Entscheidungsstichwort (Thema)

Gleichbehandlung. Gesamtzusage. Gesamtbetriebsvereinbarung. betriebliche Altersversorgung. Maßregelungsverbot. Arbeitszeit

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz ist grundsätzlich unternehmensbezogen zu betrachten. Jedoch können die unterschiedlichen Lebens-, Arbeits- oder Rechtsverhältnisse an den einzelnen Betriebsstandorten eine Ungleichbehandlung der Belegschaften verschiedener Betriebe sachlich rechtfertigen.

2. Es ist nicht zu beanstanden, wenn der Arbeitgeber in einer Mustergesamtbetriebsvereinbarung zu Fragen der Arbeitszeit denjenigen Belegschaften, die die Muster-Gesamtbetriebsvereinbarung durch Abschluss entsprechender örtlicher Betriebsvereinbarungen übernehmen, Gesamtzusagen über die Erhöhung der Prämien zur betrieblichen Altersversorgung in Aussicht stellt.

3. Sind die Arbeitszeitregelungen der bundesweit geltenden Muster-Gesamtbetriebsvereinbarung in einzelnen Tarifgebieten möglicherweise tarifwidrig, in anderen aber nicht, so können sich die Belegschaften derjenigen Standorte, deren örtliche Betriebsräte die Übernahme der Muster-BV wegen von ihnen angenommener Tarifwidrigkeit verweigern, wegen der versprochenen Gegenleistung nicht auf den Gleichbehandlungsgrundsatz berufen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn schon in der Muster-Gesamtbetriebsvereinbarung selbst ausdrücklich darauf hingewiesen wird, das bei der Umsetzung der BGV durch örtliche Betriebsvereinbarungen die jeweiligen Tarifvorschriften zu beachten sind.

4. Ein Anspruch des einzelnen Arbeitnehmers aus § 612 a BGB kann nicht damit begründet werden, der Arbeitgeber habe den Betriebsrat gemaßregelt.

 

Normenkette

BetrVG § 87; BGB §§ 242, 611, 612a; GG Art. 3; BetrAVG § 1b

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Urteil vom 11.03.2005; Aktenzeichen 2 Ca 9230/04)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 18.09.2007; Aktenzeichen 3 AZR 647/06)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 11.03.2005 in Sachen 2 Ca 9230/04 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darum, ob die Klägerin beanspruchen kann, dass die Beklagte ihr mit Wirkung ab 01.01.2001 eine um 7,67 EUR monatlich höhere Prämie auf ihre in Form einer Direktlebensversicherung bestehende betriebliche Altersversorgung zahlt.

Die Klägerin ist bei der Beklagten in deren Einrichtungshaus in K -G mit einem Arbeitsumfang von weniger als 100 Stunden, aber mehr als 78 Stunden pro Monat als Arbeitnehmerin beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis bestand auch schon am 01.01.2001. Aufgrund Ziff. 12 einer Gesamtbetriebsvereinbarung Sozialleistungen vom 16.01.1997 steht der Klägerin eine betriebliche Altersversorgung in Form einer Direktversicherung als Kapital-Lebensversicherung zu (vgl. Bl. 106 ff. d. A.). Die Beklagte zahlt hierauf monatliche Prämien.

In dem Einrichtungshaus K -G bestand auch eine zwischen der örtlichen Geschäftsleitung und dem örtlichen Betriebsrat abgeschlossene Betriebsvereinbarung über Arbeitszeit. Diese wurde arbeitgeberseitig zum 31.12.1999 gekündigt. Daran anschließende Verhandlungen der Betriebspartner über eine neue Betriebsvereinbarung blieben zunächst erfolglos, woraufhin die Arbeitgeberseite die Einigungsstelle anrief. Das Einigungsstellenverfahren wurde jedoch zunächst zum Ruhen gebracht, da zwischenzeitlich die Unternehmensleitung des Gesamtunternehmens für Deutschland und der Gesamtbetriebsrat Verhandlungen über den Abschluss einer Gesamtbetriebsvereinbarung zu „Rahmenbedingungen von Arbeitszeiten” aufgenommen hatten. Am 22.05.2001 kam es zur Vereinbarung einer solchen Gesamtbetriebsvereinbarung. Deren Präambel lautet auszugsweise wie folgt:

„Unternehmensleitung und Gesamtbetriebsrat stimmen darin überein, dass die Arbeitsbedingungen in allen Einrichtungshäusern im Wesentlichen gleichgestaltet sein sollten. Hierzu gehört auch die Gestaltung der Arbeitszeitregelungen. Aus diesem Grunde werden die Vertragsparteien sich gemeinsam dafür einsetzen, dass die in dieser Vereinbarung festgelegten Rahmenbedingungen in allen Arbeitszeitbetriebsvereinbarungen der Einrichtungshäuser aufgenommen werden.

Beide Parteien sind sich dessen bewusst, dass die spätere Umsetzung dieser Vereinbarung, sowie ihre Anwendung, in Ausübung des Mitbestimmungsrechtes der örtlichen Betriebsräte nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG und unter Beachtung der jeweils geltenden gesetzlichen und tariflichen Bestimmungen erfolgt.”

Auf den vollständigen Text der Gesamtbetriebsvereinbarung „Rahmenbedingungen von Arbeitszeiten” (Bl. 10 ff. d. A.) wird Bezug genommen.

Bestandteil der Gesamtbetriebsvereinbarung „Rahmenbedingungen von Arbeitszeiten” war auch ein Anhang 3. Dessen Text lautet auszugsweise folgendermaßen:

„Soweit diese Gesamtbetriebsvereinbarung in den einzelnen Einrichtungshäusern durch Vereinbarung zwischen örtlicher Geschäftsleitung und örtlichem Betriebsrat umgesetzt und angewendet wird, erfolgt durch die Geschäftsleitung des einzelnen Einrichtungshauses nachfolgende Gesamtzusage:

Gesamtzusag...

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