Entscheidungsstichwort (Thema)

Urlaubsabgeltung. Urlaubsgeld. Intransparenz. Ausschlussfrist. Verfall des Urlaubsanspruchs. Manteltarifvertrag für den Groß- und Außenhandel - Entstehung des Abgeltungsanspruchs im bestehenden Arbeitsverhältnis. tarifliche Ausnahmevoraussetzungen - gültige Arbeitsvertragsklausel

 

Leitsatz (amtlich)

1. Zur Auslegung des § 8 Nr. 7 g MTV GAH

2. Zur Anwendung der tariflichen Ausschlussfrist gemäß § 15 MTV GAH auf Urlaubsabgeltungsansprüche

 

Normenkette

MTV GAH §§ 8, 15; BGB § § 305 ff., § 307

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Entscheidung vom 25.04.2012; Aktenzeichen 2 Ca 3785/11)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 20.01.2015; Aktenzeichen 9 AZR 585/13)

 

Tenor

  • I.

    Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 25.04.2012 - 2 Ca 3785/11 - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

    • 1.

      Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 5.178,92 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit 27.06.2011 zu zahlen.

    • 2.

      Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 643,55 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit 27.06.2011 zu zahlen.

    • 3.

      Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

  • II.

    Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens tragen der Kläger zu 7 % und die Beklagte zu 93 %. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.

  • III.

    Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um einen Urlaubsabgeltungs- bzw. Urlaubsgeldanspruch des Klägers.

Der Kläger war als Lagermeister bei der Beklagten seit dem 21.10.1996 bis zum 18.01.2011 beschäftigt.

Das Arbeitsverhältnis endete gemäß dem rechtskräftigen Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 21.04.2011 - 10 Ca 716/11 - durch außerordentliche verhaltensbedingte arbeitgeberseitige Kündigung vom 17.01.2011.

Auf das Arbeitsverhältnis fand gemäß § 12 des schriftlichen Arbeitsvertrages vom 21.10.1996 der Manteltarifvertrag ebenso wie das Urlaubsgeldabkommen im Groß- und Außenhandel NRW Anwendung.

Der Kläger war durchgehend im Zeitraum vom 04.09.2009 bis 21.04.2011 arbeitsunfähig erkrankt.

Seine Urlaubsabgeltungs- bzw. Urlaubsgeldansprüche für die Jahre 2009 und 2010 machte der Kläger außergerichtlich mit Schreiben vom 16.05.2011 gegenüber der Beklagten geltend. Zugleich verfolgt der Kläger die diesbezüglichen Ansprüche mit seiner Klage vom 16.05.2011, die am 17.05.2011 beim Arbeitsgericht in Köln eingegangen ist.

Er hat erstinstanzlich geltend gemacht, ihm stehe Urlaubsabgeltung für insgesamt 45,5 Arbeitstage und damit ein Urlaubsabgeltungsanspruch in Höhe von 5.480,02 € brutto zu. Dieser setze sich zusammen aus einem Abgeltungsanspruch für Resturlaub für das Jahr 2009 im Umfang von 13 Arbeitstagen, die Abgeltung für den kompletten Urlaubsanspruch für das Jahr 2010 im Umfang von 30 Arbeitstagen sowie ein Abgeltungsanspruch für 2,5 Arbeitstage für den letzten Monat des Arbeitsverhältnisses im Januar 2011. Zudem schulde die Beklagte Urlaubsgeld für Oktober bis Dezember 2009 in Höhe von 160,88 € brutto sowie in vollem Umfang für das Jahr 2010 in Höhe von 643,55 € brutto. § 8 Nr. 7 lit.g des Manteltarifvertrages für den Groß- und Außenhandel NRW führe nicht zu einer Reduzierung der Urlaubsansprüche auf den Umfang des gesetzlichen Urlaubs, da die außerordentliche Kündigung gegenüber dem Kläger erst im Jahr 2011 erfolgt sei und daher allenfalls für Ansprüche aus dem Jahr 2011 relevant werden könne. Tarifliche Ausschlussfristen stünden den Ansprüchen des Klägers nicht entgegen. Die Geltendmachung sei bereits zum 01.11.2010 erfolgt, worauf die Beklagte ihrerseits mit Schreiben vom 20.12.2010 geantwortet habe. Ohnehin laufe die Klagefrist von einem Monat im Sinne der tariflichen Ausschussfrist erst ab Erlass des Urteils vom 21.04.2011 in dem Kündigungsschutzprozess bzw. ab dessen Zustellung am 07.06.2011 an den Kläger. Ohnehin sei die Einleitung eines isolierten Zahlungsprozesses zugleich mit der Kündigungsschutzklage nach den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts für den Kläger unzumutbar gewesen. Hinsichtlich der Fälligkeit des Urlaubsgeldanspruchs sei § 2 Nr. 4 des Urlaubsgeldabkommens zu berücksichtigen. Danach sei das Urlaubsgeld vor Urlaubsantritt zu zahlen, woraus zu schließen sei, dass das Urlaubsgeld erst mit dem Urlaubsabgeltungsanspruch für nicht gewährten Urlaub fällig werde.

Der Kläger hat beantragt,

  • 1.

    die Beklagte zu verurteilen, 5.480,02 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit an den Kläger zu zahlen;

  • 2.

    die Beklagte zu verurteilen, 804,43 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit an den Kläger zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Rechtsauffassung vertreten, wonach § 8 Nr. 7 lit.g des Manteltarifvertrages für den Groß- und Außenhandel NRW mit Rücksicht auf die vorsätzliche vom Kläger verschuldete fristlose außerordentliche Kündigung zu einer Reduzierung des Urlaubsanspruchs auf den Umfang des gesetzlichen Urlaubs führe. Daher seien für das...

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