Entscheidungsstichwort (Thema)

Eingruppierung. Feststellungsantrag

 

Leitsatz (amtlich)

Sachbearbeiter in der Schadenabteilung einer Rechtsschutzversicherung sind nicht Arbeitnehmer im „Bereich Recht” sondern im Bereich der Schadens – und Vertragsbearbeitung der Versicherung

 

Normenkette

MTV privates Versicherungsgewerbe § 4; ZPO § 256; BetrVG § 99

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Beschluss vom 08.05.2003; Aktenzeichen 1 BV 82/02)

 

Nachgehend

BAG (Beschluss vom 22.06.2005; Aktenzeichen 10 ABR 34/04)

 

Tenor

Die Beschwerde des Beteiligten zu 2 gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 08.05.2003 – 1 BV 82/02 – wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Mit den im Beschwerdeverfahren verfolgten Feststellungsanträgen erstrebt der Antragsteller die allgemeine Feststellung eines Eingruppierungsrahmens, der bei Eingruppierungsverfahren nach § 99 Abs. 1 BetrVG seitens der Arbeitgeberin beachtet werden soll.

Die Arbeitgeberin ist eine Rechtsschutzversicherung, der Antragsteller der bei ihr gebildete Betriebsrat. Die Eingruppierungsentscheidungen bezüglich der beschäftigten Arbeitnehmer sind auf Grund des Manteltarifvertrages für das private Versicherungsgewerbe zu treffen, den die Arbeitgeberin auf alle Arbeitsverhältnisse anwendet.

Bis ca. zum Jahre 1995 hat die Arbeitgeberin Sachbearbeiter in der Schadenssachbearbeitung der Rechtsschutzversicherung in die Gehaltsgruppe VII des § 4 Abs. 1 MTV eingruppiert. In der Folgezeit ist sie dazu übergegangen, die Eingruppierung neu eingestellter Arbeitnehmer niedriger vorzunehmen. Neu eingestellte Arbeitnehmer werden nunmehr überwiegend in Tarifgruppe V des oben genannten MTV eingruppiert. Dies gilt auch dann, wenn die Arbeitnehmer zwei juristische Staatsexamina vorweisen können, aber keinerlei Erfahrung im Bereich der Rechtsschutzversicherung mitbringen.

Die Tätigkeit eines Sachbearbeiters in der Rechtsschutzversicherung beinhaltet drei Aufgabengebiete. Zum einen muss geklärt und festgestellt werden, welche Rechtsschutzversicherungsbedingungen auf den Rechtsschutzantrag anwendbar sind. Hier führen die unterschiedlichen Rechtsschutzbedingungen und Vertragsvarianten dazu, dass bis zu 150 verschiedene Vertragsmodelle für Rechtsschutz bestehen. Weiterhin gehört zur sachbearbeitenden Tätigkeit die kursorische Prüfung der Erfolgsaussichten. Nach Abschluss des Rechtsstreits muss der Sachbearbeiter auf Grundlage der gesetzlichen Bestimmungen (BRAGO) die anwaltlichen Abrechnungen überprüfen. Der Schwerpunkt der Tätigkeiten liegt in der Beurteilung, ob überhaupt ein Versicherungsfall vorliegt, ob der Rechtsschutzfall zeitlich und inhaltlich in den abgesicherten Vertrag fällt und ob vertragliche Hindernisse bzw. Risikoausschlüsse und Ähnliches der Regulierung entgegenstehen. Ein selbstständig arbeitender Sachbearbeiter bearbeitet täglich zwischen 50 und 60 Akten. Er muss ungefähr 3100 Neuzugänge an Rechtsschutzfällen pro Kalenderjahr verantworten. Ein Sachbearbeiter in der Einarbeitungszeit, der keine Vorkenntnisse des Versicherungsvertrags- und Kostenrechts hat, erhält ein Dezernat zugeteilt, welches sich zu Beginn der Einarbeitung auf 1/10 des regelmäßigen Dezernats beläuft. Er erhält einen Ausbilder zugeteilt, mit dem die Schadensvorgänge besprochen werden und der die Entscheidungsverantwortung trägt.

Die Gehaltsgruppen des einschlägigen Tarifvertrages lauten wie folgt:

Gehaltsgruppe V

Tätigkeiten, die gründliche und vielseitige Fachkenntnisse voraussetzen, wie sie durch mehrjährige einschlägige Erfahrungen erworben werden, oder Tätigkeiten, die umfassende theoretische Kenntnisse erfordern.

Beispiele:

  • Antrags- und Vertragssachbearbeitung mit erhöhten Anforderungen
  • Schadens- und Leistungssachbearbeitung mit erhöhten Anforderungen
  • Sachbearbeitung im Bereich Steuer und Recht

Gehaltsgruppe VI

Tätigkeiten, die besonders gründliche und besonders vielseitige Fachkenntnisse erfordern, oder Tätigkeiten, die den Anforderungen der Gehaltsgruppe V entsprechen und mit besonderer Entscheidungsbefugnis verbunden sind. Dem gleichzusetzen sind Tätigkeiten, die gründliche und vielseitige Fachkenntnisse erfordern.

  • Qualifizierte Antrags- und Vertragssachbearbeitung
  • qualifizierte Schadens- und Leistungssachbearbeitung
  • Sachbearbeitung im Bereich Steuer und Recht mit erhöhten Anforderungen

Gehaltsgruppe VII

Tätigkeiten, die hohe Anforderungen an das fachliche Können stellen und mit erweiterter Fach- und Führungsverantwortung verbunden sind.

Beispiele:

  • besonders qualifizierte Antrags- und Vertragssachbearbeitung
  • besonders qualifizierte Schadens- und Leistungssachbearbeitung
  • qualifizierte Sachbearbeitung im Bereich Steuer und Recht

Der Antragsteller ist der Ansicht, dass für neu eingestellte Mitarbeiter in der Schadenbearbeitung von Rechtsschutzversicherungen die Vergütungsgruppen I bis V des Tarifvertrages nicht anwendbar seien. Aus dem Zusammenhang des Tarifvertrages ergebe sich, dass Tätigkeiten im Bereich Steuer und Recht von vornherein jeweils eine Vergütungsgruppe höher anzusiede...

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