Entscheidungsstichwort (Thema)

Bonus nur bei eindeutiger Zielvorgabe. Billigkeitskontrolle von Zielvereinbarungen. Schadensersatz wegen entgangener Vergütung bei fehlender Zielvereinbarung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die mit dem Arbeitnehmer vereinbarte Zielvereinbarung zur Erreichung von Umsatzzahlen unterliegt der Billigkeitsprüfung nach § 315 Abs. 3 S. 3 BGB.

2. Die Beweislast für die Billigkeit der Zielvereinbarung trägt der Arbeitgeber.

3. Die getroffene Billigkeitsentscheidung ist voll gerichtlich überprüfbar.

 

Normenkette

BGB § 315 Abs. 3 Sätze 2-3

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Entscheidung vom 29.04.2019; Aktenzeichen 4 Ca 8079/18)

 

Tenor

  1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 29.04.2019 - 4 Ca 8079/18 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
  2. Die Revision wird nicht zugelassen.
 

Tatbestand

Die Parteien streiten über Bonusansprüche des Klägers für das Jahr 2017.

Der Kläger ist seit dem 10.03.2008 bei der Beklagten als Key-Account-Manager DACH für das Gebiet S /Ö /Sc in der Abteilung Sales beschäftigt. Gemäß Nr. 4 Abs. 4 des zwischen den Parteien am 04.03.2008/08.03.2008 geschlossenen Arbeitsvertrags nimmt der Kläger am jeweils aktuellen Sales Bonusplan teil, wobei der Bonus bei 100 prozentiger Zielerreichung 30 % des Bruttojahresgrundgehaltes beträgt. Das insoweit maßgebliche Jahresbruttogehalt des Klägers belief sich für das Jahr 2017 auf 74.185,33 €.

Grundlage des Bonussystems bei der Beklagten für den hier maßgeblichen Zeitraum war die Gesamtbetriebsvereinbarung "Über die Anwendung des VC-Plan (Variable Compensation) von G " vom 23.04.2015 (im Folgenden GBV). Nach § 3 dieser Gesamtbetriebsvereinbarung waren zur Teilnahme an dem VC-Plan für Vertriebsaußendienstmitarbeiter und Key-Account-Manager die in der Anlage 3 genannten Mitarbeiter, hierunter auch der Kläger, berechtigt. § 5 enthält eine Regelung für "Streitfälle". Danach hat der Mitarbeiter bei "Meinungsverschiedenheiten und in Streitfällen über die Anwendung des VC-Plans sowie über die jeweilige Zielvereinbarung (...) das Recht Beschwerde einzulegen." Wenn es sodann zu keiner Einigung in Gesprächen mit dem direkten Vorgesetzten kommt, "entscheiden der Vorgesetze des direkten Vorgesetzten, der Vertreter des Betriebsrates und Human Resources sowie der Ombutsmann als neutrale Person verbindlich über den Einspruch..." § 6 Abs.1 GBV regelt, dass wenn der "VC-Plan in der Zukunft keine Anwendung mehr finden (sollte) oder diese Gesamtbetriebsvereinbarung gekündigt werden, so wird für die bisherigen Teilnehmer des Planes eine adäquate Regelung mit dem Gesamtbetriebsrat vereinbart. In der Zwischenzeit gilt der bisherige Plan weiter. ..."

Die Anlage 1 der GBV regelt den "VC-Plan" für das Geschäftsjahr 2015. Dazu gehören Regelungen über die Teilnahme am Sales Bonusplan, u.a. über die Zielsetzung, und einzelne Modalitäten der Berechnung. Unter "Berechtigung" sind die "Rollen innerhalb des Vertriebsteams", die einen "direkten Orders Plan verwalten" benannt, darunter auch die "Key Account Manager". Zu der "Berechtigung" des Unternehmens heißt es: "Das Unternehmen hat das alleinige Recht den Plan zu interpretieren oder zu verändern sowie Regelungen des Plans, Gebietsverteilungen, Kunden- oder Produktzuordnungen und andere Leistungsstandards jederzeit zu verändern. Alle Änderungen sind mit dem Betriebsrat abzustimmen." Unter "Festlegung des anfänglichen OP Plans" ist u.a. geregelt: "G verfolgt die Absicht, Änderungen von Quoten, Bereichen oder anderen Faktoren lediglich zu Beginn jedes Planungsjahres vorzunehmen. Gleichwohl behält sich das Unternehmen das Recht vor, diesen Plan oder die Bereichsquote, die Kunden oder die Produkte, die einer Person zugeordnet sind, jederzeit nach eigenem Ermessen zu ändern, falls dies für nötig befunden wird."

In der Anlage 2 der Gesamtbetriebsvereinbarung wurden für das Geschäftsjahr 2015 die individuellen, kundenbezogenen Leistungsziele der Planteilnehmer nach vorherigen Gesprächen zwischen den Mitarbeitern und ihren Vorgesetzten durch die Betriebsparteien festgelegt. Für den Kläger war ein zu erreichender Umsatz für die sog. "Individual Orders" in Höhe von insgesamt 4.050.000 US Dollar vorgesehen. Dieser Umsatz wurde vom Kläger erreicht.

Für die Jahre 2016 und 2017 gab es keine Festlegung der individuellen Leistungsziele durch die Betriebsparteien.

Die Beklagte kündigte dem Kläger mit Schreiben vom 25.02.2016 zum 31.05.2016 und stellte ihn von der Arbeit frei. Die dagegen vom Kläger erhobene Kündigungsschutzklage war erfolgreich. Der Kläger war bis zum Ende des dritten Quartals freigestellt. Eine Zielvereinbarung für diesen Zeitraum haben die Parteien nicht getroffen. Die Beklagte zahlte insoweit einen Bonus in Höhe des Durchschnitts in den letzten drei Jahren zuvor. Mit Schreiben vom 26.09.2016 teilte die Beklagte dem Kläger u.a. mit:

"bezugnehmend auf Nr.4 Absatz 4 des am 04.03.2008 zwischen uns geschlossenen Arbeitsvertrag teilen wir Ihnen Ihre Zielvorgabe für den VC Bonusplan wie folgt mit:

Für das 4. Quartal...

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