Entscheidungsstichwort (Thema)

Haftung des Arbeitgebers wegen Nichtgewährung von Urlaub

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Das Unionsrecht (Urteil des EUGH vom 12.06.2014 - C-118/13 - Bollacke) gebietet es, § 7 Abs. 1 S. 1 BUrlG so auszulegen, dass der Arbeitgeber verpflichtet ist, den Urlaubsanspruch von sich aus auch ohne ein Urlaubsverlangen des Arbeitnehmers zu erfüllen (wie LAG Berlin-Brandenburg 12.06.2014- 21 Sa 221/14).

2. Für die Jahre 2012 und 2013 scheitert aber ein dementsprechender Schadensersatzanspruch des Arbeitnehmers wegen der ständigen gegenteiligen Rechtsprechung des BAG am Verschulden des Arbeitgebers.

 

Normenkette

BUrlG § 7 Abs. 1 S. 1; BGB § 275 Abs. 1, § 280 Abs. 1, 3, § 283

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Entscheidung vom 02.02.2016; Aktenzeichen 12 Ca 707/15)

 

Tenor

  1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 02.02.2016 - 12 Ca 707/15 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

    1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 5.225,81 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 06.01.2015 zu zahlen.
    2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 580,65 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 05.02.2015 zu zahlen.
    3. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Urlaubsabgeltung für 2015 in Höhe von 857,14 € brutto zu zahlen.
    4. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
  2. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger 90 % und die Beklagte 10 %.
  3. Die Revision wird zugelassen.
 

Tatbestand

Die Parteien streiten in der Berufung nur noch über Lohnzahlungsansprüche für die Zeit vom 19.12.2014 bis 18.01.2015 bzw. hilfsweise Urlaubsabgeltungsansprüche für 16 Urlaubstage aus beendetem Arbeitsverhältnis.

Der Kläger war vom 01.07.2014 bis 21.01.2015 als Vertriebsleiter bei der Beklagten zu einem monatlichen Bruttogehalt von 9.000,00 € brutto beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis endete aufgrund einer außerordentlichen Kündigung der Beklagten vom 21.01.2015, deren Wirksamkeit das Arbeitsgericht rechtskräftig festgestellt hat. Dem Kläger stand nach dem Arbeitsvertrag ein Jahresurlaub von 28 Tagen zu. Im Jahr 2014 waren dies 14 Urlaubstage, die er unstreitig nicht genommen hat. Für das Jahr 2015 besteht unstreitig ein Urlaubsabgeltungsanspruch von 2 Tagen.

Der Kläger verbrachte unstreitig die Zeit vom 19.12.2014 bis zum 18.01.2015 auf M , ohne dafür von der Beklagten Urlaub oder eine sonstige Freistellung gewährt bekommen.

Die Beklagte zahlte für diesen Zeitraum keinen Lohn.

Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes, einschließlich der Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen.

Das Arbeitsgericht hat die Klage hinsichtlich der hier streitigen Lohnansprüche abgewiesen. Auf das Urteil (Bl. 196 - 211 d. A.) wird verwiesen. Die Berufung des Klägers richtet sich insoweit gegen diese Entscheidung. Der Kläger behauptet unter Beweisantritt, auch auf M für die Beklagte gearbeitet zu haben. Seine Arbeit sei nicht an den Geschäftssitz der Beklagten in K gebunden gewesen. Er habe europaweit Kunden akquiriert. So habe er mit spanischen und portugiesischen Kunden sehr zeitintensiv, aufwändig und örtlich teilweise unterschiedlich über Tage Verhandlungen darüber geführt, welche Produkte eingeführt, vertrieben und marktfähig gemacht werden können.

Hilfsweise beruft sich der Kläger, auf einen Urlaubsabgeltungsanspruch für 2014 von 14 Tagen und 2015 von 2 Tagen. Wegen der Berechnung wird auf den Klägerschriftsatz vom 04.10.2016 (unter Ziffer 3.) verwiesen.

Der Kläger beantragt,

das angefochtene insoweit Urteil abzuändern als der Lohn für den Zeitraum 19.12.2014 bis zum 18.01.2015 abgewiesen wurde und die Beklagte zu verurteilen an den Kläger weitere 3.774,19 € brutto zzgl. 5 Prozentpunkte Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 06.01.2015 (Restlohn 12/14) und weitere 5.555,71 € brutto zzgl. 5 Prozentpunkte Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 05.02.2015 (Restlohn 1/15) zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt

die Zurückweisung der Berufung.

Sie trägt unter Bezugnahme auf ihren erstinstanzlichen Sachvortrag vor, der Kläger habe entgegen seinem pauschalen Vortrag auf M nicht gearbeitet, er sei auch nicht angewiesen worden seine Arbeitsleistung dort zu erbringen. Der Urlaubsanspruch für 2014 sei verfallen.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils, die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze, die eingereichten Unterlagen und die Sitzungsprotokolle Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

I. Die Berufung ist zulässig, in der Sache hat sie zu einem geringen Teil Erfolg. Das Arbeitsgericht hat die Klage hinsichtlich der in der Berufung noch streitigen Ansprüche überwiegend zu Recht abgewiesen. Dem Kläger steht für den streitigen Zeitraum kein Lohnanspruch zu. Der Kläger hat gegen die Beklagte lediglich - auf sein Hilfsvorbringen - einen Urlaubsabgeltungsanspruch für2 Urlaubstage aus 2015 in Höhe von 857,14 € brutto nebst Zinsen.

1. Zu...

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