Entscheidungsstichwort (Thema)

betriebliche Altersversorgung. betriebliche Übung

 

Leitsatz (amtlich)

Zur betrieblichen Übung bei Betriebsrenten.

 

Normenkette

BetrAVG § 6

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Urteil vom 08.09.2010; Aktenzeichen 7 Ca 11588/09)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 08.09.2010 – 7 Ca 11588/09 – wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Berechnung der Betriebsrente des Klägers.

Der am geborene Kläger war bei der Beklagten in der Zeit vom 20.02.1953 bis zum 30.11.1992 beschäftigt. Der Kläger schied aus dem Arbeitsverhältnis auf Grund der Aufhebungsvereinbarung der Parteien vom 16.11.1992 gemäß dem Sozialplan vom 01.02.1989. Seit dem 01.02.1995 verfügt der Kläger über Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung und aus der betrieblichen Altersversorgung durch die Beklagte.

Die Beklagte, bei der früher mehr als 1000 Mitarbeiter und nach Stilllegung der Produktion zum 31.03.1994 zuletzt nur noch 5 Mitarbeiter beschäftigt waren bzw. sind, gewährt ihren ehemaligen Arbeitnehmern – wie dem Kläger – Leistungen der betrieblichen Altersversorgung nach Maßgabe der „Richtlinien für die betriebliche Altersversorgung für Arbeiter und Angestellte vom 06.05.1968” in der Fassung des Einigungsstellenspruchs vom 04.12.1993.

Bis zum 31.08.2009 erhielt der Kläger eine monatliche Betriebsrente in Höhe von 1.032,30 EUR. Auf die Berechnungen der Beklagten vom 06.03.1995 und 06.03.1996 (Bl. 149 ff d. A.) wird Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 31.07.2009 teilte die Beklagte dem Kläger die Änderung und Neuberechnung seiner Betriebsrente ab dem 01.09.2009 auf monatlich 977,00 EUR bzw. nach späterer Korrektur auf 984,00 EUR monatlich mit.

Hiergegen richtet sich die Feststellungs- bzw. Zahlungsklage vom 14.12.2009.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, er brauche eine Änderung der Betriebsrente zu seinen Ungunsten nicht hinnehmen. In sämtlichen Regelungen über die betriebliche Altersversorgung sei die Beklagte so verfahren, dass die Betriebsrente jeweils auf den Zeitpunkt des Ausscheidens berechnet worden sei und die Mitarbeiter ohne Abschläge in Rente hätten gehen können. Damit habe die Beklagte auf Grund dieser Besserstellung gegenüber gesetzlichen Regeln bzw. den Vorgaben der Rechtsprechung die Mitarbeiter zum freiwilligen Ausscheiden veranlassen wollen. Der Personalleiter habe diese entsprechende Handhabung in der Werkszeitung Nr. 3 aus dem Jahre 1989 erläutert. Die Sozialpläne bei der Beklagten aus den Jahren 1979, 1982, 1989 und 1993 würden die Mitarbeiter mit den dort vorgesehenen Betriebsrentenberechnungen besser als die gesetzliche Regelung stellen, so dass von einem reinen Normenvollzug bei der Beklagten nicht ausgegangen werden könne. Auch mit Rücksicht auf die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 21.03.2006 (3 AZR 314/05) könne sich der Kläger auf Vertrauensschutz hinsichtlich der für ihn günstigen Rentenberechnung berufen. Die Beklagte habe jedenfalls ihr Recht verwirkt, sich auf eine etwaig geänderte Rechtsprechung zu berufen, da sie erst im Jahr 2009 und damit drei Jahre nach der von ihr herangezogenen Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts aus dem Jahr 2006 die Kürzung habe vornehmen wollen.

Der Kläger hat beantragt,

  1. festzustellen, dass er über den 01.09.2009 hinaus einen Anspruch auf monatliche Gewährung einer betrieblichen Altersversorgung in Höhe von 1.032,30 EUR hat,
  2. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 165,90 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit (23.12.2009) zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat sich zur Berechtigung der Neuberechnung auf mehrere Änderungen der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts in den Urteilen vom 21.03.2006 (3 AZR 374/05) und vom 23.01.2001 (3 AZR 164/00) berufen. Früher sei die Beklagte entsprechend § 6 BetrAVG davon ausgegangen, dass die gesetzliche Altersrente als Vollrente vor dem 65. Lebensjahr den Eintritt des Versorgungsfalls wegen Erreichens der Altersgrenze darstelle und dann keine zeitratierliche Kürzung vorzunehmen sei. Daher habe die Beklagte gemeint, keine Kürzungsmöglichkeit aus § 2 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG ableiten zu können. Hierzu sei durch das Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 23.01.2001 (3 AZR 164/00) eine Änderung der Rechtsprechung eingetreten, da dort entschieden worden sei, dass stets die fiktive Vollrente auf den Zeitpunkt der Vollendung des 65. Lebensjahres zu berechnen sei. Ein vorheriges Ausscheiden bringe dem Mitarbeiter stets nur eine Teilrente. Dies sei ergänzt worden für die Gesamtversorgung durch das Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 21.03.2006 (3 AZR 374/05). Während früher die Sozialversicherungsrente nur mit dem Wert angesetzt worden sei, der bis zu dem Versicherungsfall angefallen sei, sei nach dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 21.03.2006 die Sozialversicherungsrente fiktiv auf den Zeitpunkt der festen Altersgrenze der V...

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