Entscheidungsstichwort (Thema)

Abgrenzung von Arbeitsverhältnis und freiem Dienstverhältnis

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Bereits die Bewerbung auf eine Anzeige für eine Anstellung als Freelancer auf Honorarbasis zielt auf die Begründung eines Rechtsverhältnisses als freier Dienstnehmer.

2. Für ein freies Dienstverhältnis spricht auch, dass der Dienstverpflichtete im Zeitraum von etwa einem halben Jahr auf 14 mehrtägigen Veranstaltungen als IT-Operator für eine pauschale Vergütung in Höhe von 250 bis 300 EUR netto pro Tag tätig war. Das gilt umso mehr, wenn er dem Auftraggeber Rechnungen erteilte, in denen auch die Umsatzsteuer ausgewiesen war.

 

Normenkette

BGB § 611

 

Verfahrensgang

ArbG Siegburg (Entscheidung vom 14.08.2019; Aktenzeichen 3 Ca 678/19)

 

Tenor

  1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Siegburg vom 14.08.2019 - 3 Ca 678/19 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
  2. Die Revision wird nicht zugelassen.
 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob der Kläger Arbeitnehmer der Beklagten ist und das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien fortbesteht sowie die Weiterbeschäftigung des Klägers.

Die Beklagte ist ein Unternehmen im Veranstaltungsbereich und bietet für andere Unternehmen zumeist computergestützte innovative Veranstaltungen und Events an. Der Kläger war seit seiner Bewerbung auf eine entsprechende Anzeige der Beklagten hin als Freelancer in der Zeit vom 06.09.2017 bis zum 20.03.2018 insgesamt auf 14 mehrtägigen Veranstaltungen als IT-Operator und in der Veranstaltungsorganisation der Beklagten tätig. Er erhielt für seine Einsätze aufgrund mündlicher Vereinbarung eine pauschale Vergütung in Höhe von 250,00 € netto pro Tag, wenn für die jeweilige Veranstaltung mindestens zwei Mitarbeiter von der Beklagten eingesetzt wurden und in Höhe von 300,00 € netto pro Tag, wenn er den Einsatz alleine ausführte. Hinzu kam eine Reisevergütung für weiter entfernte Veranstaltungen in Höhe von jeweils 100,00 € netto. Für seine Einsätze reichte der Kläger bei der Beklagten Rechnungen ein, in denen auch Umsatzsteuer ausgewiesen war. In 6,5 Monaten erzielte er dabei 11.029,00 € zuzüglich Mehrwertsteuer.

Der Ablauf und Inhalt der Tätigkeit des Klägers im Rahmen der einzelnen Veranstaltungen gestaltete sich im Wesentlichen wie folgt: Der Kläger wurde durch die Beklagte telefonisch oder per E-Mail kontaktiert und für einen Einsatz bei anstehenden Veranstaltungen angefragt. Es stand ihm frei, die einzelnen Veranstaltungen zu- oder abzusagen. Sofern er einen Einsatz zusagte, wurde der Kläger durch die Beklagte vor der jeweiligen Veranstaltung über den Namen des Kunden, den Ort der Veranstaltung, die Termine der geplanten Anreise, die Termine für die Proben, den Ablauf der eigentlichen Kundenveranstaltung, seine Aufgaben hierbei und die Termine für den Abbau und die Abreise informiert.

Zur Vorbereitung der Veranstaltungen fanden jeweils Vorbereitungstermine gemeinsam mit den anderen teilnehmenden Mitarbeitern bei der Beklagten statt. Hierbei wurden die von den Kunden vorgegebenen Inhalte der Veranstaltungen auf Wiedergabegeräte gespielt, Interaktionen oder Umfragen erstellt, auf Rechner oder Wiedergabegeräte übertragen und getestet. Darüber hinaus fanden bei besonderen Einsätzen durch Softwareentwickler Schulungen für die IT-Operatoren zur Funktionsweise der eingesetzten Technik statt. Die bei den Veranstaltungen eingesetzte Technik sowie weitere Arbeitsmittel stellte die Beklagte zur Verfügung. Hierbei handelte es sich je nach Veranstaltung um diverse Wiedergabegeräte (Tablets), Reflektorkellen, Infrarotkameras, Bildschirme, Kabel etc., die durch die Beklagte, oder bei alleine vom Kläger geführten Veranstaltungen von ihm zum Veranstaltungsort transportiert wurden.

Zu den Aufgaben des Klägers gehörten: Vorbereitung der Veranstaltungsinhalte, Abstimmung mit den Kunden, Aufbau und Einmessen von Kameras, Infrarot-Strahlern des Vision Systems, Aufbau und Inbetriebnahme der Netzwerkinfrastruktur, Aufbau der Serverinfrastruktur, Testen der Systeme, Bedienung der Anlage während der Veranstaltung, Ansprechpartner der Kunden während der Veranstaltung, Support der Teilnehmer vor Ort sowie die Datensicherung nach der Veranstaltung. Die meisten Einsätze führte der Kläger in Zusammenarbeit mit einem fest angestellten Mitarbeiter durch, der als Projektleiter die Veranstaltungen der Beklagten koordinierte, leitete und die gleichen Tätigkeiten wie der Kläger verrichtete.

Mit E-Mail vom 21.03.2018 stornierte die Beklagte zuvor mit dem Kläger vereinbarte Aufträge für kommende Veranstaltungen und teilte ihm mündlich mit, dass man die weitere Zusammenarbeit beenden werde. In der Folgezeit kam es zu keinem weiteren Einsatz des Klägers mehr. In der Zeit, in der er von der Beklagten eingesetzt wurde, hatte er bis auf aufstockende Leistungen durch das Jobcenter keine weiteren Einnahmen.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, er sei persönlich abhängig und damit Arbeitnehmer der Beklagten. Er habe selbst keinerlei eigenes Unternehmerris...

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