesondere auf einen angeblich fehlenden Rechtsbindungswillen, der weder bei ihm noch bei seinem Prozessbevollmächtigten vorgelegen habe. Denn der Erklärende muss die Erklärung grundsätzlich so gegen sich gelten lassen, wie sie der Erklärungsempfänger nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen musste, und zwar auch dann, wenn die Erklärung nicht dem wahren Willen des Erklärenden entsprach. Die Rechtsordnung kann im Interesse der Rechtsicherheit das Auseinanderfallen von Willen und Erklärung nur ausnahmsweise beachten und stellt hierfür die Möglichkeit der Irrtumsanfechtung nach den §§ 119, 120 BGB zur Verfügung (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 62. Aufl., § 119 Rdnr. 1). Eine Anfechtungserklärung hat der Kläger aber nicht abgegeben, zumal ein Irrtumstatbestand nicht erkennbar ist.

Nach dem Vortrag der Parteien muss zugrunde gelegt werden, dass in dem abschließenden Telefonat der Parteivertreter am 16.02.2004 nicht nur besprochen wurde, dass ein Vergleich abgeschlossen werden könne, sondern auch der konkrete Inhalt und die Verbindlichkeit festgelegt wurden. Die Wahl des Verfahrens nach § 278 Abs. 6 ZPO hat der Beklagtenvertreter nachvollziehbar damit erklärt, dass beide Seiten sich die Anreise zu einer Protokollierung oder die Einschaltung ortsansässiger Anwälte ersparen wollten. Der Klägervertreter räumt ein, dass er dem Beklagtenvertreter in dem Telefonat am 16.02.2004 mitgeteilt habe, dass ein Vergleich abgeschlossen werden könne, und weiter vereinbart worden sei, dem Gericht „den Vergleichstext” zum Verfahren nach § 278 Abs. 6 ZPO zu übersenden, was dann auch unstreitig noch mit Schriftsatz vom 16.02.2004 geschehen ist. In diesem Schriftsatz des Beklagtenvertreters heißt es klar und unmissverständlich, die Parteien hätten sich zwischenzeitlich außergerichtlich geeinigt. Diese Erklärung mit dem Hinweis auf einen bereits...

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