Rechtsmittel zugelassen

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Anspruch auf Fahrtkostenerstattung im Wiedereingliederungsverhältnis

 

Leitsatz (amtlich)

Wird der arbeitsunfähig erkrankte Arbeitnehmer im Wiedereingliederungsverhältnis (§ 74 SGB V) auf einer auswärtigen Baustelle des Arbeitgebers zum Zwecke eines Arbeitsversuchs tätig, so erlangt er gegen den Arbeitgeber keinen Anspruch auf Erstattung der Fahrtkosten gem. § 7 Ziff. 3.1 BRTV Bau. Ein solcher Anspruch ergibt sich ebensowenig aus § 670 BGB.

 

Normenkette

SGB V § 74; BRTV Bau § 7

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Urteil vom 15.04.1997; Aktenzeichen 8 Ca 11397/96)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 28.07.1999; Aktenzeichen 4 AZR 192/98)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 15.04.97 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Köln, Aktenzeichen 8 Ca 11397/96, wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um eine Forderung des Klägers auf Fahrtkostenersatz für die Dauer eines Wiedereingliederungsversuchs.

Der im Jahre 1939 geborene Kläger ist seit dem Februar 1970 als Zimmermann zu einer Vergütung von 24,94 DM pro Stunde bei der Beklagten beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis finden die Tarifverträge für die gewerblichen Arbeitnehmer des Bauhauptgewerbes kraft beiderseitiger Tarifbindung Anwendung.

Seit dem 14.08.1995 ist der Kläger durchgehend arbeitsunfähig erkrankt. In Abstimmung mit der Krankenkasse des Klägers wurde in der Zeit vom 01.07.96 bis 05.07.96 eine Wiedereingliederungsmaßnahme durchgeführt, wobei der Kläger in dem ärztlich empfohlenen Umfang von 4 Stunden täglich auf einer Baustelle in Leverkusen tätig wurde. Diese liegt 73 km von der Wohnung des Klägers entfernt; die Strecke legte der Kläger mit eigenem Kraftfahrzeug zurück.

Mit Schreiben vom 12.07.1996 (Kopie Bl. 54 d.A.) teilte die Beklagte der Krankenkasse des Klägers mit, daß der Kläger von ihr kein Arbeitsentgelt für die Zeit der stufenweisen Wiederaufnahme seiner Tätigkeit erhalte. Der Kläger bezog während dieser Zeit Krankengeld; eine Fahrtkostenabgeltung durch die Krankenkasse erfolgte nicht.

Mit Schreiben vom 02.09.1996 (Kopie Bl. 3 d.A.) machte der Kläger gegenüber der Beklagten Fahrtkostenabgeltung in der rechnerisch unstreitigen Höhe von

125,– DM geltend und erhob mit Eingang am 04.11.1996 Klage hierauf bei dem Arbeitsgericht Aachen, welches den Rechtsstreit an das örtlich zuständige Arbeitsgericht Köln verwiesen hat.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 125,– DM netto nebst 4 % Zinsen seit Klageerhebung zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Arbeitsgericht hat durch Urteil vom 15.04.1997 die Klage abgewiesen und die Berufung zugelassen. Es hat argumentiert, Voraussetzung des Anspruchs sei, daß die Aufwendungen bei und wegen der Ableistung der vertraglich geschuldeten Tätigkeit entstanden seien. Dies sei bei einem Arbeitsversuch während fortbestehender Arbeitsunfähigkeit nicht der Fall. Hierbei handele es sich um ein Rechtsverhältnis eigener Art. Der Kläger habe nur einen freiwilligen Arbeitsversuch unternommen und sei für die Arbeitgeberin nicht einplanbar gewesen, weil diese das Direktionsrecht nicht habe ausüben können. Auch seien die Aufwendungen im Vergleich zur entsprechenden Tätigkeit im Rahmen eines normalen Arbeitsverhältnisses überproportional hoch. Der Mehraufwand liege aber ausschließlich im Interesse des arbeitserprobenden Arbeitsunfähigen.

Der Kläger hat gegen dieses ihm am 20.05.1997 zugestellte Urteil am 20.06.1997 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 20.08.1997 mit am selben Tage eingegangenem Schriftsatz begründet.

Der Kläger hält das arbeitsgerichtliche Urteil für unzutreffend, weil im Wiedereingliederungsverhältnis kein tarifloser Zustand bestehe. Der Kläger habe eine versicherungspflichtige Tätigkeit gem. § 1 III BRTV Bau ausgeübt, und zwar habe er auch gearbeitet. Der Zweck der Arbeitsleistung sei unerheblich; auch wenn er der Rehabilitation diene, sei dies unschädlich. Zwar ruhten die Hauptpflichten, jedoch die Nebenpflichten bestünden, soweit mit dem Zweck der Wiedereingliederung vereinbar. Zu diesen Nebenpflichten aber gehöre auch die Fahrtkostenabgeltung.

Auch sei keine Abänderung des ursprünglichen Arbeitsvertrages für die Zeit der Wiedereingliederungsmaßnahme getroffen worden; eine solche wäre wegen der zwingenden Wirkung gem. § 4 I TVG allerdings auch unwirksam.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 15.04.1997, 8 Ca 11397/96, abzuändern und nach dem Schlußantrag des Klägers in erster Instanz zu entscheiden.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verweist auf die für zutreffend gehaltenen Gründe des erstinstanzlichen Urteils und beruft sich darauf, der Kläger sei gerade nicht von ihr auf eine auswärtige Baustelle entsandt oder beordert worden. Der Arbeitsversuch habe im eigenen Interesse des Klägers gelegen. Dem habe die Beklagte lediglich zugestimmt mit der Einschränkung, daß kein Arbeitse...

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