Leitsatz (amtlich)

Die Verlagerung von Arbeiten aus dem Überstunden-Bereich in den Bereich der regelmäßigen Arbeitszeit ist eine unternehmerische Entscheidung.

 

Normenkette

KSchG § 1

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Urteil vom 19.04.1995; Aktenzeichen 7 Ca 747/95)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 16.01.1997; Aktenzeichen 2 AZR 240/96)

 

Tenor

Das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 19.4.1995 – 7 Ca 747/95 – wird geändert. Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der (schwerbehinderte) Kläger ist seit dem 18.11.1982 als Gartenarbeiter im Grünflächenamt der Beklagten (Stadt) tätig gemäß schriftlichem Arbeitsvertrag vom 15.11.1982 (Bl. 83 d.A.). Dabei hat er auch ein Kraftfahrzeug zu führen und zu pflegen und warten gemäß Dienstanweisung vom 26.6.1979 unter Nr. 4 (Prüfung von Bremsen, Lenkung, Beleuchtung, Reifendruck, ausreichender Treib- und Schmierstoff, Kühlwasser u.a., Bl. 35 d.A.). Er hat diese Pflege- und Wartungsarbeiten jeweils eine halbe Stunde vor Beginn der regelmäßigen täglichen Arbeitszeit (wöchentlich 38,5 Stunden) ausgeführt und eine halbe Stunde danach und diese Stunden als Überstunden vergütet erhalten. Am 8.2.1994 hat eine „Verwaltungskonferenz” bei der Beklagten beschlossen, zum Abbau der Überstunden für die Pflege städtischer Kraftfahrzeuge die erforderlichen Pflegearbeiten und sicherheitstechnischen Überprüfungen, ggf. auch Wartungsarbeiten, grundsätzlich während der Dienstzeiten durchzuführen und hierzu, sofern rechtlich zulässig, betriebsbedingte Änderungskündigungen vorzunehmen (Bl. 12 d.A.). Unter dem 4.1.1995 hat die Beklagte demgemäß nach Zustimmung der Hauptfürsorgestelle (Bl. 16 d.A.) und der Einigungsstelle nach § 67 PersVG NW (Bl. 22 d.A.) dem Kläger das Arbeitsverhältnis zum Zweck der Änderung des Arbeitsvertrages zum 31.1.1995 gekündigt und ihm angeboten, ab 1.2.1995 das Arbeitsverhältnis zu geänderten Arbeitsbedingungen fortzusetzen, nämlich die von ihm bisher außerhalb der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit geleistete Mehrarbeit für sicherheitstechnische Überprüfungen, ggf. auch Wartungsarbeiten, für die Pflege städtischer Kraftfahrzeuge nunmehr während seiner üblichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit durchzuführen (Bl. 85 f d.A.). Der Kläger hat das Angebot unter Vorbehalt angenommen und im übrigen am 15.1.1995 Klage erhoben.

Der Kläger hat geltend gemacht: Die Verwaltungskonferenz, bestehend aus dem Oberstadtdirektor und den Beigeordneten, sei kein Organ im Sinne der Gemeindeordnung. Ihre Entscheidung verstoße gegen § 28 lit. f der Gemeindeordnung. Danach sei die Regelung der allgemeinen Grundsätze für die Bezüge und Vergütungen der Arbeiter und Angestellten ausschließlich Ratsangelegenheit. Die Änderungskündigung sei auch sozial ungerechtfertigt.

Der Kläger hat beantragt,

festzustellen, daß die Änderung der Arbeitsbedingungen in Verbindung mit der Änderungskündigung vom 4.1.1995 rechtsunwirksam ist.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat geltend gemacht: Der Entschluß, die Lohnkosten zu senken, sei eine Unternehmerentscheidung. Er sei nicht unter § 28 Abs. 1 Buchst. f der GO gefallen. Die Finanzlage der Beklagten sei äußerst angespannt. Das Jahr 1993 habe mit einem Fehlbetrag von 97,6 Mio DM abgeschlossen. Dieser Fehlbetrag habe einen strengen Sparkurs verlangt. Neben dem Abbau von Personal, einem Einstellungsstop und der Schließung von Einrichtungen (Bädern, Büchereien) hätten alle Einsparmöglichkeiten geprüft werden müssen. Dies habe insbesondere den Abbau von Überstunden verlangt. 1995 habe der gesetzlich vorgeschriebene Haushaltsausgleich, nur dadurch erreicht werden können, daß die Beklagte sich von Vermögenswerten getrennt habe. Sie habe 1994 Forderungen aus Wohnungsbaudarlehen in Höhe von 332 Mio DM veräußert. Für 1996 werde ein jahresbezogener Fehlbetrag von 157 Mio DM erwartet. Im übrigen habe der Pflegebedarf der modernen Fahrzeuge erheblich nachgelassen. Es reiche grundsätzlich aus, den Reifendruck optisch zu prüfen und gelegentlich den Ölstand zu kontrollieren. Der Ansatz von einer Pflegestunde pro Tag sei völlig überzogen. Eine regelmäßige Anordnung von Überstunden sei gemäß den Regelungen des BMT-Gerechtswidrig und damit nichtig. Die Aufgabe der Pflege hätte sie dem Kläger kraft ihres Direktionsrechts aus betrieblichen Gründen entziehen können. Sie habe 169 Kfz-Fahrern die Änderungskündigung ausgesprochen.

Der Kläger hat erwidert: Die Beklagte habe nicht substantiiert dargelegt, daß die Änderungskündigung durch ein dringendes betriebliches Bedürfnis bedingt sei. Sie habe lediglich mitgeteilt, daß Pflegearbeiten am Fahrzeug nunmehr während der Arbeitszeit durchzuführen seien. Ob und wie die Rationalisierungsentscheidung bei den Bezirksämtern im Grünbereich umgesetzt werde, habe sie nicht hinreichend substantiiert vorgetragen. Sie hätte im einzelnen vortragen müssen, welche organisatorischen Maßnahmen zur Umsetzung der Einsparung der Fahrerstunde unter Berücksichtigung des Arbeitsplat...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge