Entscheidungsstichwort (Thema)

Betriebliche Altersversorgung. Anpassungsprüfungspflicht. Gleichbehandlungsgrundsatz. Beamtenversorgung. Anpassungsvereinbarung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Vereinbaren Arbeitgeber und Arbeitnehmer in einem Vertrag über die Gewährung einer betrieblichen Altersversorgung, dass „die Berechnung des Ruhegehalts und der Hinterbliebenenbezüge in sinngemäßer Anwendung der jeweils für die Beamten des Landes Nordrhein-Westfalen geltenden Bestimmungen” zu erfolgen hat, so liegt darin zugleich eine eigenständige konkludente Anpassungsvereinbarung, durch die § 16 BetrAVG wirksam abbedungen wird.

2. Dem steht § 17 Abs. 3 S. 3 BetrAVG nicht entgegen; denn es handelt sich dabei nicht um eine Abweichung von § 16 BetrAVG zuungunsten des Arbeitnehmers.

3. Bei der Prüfung, ob sich eine von § 16 BetrAVG abweichende Anpassungsvereinbarung zuungunsten des Arbeitnehmers auswirkt, darf nicht punktuell auf bestimmte Zeiträume abgestellt werden. Erforderlich ist vielmehr eine Gesamtbetrachtung, in die alle wertbildenden Faktoren der vertraglich vereinbarten Anpassungsregelung einzubeziehen sind.

 

Normenkette

BetrAVG §§ 1, 16-17

 

Verfahrensgang

ArbG Bonn (Urteil vom 22.11.2007; Aktenzeichen 3 Ca 2111/07)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 30.11.2010; Aktenzeichen 3 AZR 798/08)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bonn vom 22.11.2007 in Sachen 3 Ca 2111/07 wird zurückgewiesen.

Auf die Berufung der Beklagten hin wird das vorgenannte Urteil abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darum, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang das betriebliche Ruhegehalt des Klägers unter Gleichbehandlungsgesichtspunkten oder nach § 16 BetrAVG regelmäßig anzupassen ist.

Der am 19.03.1940 geborene Kläger stand vom 2. Januar 1967 bis zum 31. März 2000 in einem Privatdienstvertrag zur Beklagten. Zum 01.07.1978 erteilte die Beklagte dem Kläger eine einzelvertragliche Versorgungszusage, auf deren vollständigen Inhalt (Bl. 13 – 15 d. A.) Bezug genommen wird. Gemäß § 1 Abs. 1 S. 1 der Versorgungszusage erhält der Kläger bei seiner Versetzung in den Ruhestand ein Ruhegehalt. Gemäß § 1 Abs. 2 der Versorgungszusage erfolgt die Berechnung des Ruhegehalts in sinngemäßer Anwendung der jeweils für die Beamten des L. N.-W. geltenden Bestimmungen. Gemäß § 2 S. 1 der Versorgungszusage entsprechen die ruhegehaltsfähigen Dienstbezüge den zuletzt bezogenen aktiven Dienstbezügen nach der im Anstellungsvertrag zugrunde gelegten Besoldungsgruppe, soweit sie nicht ausdrücklich als nicht ruhegehaltsfähig erklärt wurden.

Nach dem Anstellungsvertrag vom 01.07.1978 erhielt der Kläger von der Beklagten eine „Besoldung in Anlehnung an die jeweiligen Bestimmungen des Besoldungsgesetzes für das L N, und zwar nach Besoldungsgruppe A 15”.

Zum 01.01.1995 wurde der Kläger zum Geschäftsführer und Leiter des Dezernats V (Außenwirtschaft) ernannt. Seit dem erfolgte die Besoldung „unter entsprechender Anwendung der für die Beamten des L. N. geltenden Gesetze und Vorschriften” nach der Besoldungsgruppe B 3 des Besoldungsgesetzes für das L. N. in seiner jeweils geltenden Fassung (vgl. Zusatzvereinbarung vom 08.11.1994, Bl. 10 d. A.).

Unter dem 26.03.1998 ergänzte die Beklagte ihre vertragliche Versorgungszusage vom 01.07.1978 durch die Bestätigung, „dass die Ihnen zugesagten Versorgungsansprüche nach dem Beamtenversorgungsgesetz in der am 24.03.1997 geltenden Fassung zu berechnen sind mit der Maßgabe, dass die Anwendung der Vorschriften der §§ 14 Abs. 3 und 85 Abs. 5 BeamtVG unterbleibt” (Bl. 16 d. A.).

Der Beendigung des Anstellungsverhältnisses der Parteien zum 31.03.2000 lag der Aufhebungsvertrag vom 19.01.2000 zugrunde (Bl. 17 d. A.). Zu diesem Zeitpunkt betrug das ruhegehaltsfähige Diensteinkommen des Klägers nach der Besoldungsgruppe B 3 DM 11.111,10 = 5.681,02 EUR brutto. Seit dem 01.04.2000 zahlte die Beklagte dem Kläger ein Ruhegehalt in Höhe von 75 % dieses Betrages, also zunächst 4.260,76 EUR brutto. Im März 2002 erhöhte sich das Ruhegehalt auf 4.450,28 EUR brutto.

In der Folgezeit trat lediglich nochmals zum 01.08.2004 eine Erhöhung der Pensionen für Landesbeamte um 1 % in Kraft, welche die Beklagte zum selben Zeitpunkt an den Kläger weitergab. Nach Anrechnung der Sozialversicherungsrente, die der Kläger seit April 2005 bezieht, betrug sein von der Beklagten gezahltes Ruhegehalt zuletzt 3.924,76 EUR brutto.

Im Jahre 2001 stellte die Beklagte ihr gesamtes Gehaltssystem auf einen Haustarifvertrag um. Ihren zu diesem Zeitpunkt im aktiven Dienst befindlichen Geschäftsführern bot die Beklagte eine lineare Anpassung des Gehalts zum 01.01. eines jeden Jahres entsprechend dem Mittelwert der Lohn-/Gehaltstarife der zwischen den Tarifparteien bestimmter Branchen ausgehandelten Werte des Vorjahres an (vgl. Bl. 40 f. d. A.). Die Anpassung des Ruhegehaltes dieser Geschäftsführer sollte sich sodann nach den gleichen Regelungen richten, allerdings kei...

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