Entscheidungsstichwort (Thema)

Kündigung. soziale Auswahl

 

Leitsatz (amtlich)

Zum Verhältnis der sozialen Auswahlkriterien des § 1 Abs. 3 S. 1 KSchG zueinander (hier: Unterhaltspflichten und Alter).

 

Normenkette

KSchG § 1

 

Verfahrensgang

ArbG Siegburg (Urteil vom 15.06.2010; Aktenzeichen 5 Ca 3115/09)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Siegburg vom 15.06.2010 – 5 Ca 3115/09 – abgeändert:

Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien begründete Arbeitsverhältnis durch die Kündigung der Beklagten vom 13.11.2009 nicht aufgelöst worden ist.

Die erstinstanzlichen Kosten werden gegeneinander aufgehoben. Die zweitinstanzlichen Kosten hat die Beklagte zu tragen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten – nachdem erstinstanzlich noch weitere Ansprüche Streitgegenstand waren – zweitinstanzlich nur mehr darum, ob das zwischen ihnen begründete Arbeitsverhältnis durch eine betriebsbedingte Kündigung der Beklagten vom 13.11.2009 zum 31.05.2010 beendet worden ist.

Wegen des erstinstanzlichen streitigen und unstreitigen Vorbringens sowie der erstinstanzlich gestellten Anträge wird gemäß § 69 Abs. 3 ArbGG auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 15.06.2010 die Klage abgewiesen.

Gegen dieses ihm am 12.08.2010 zugestellte Urteil hat der Kläger am 01.09.2010 Berufung eingelegt und diese am 05.10.2010 begründet.

Der Kläger wendet sich zunächst dagegen, dass das Arbeitsgericht davon ausgegangen sei, die Beklagte habe nachvollziehbar dargelegt, wie nach der Zusammenlegung der Führungspositionen in den Abteilungen Montage und Werkstatt die neue Leitung die Arbeit bewältigen könne. Er verweist darauf, dass sowohl er als auch Herr K zuvor eine volle Stelle innegehabt hätten. Beide hätten in erheblichen Umfang Überstunden gefahren. Im Schriftsatz vom 13.12.2010 (Bl. 192.1/192.2 d. A.) spezifiziert der Kläger, wie viel Überstunden er in der Zeit von Januar 2008 bis Oktober 2009 monatlich geleistet habe. Auf die dortige Aufstellung wird Bezug genommen.

Der Vortrag der Beklagten zur Umverteilung der bisherigen Tätigkeit des Klägers sei demgegenüber schon in sich nicht stimmig gewesen, was der Kläger in der Berufungsbegründung weiter ausführt (Bl. 177/178 d. A.).

Zum Zweiten wendet der Kläger sich gegen die Entscheidung des Arbeitsgerichts hinsichtlich der sozialen Auswahl. Er beruft sich vor allem darauf, dass Herr K in jungen Jahren bereits eine verantwortungsvolle Position ausfülle und darauf bei jeder Bewerbung verweisen könne. Er, der Kläger, sei aber praktisch am Ende seines Berufslebens angekommen, jedoch noch nicht in der Nähe des Rentenalters. Das Lebensalter müsse daher im vorliegenden Fall deutlich stärker gewichtet werden.

Außer Herrn K sei er auch mit Herrn S und Herrn R vergleichbar, da Herr S nur gelernter Schlosser sei und seine Position als EDV-Konstrukteur sich erarbeitet habe, was er, der Kläger, mit Lehrgängen in weniger als 6 Monaten auch könne. Herr R sei zwar gelernter Diplomingenieur, werde aber nicht als solcher eingesetzt sondern als Kalkulator und Konstrukteur.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Siegburg vom 15.06.2010 (Aktenzeichen 5 Ca 3115/09) festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die arbeitgeberseitige Kündigung vom 13.11.2009 aufgelöst ist.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil.

Dass Überstunden in der Vergangenheit gelegentlich angefallen seien, möge sein. Allerdings sei dieses nicht im dem in der Berufungsbegründung behaupteten Umfang und der Regelmäßigkeit von 2 Stunden pro Arbeitstag gewesen.

Zur Verteilung der Arbeit nach der Kündigung des Klägers trägt sie jetzt vor, 1 bis 1 ½ Stunden der täglichen Arbeitszeit des Klägers entfielen dadurch, dass an den täglichen Treffen der Leiter der Organisationseinheiten Herr K allein für die zusammengelegte Organisationseinheit Werkstatt und Montage teilnehme. Eine weitere Stunde der täglichen Arbeitszeit sei dadurch entfallen, dass die bisher vom Kläger wahrgenommene zeitliche Kalkulation der Aufträge und Terminplanung jetzt durch Herrn R übernommen werde. Weitere drei Stunden tägliche Arbeitszeit, in denen der Kläger mit der Aufgabenverteilung und Einsatzplanung bzw. Einteilung der einzelnen Mitarbeiter der Werkstatt samt Koordination befasst gewesen sei, würden jetzt zusätzlich durch Herrn K wahrgenommen. Dieses sei im Rahmen seiner regulären Arbeitszeit ohne überobligatorischen Einsatz möglich. Bislang regelmäßig notwendige Absprachen zwischen den getrennten Abteilungen fielen weg. Auch sei die Arbeitsmenge seit Anfang 2009 in Folge der allgemeinen Finanz- und Wirtschaftskrise und des dadurch bedingten Auftragsrückgangs reduziert. Die täglich weiteren zwei Stunden Arbeitszeit des Klägers für Programmierung der computergestützten Laser/Nibble(Stanzen)-Maschine würden jetzt durch den Konstruktionsleiter Herrn S un...

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