Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialplan. Auslegung. Ausschluss von Leistungen. gleichwertiger Arbeitsplatz

 

Leitsatz (amtlich)

1. Für die Auslegung eines Sozialplans, dem die Bedeutung einer Betriebsvereinbarung beizumessen ist, finden nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (zuletzt BAG, Urteil vom 22.07.2003 – 1 AZR 496/02 – BAG Report 2003, 334, 335) für die Auslegung von Betriebsvereinbarungen und Sozialplänen wegen ihres aus § 77 Abs. 4 BetrVG folgenden Normcharakters, die Grundsätze der Auslegung von Gesetzen Anwendung.

2. In Anwendung der Grundsätze des Bundesarbeitsgerichts im Urteil vom 22.07.2003 a.a.O. und vom 12.11.2002 – 1 AZR 58/02 – kann eine Verletzung der Grundsätze von Recht und Billigkeit i. S. d. § 75 Abs. 1 Satz 1 BetrVG nur dann angenommen werden, wenn der Sozialplan in erheblicher Weise den Gleichheitssatz gemäß Art. 3 GG missachtet. Der vorläufige und nach 18-monatiger Beschäftigung im Arbeitsverhältnis zu einer befreundeten Institution endgültiger Ausschluss von Sozialplanleistungen des § 1 ist nicht unwirksam gemäß § 75 Abs. 1 Satz 1 BetrVG, insbesondere soweit dieses Arbeitsverhältnis auf Vermittlung des bisherigen Arbeitgebers zustande gekommen ist.

 

Normenkette

GG Art. 3; BGB §§ 133, 157, 242; BetrVG § 75 Abs. 1 S. 1, § 77 Abs. 4

 

Verfahrensgang

ArbG Bonn (Urteil vom 10.07.2003; Aktenzeichen 1 Ca 1015/03)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 22.03.2005; Aktenzeichen 1 AZR 106/04)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bonn vom 10.07.2003 – 1 Ca 1015/03 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

(gem. § 69 ArbGG)

Die Parteien streiten darum, ob dem Kläger aus einem zwischen dem Beklagten und dem Betriebsrat vereinbarten Sozialplan ein Abfindung in Höhe von 37.430,00 EUR zusteht.

Der Kläger trat zum 01.10.1986 in die Dienste der Beklagten als Hausmeister.

Mit Schreiben vom 26.09.2002 kündigte die Beklagte das mit dem Kläger begründete Arbeitsverhältnis zum 31.03.2003 mit Rücksicht auf den Umzug der Geschäftsstelle der Beklagten nach Berlin. Am 30.08.2002 war zwischen der Beklagten und dem bei der Beklagten gewählten Betriebsrat ein Sozialplan geschlossen worden, der in § 4 des Teils C u. a. folgendes regelt:

Vermittlung an befreundete Unternehmen

  1. Mitarbeiter, die auf Vermittlung des B. über einen gleichwertigen Arbeitsplatz bei einer befreundeten Institution im Hause ein neues Arbeitsverhältnis begründet haben, erlangen keine Ansprüche aus diesem Sozialplan.

    Soweit ihr Arbeitsverhältnis aber innerhalb von 18 Monaten durch betriebsbedingte Kündigung des neuen Arbeitgebers endet, erhalten sie nachträglich eine Abfindung gemäß § 1.

  2. Soweit Mitarbeiter auf Vermittlung des B. ein neues Arbeitsverhältnis begründet haben, das keine gleichwertige Tätigkeit umfasst, erhalten sie eine Verdienstsicherung in Höhe eines Differenzbetrages zwischen der beim B. erhaltenen Bruttovergütung, wie sie sich unter Berücksichtigung aller Vergütungszusatzleistungen (insbesondere Überstundenvergütung, Prämien, Zulagen) im Durchschnitt der sechs Monate vor Vertragsbeendigung darstellte und der neuen Vergütung für maximal zwölf Monate. Endet das Arbeitsverhältnis innerhalb von 18 Monaten durch betriebsbedingte Kündigung des neuen Arbeitgebers, erhalten sie nachträglich eine Abfindung gemäß § 1 unter Anrechnung der für die Verdienstsicherung aufgewendeten Leistungen.
  3. Mitarbeiter, die auf Vermittlung des B. das schriftliche Angebot über einen gleichwertigen Arbeitsplatz bei einer befreundeten Institution im Hause nicht innerhalb einer Frist von sechs Tagen annehmen, erhalten unter Ausschluss der Anwendung von § 1 beim Ausscheiden auf Grund betriebsbedingter Kündigung nur eine pauschale Abfindung in Höhe von 3.000,00 EUR. Die vorgenannte Begrenzung gilt nicht, wenn der Mitarbeiter nachweist, dass er zum Zeitpunkt des Angebots bereits ein Arbeitsverhältnis bei einem Drittunternehmen abgeschlossen hat.

Auf Vermittlung der Beklagten schloss der Kläger am 17.03.2003 mit der D. V. d. G. – u. W. e. V. (DVGW) gleichfalls ansässig unter dem seinerzeitigen Sitz der Beklagten einen Arbeitsvertrag als Hausmeister. Tätigkeitsbild und Entgelt entsprechen den zuvor bei der Beklagten vereinbarten Bedingungen.

Die Beklagte lehnte die Zahlung einer Sozialplanabfindung unter Hinweis auf § 4 des Teils C Ziffer 1 des Sozialplans ab.

Der Kläger ist der Auffassung, ein gleichwertiger Arbeitsplatz im Sinne dieser Vorschrift sei nur dann gegeben, wenn arbeitsvertraglich durch den neuen Arbeitgeber die Betriebszugehörigkeit bei der Beklagten angerechnet werde. Zudem sei im Rahmen der Sozialplanverhandlungen vor Unterzeichnung des Sozialplans von Seiten des Arbeitgebervertreters auf Befragen des Betriebsrats erklärt worden, ein gleichwertiger Arbeitsplatz sei nur dann gegeben, wenn gleiche Tätigkeit, gleiche Vergütung und gleicher Bestandsschutz vereinbart würden.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen, da es nach Auslegung des Sozialplans zu dem Ergebnis gelangt ist, Sozialplanan...

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