Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechtsweg. Kündigungsschutzklage. Schlüssigkeitstheorie. Beweiserhebungstheorie

 

Leitsatz (amtlich)

1 Für die Entscheidung des Antrags „festzustellen, daß das Dienstverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom … nicht aufgelöst ist” ist der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten auch dann gegeben, wenn die Arbeitnehmereigenschaft des Klägers bestritten ist, sofern die Klagebegründung ergibt, daß mit „Dienstverhältnis” ein Arbeitsverhältnis gemeint ist.

2. Das gilt auch für den Fall, daß es sich bei der angegriffenen Kündigung um eine fristlose handelt – jedenfalls wenn der Arbeitnehmerstatus vom Kläger schlüssig vorgetragen wird.

 

Normenkette

GVG § 17a; KSchG § 4; ArbGG § 2 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Beschluss vom 19.01.1996; Aktenzeichen 2 Ca 442/95)

 

Nachgehend

BAG (Beschluss vom 10.12.1996; Aktenzeichen 5 AZB 20/96)

 

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde des Beklagten gegen den Rechtswegbeschluß des Arbeitsgerichts Köln vom 19. Januar 1996 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die sofortige weitere Beschwerde wird zugelassen.

 

Tatbestand

I. Der Kläger erhebt gegen den Beklagten Kündigungsschutzklage mit dem Antrag

festzustellen, daß das Dienstverhältnis der Parteien durch die fristlose außerordentliche Kündigung vom 03. Januar 1995, zugegangen am 04. Januar 1995, nicht beendet worden ist, sondern ungekündigt fortbesteht.

Der Kläger stand seit 1959 in den Diensten des beklagten Vereins, zunächst als Angestellter im Arbeitsverhältnis. Im Jahre 1970 wurde er zum Stellvertreter des Geschäftsführers ernannt. Nach der im Oktober 1977 neu gefaßten Satzung des Beklagten besteht sein Vorstand aus dem Vorsitzenden des Verwaltungsrats und der Geschäftsführung sowie aus deren Stellvertreter. Damit wurde der Kläger zum Vorstandsmitglied und als Organ im Vereinsregister eingetragen. Unter dem 09.10.1992 schlossen die Parteien einen „Geschäftsführervertrag”, der bis zum 31.12.1995 befristet war (Bl. 14 ff.). Zum Ende des Jahres 1993 beendete der Kläger seine bisherige Tätigkeit für den Beklagten einvernehmlich (Bl. 22), bezog aber weiterhin Gehalt. Die Beendigung seiner Organstellung wurde im Jahre 1994 registerlich eingetragen. Unter dem 03. Januar 1995 kündigte der Beklagte fristlos. Hiergegen richtet der Kläger unter Berufung auf das Kündigungsschutzgesetz die vorliegende Kündigungsschutzklage. Er beruft sich darauf, sein ursprünglicher Arbeitnehmerstatus sei trotz späterer Einnahme einer Organstellung erhalten geblieben; das ruhende Arbeitsverhältnis sei mit Beendigung dieser Stellung wieder aufgelebt. Dem widerspricht der Beklagte und hält den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen nicht für gegeben.

Das Arbeitsgericht Köln hat sich mit Beschluß vom 19.01.1996 für sachlich zuständig erklärt. Der Beschluß wurde dem Beklagten am 09.02.1996 zugestellt. Gegen ihn richtet er die vorliegende sofortige Beschwerde, die am 21.02.1996 beim Arbeitsgericht eingegangen ist. Beide Parteien verfolgen ihre erstinstanzlichen Rechtsstandpunkte weiter.

 

Entscheidungsgründe

II. Über die sofortige Beschwerde war vom Landesarbeitsgericht gemäß § 17 a Abs. 4 Satz 3 GVG ohne Hinzuziehung der ehrenamtlichen Richter zu entscheiden (BAG, Beschluß vom 10.12.1992 – 8 AZB 6/92).

Die sofortige Beschwerde ist gemäß § 17 a Abs. 4 Satz 3 GVG an sich statthaft und zulässig. Sie ist fristgerecht (§ 577 Abs. 2 ZPO) eingelegt worden.

Sie hatte in der Sache keinen Erfolg. Der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen ist zulässig, ohne daß es auf die Frage ankommt, ob der Kläger mit seiner Rechtsbehauptung, Arbeitnehmer zu sein, Recht hat. Der Kläger erhebt nämlich ausdrücklich und erklärtermaßen eine Feststellungsklage, mit der die Fortdauer eines Dienstverhältnisses festgestellt werden soll, das er für ein Arbeitsverhältnis hält; dabei stützt er sich ausdrücklich auf das Kündigungsschutzgesetz. Zur Entscheidung eines solchen Streits sind allein die Arbeitsgerichte berufen. Ein ordentliches Gericht kann nicht die Fortdauer eines Arbeitsverhältnisses feststellen.

Rechtlich folgt dies aus § 4 S. 1 KSchG: Danach ist nämlich eine Kündigungsschutzklage „beim Arbeitsgericht” zu erheben. Dem Kläger, der ausdrücklich eine arbeitsrechtliche Kündigungsschutzklage erheben will, würde der Rechtsschutz verweigert, wenn sich gerade das Gericht, das ihm das Gesetz für diese Klage benennt, für nicht zuständig erklären würde. Demgemäß kann auch nicht das Landgericht das zuständige Gericht sein, weil es nicht über Bestehen oder Nicht-Bestehen eines Arbeitsverhältnisses zu befinden hat und damit auch nicht über dessen Fortdauer.

In diesem Licht muß zwangsläufig § 2 Abs. 1 Nr. 3 b ArbGG ausgelegt werden:

Es liegt eine bürgerliche Rechtsstreitigkeit „über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Arbeitsverhältnisses” vor. Aber auch die in Nr. 3 a.a.O. vorangeschickte Voraussetzung – daß es sich nämlich um eine Rechtsstreitigkeit „zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern” handeln muß, ist als erfüllt zu unterstellen. Dies ist nämlich im Fal...

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