Entscheidungsstichwort (Thema)

Übergangsversorgung. allgemeiner Gleichheitssatz. Tarifautonomie. mittelbare Benachteiligung wegen Alters. Mittelbare Benachteiligung durch stichtagsbezogene Beschränkung der Erweiterung des persönlichen Geltungsbereichs eines Tarifvertrags

 

Leitsatz (amtlich)

Parallelentscheidung zu 12 Sa 692/11.

 

Leitsatz (redaktionell)

Eine stichtagsbezogene Beschränkung der Erweiterung des persönlichen Geltungsbereichs eines Tarifvertrages bewirkt eine mittelbare Benachteiligung der vor dem Stichtag eingestellten Mitarbeiter wegen des Alters. Das gilt zumindest dann, wenn diejenigen Mitarbeiter, die vor dem Stichtag eingestellt wurden, im Zeitpunkt der unterschiedlichen Behandlung im Durchschnitt erheblich älter waren als diejenigen, die danach eingestellt wurden. Dies gilt insbesondere bei einer Ungleichbehandlung hinsichtlich der Übergangsversorgung.

 

Normenkette

GG Art. 3 Abs. 1, Art. 9 Abs. 3; AGG § 3 Abs. 2, § 7 Abs. 1-2

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Entscheidung vom 31.05.2011; Aktenzeichen 11 Ca 8979/10)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 09.12.2015; Aktenzeichen 4 AZR 684/12)

 

Tenor

Auf die Anschlussberufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 31.05.2011 - 11 Ca 8979/10 - abgeändert und festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger Leistungen der Übergangsversorgung einschließlich der Regelungen zur L o L zu gewähren, die sie aufgrund der Protokollnotiz II. 3. des Änderungs- und Ergänzungstarifvertrages Nr. 4 zum Tarifvertrag Übergangsversorgung für das Cockpitpersonal der D L AG vom 15./16.05.2000 i.d.F. des 3. Ergänzungstarifvertrages vom 20.12.2007 den Cockpitmitarbeitern gewährt, die ihr erstes, dem dortigen Manteltarifvertrag unterliegendes fliegerisches Arbeitsverhältnis im Zeitraum ab dem 01.12.1992 bei CFG begonnen haben und im Rahmen des Tarifvertrages Wechsel und Förderung (TV WeFö) einen Arbeitgeberwechsel zu D vollzogen haben.

Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Frage, nach welchem Tarifvertrag der Kläger eine Übergangsversorgung beanspruchen kann.

Die Beklagte ist eine überregional operierende Fluggesellschaft (D ). Zum Konzern der Beklagten gehörten unter anderem die C F GmbH (im Folgenden: CFG) und die im Jahr 1990 gegründete S , S F mbH (im Folgenden: S ). Der am 1960 geborene Kläger ist Flugkapitän. Sein erstes fliegerisches Arbeitsverhältnis hatte der Kläger mit der L begründet, bevor er seine Tätigkeit bei der G fortsetzte. Zum 01.03.1990 wechselte er als Luftfahrzeugführer zur S . Mit Verschmelzungsvertrag vom 27.08.1992 wurde die S auf die CFG verschmolzen (nach der Verschmelzung im Folgenden: CFG II). Die Eintragungen erfolgten zum 17.09.1992 und 09.02.1993. Das Arbeitsverhältnis des Klägers wurde ab dem 31.08.1992 mit der CFG II fortgesetzt. Mit Wirkung zum 30.10.2008 wechselte der Kläger unter Abschluss eines neuen Arbeitsvertrages zu der Beklagten und ist seitdem bei ihr als Flugzeugführer beschäftigt.

Der Kläger ist Mitglied der Gewerkschaft V C e.V., F a M (VC). Die Beklagte ist Mitglied im Arbeitgeberverband A V H e.V., wobei allerdings zuletzt der Arbeitgeberverband Luftverkehr e.V. (AGLV) die Tarifverträge für die Beklagte abgeschlossen hat.

Seit 1972 werden im Konzern der Beklagten Tarifverträge zur Regelung der Übergangsversorgung für das Cockpitpersonal vereinbart, die neben Leistungen einer Übergangsversorgungsgrundrente auch eine Zusatzrente und eine Rente wegen Flugdienstuntauglichkeit vorsehen. Vor der Verschmelzung der S auf die CFG II galten für die CFG die Tarifverträge für die D . Hierzu zählten insbesondere der Tarifvertrag für die Übergangsversorgung (im Folgenden: TV ÜV D ) und der “Tarifvertrag über den Förderungsaufstieg vom 10.04. bzw. 09.02.1979" (im Folgenden: TV Fö, Anlage B 4, Bl. 78 ff d.A.). Für die S galten diese Tarifverträge nicht.

Im Zuge der Verschmelzung wurden für die CFG II mit der Tarifvereinbarung vom 31.08.1992 eigene Tarifverträge abgeschlossen (Anlage B 7, Bl. 220ff d.A.). Gemäß Art. 1, § 4 Abs. 1 bzw. Art. 1, § 6 Abs. 1 der Tarifvereinbarung vom 31.08.1992 traten der TV Fö und der TV ÜV D am 31.08.1992 ohne Nachwirkung außer Kraft. Für die Übergangsversorgung wurde der “Tarifvertrag Übergangsversorgung Bordpersonal" vom 31.08.1992 abgeschlossen (im Folgenden: TV ÜV CFG, Anlage BB 7, Bl. 447 ff d.A.). Für die Mitarbeiter, die bei der “alten" CFG beschäftigt waren (sog. Alt-C ), galten die tariflichen Regelungen zur Übergangsversorgung bei der Beklagten (D ) weiter. Unter dem 08.12.1992 trafen die A V H e.V. und die D A -Gewerkschaft folgende Vereinbarung (Bl. 455 d.A. in dem Parallelverfahren 12 Sa 692/12):

“1. Mit Wirkung vom 01.12.1992 werden die Mantel- und Vergütungstarifverträge der D und CFG für das Cockpitpersonal nach Maßgabe der anliegenden Arbeitsgruppenergebnisse geändert.

2. (...)"

Darüber hinaus existiert eine “Vereinbarung zur Gestaltung und Umsetzung des Konzer...

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