Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechtsstellung eines Arbeitnehmers hinsichtlich der Fassung des Arbeitszeugnisses. Anspruch auf gesonderte Erwähnung der "Ehrlichkeit"

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Ein Arbeitnehmer hat jedenfalls dann einen Anspruch auf gesonderte Erwähnung von "Ehrlichkeit" im Zeugnis, wenn branchenüblich davon ausgegangen wird, dass das Fehlen der Erwähnung der "Ehrlichkeit" des Arbeitnehmers auf eine Unredlichkeit hinweist.

2. Der Verdacht eines vorsätzliche untreuen Verhaltens des Arbeitnehmers rechtfertigt es nicht, im Arbeitszeugnis die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens zu erwähnen, wenn der Arbeitgeber den Nachweis einer Straftat nicht führen kann.

3. Im Prozess um die Fassung eines Arbeitszeugnisses trägt der Arbeitgeber die Darlegungs- und Beweislast für diejenigen Umstände, wegen derer er von einer Ehrlichkeitsaussage absehen will.

 

Normenkette

GewO § 109

 

Verfahrensgang

ArbG Bochum (Entscheidung vom 20.06.2018; Aktenzeichen 3 Ca 338/18)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des ArbG Bochum vom 20.06.2018 - 3 Ca 338/18 - teilweise abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger ein Zeugnis Zug-um-Zug gegen Herausgabe des unter dem 31.10.2017 erteilten Zeugnisses entsprechend dem unter dem 31.10.2017 erstellten Zeugnis zu erteilen, jedoch mit folgender Ergänzung:

Der vorletzte Satz des unter dem 31.10.2017 erstellten Zeugnisses muss wie folgt um das Wort "ehrlich" ergänzt werden: "Er war ehrlich, fleißig, pünktlich und zuverlässig."

Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Kosten des Verfahrens erster Instanz tragen der Kläger und die Beklagte je zur Hälfte.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten im Berufungsverfahren noch darüber, ob die Beklagte in das Zeugnis des Klägers vom 31.10.2017 das Wort "ehrlich" einfügen muss.

Der Kläger war in der Zeit vom 10.05.2010 bis zum 31.10.2017 bei der Beklagten beschäftigt, zuletzt als Verkaufsstellenverwalter in der Filiale Istraße in C, in welcher er seit dem 13.01.2016 eingesetzt wurde. Sein durchschnittliches Bruttomonatsgehalt einschließlich Nebenleistungen betrug zuletzt 4.552,17 €. Der Kläger kündigte das Arbeitsverhältnis durch Schreiben vom 23.08.2017 mit Wirkung zum 31.10.2017. Nach Übergabe des Kündigungsschreibens an die Beklagte am 24.08.2017 wurde der Kläger von diesem Tag an von der Pflicht zur Erbringung der Arbeitsleistung freigestellt. Unter dem 24.08.2017 erteilte die Beklagte dem Kläger ein Zwischenzeugnis (Bl. 7, 8 GA), dessen vorletzter Satz lautet:

"Er ist ehrlich, fleißig, pünktlich und zuverlässig."

Unter dem 31.10.2017 erteilte die Beklagte dem Kläger ein Abschlusszeugnis. Dort fehlte das Wort "ehrlich". Auf anwaltliche Aufforderung erteilte die Beklagte dem Kläger Anfang 2018 auf dessen Wunsch ein in Teilen korrigiertes Arbeitszeugnis mit Ausstellungsdatum 31.10.2017. Dieses enthielt nach wie vor keinen Ehrlichkeitsvermerk.

Nach der klägerseits bestrittenen Darstellung der Beklagten sei nach dem Ausscheiden des Klägers durch einen Hinweis aus der Belegschaft bekannt geworden, dass es in der Filiale Istraße in C zu erheblichen Mitarbeiterdiebstählen gekommen sei. Im Rahmen von Mitarbeiterbefragungen, so die vom Kläger bestrittene Darstellung der Beklagten weiter, hätten mehrere Personen übereinstimmend berichtet, dass es seit Ende 2015 / Anfang 2016 in der Verkaufsstelle C, Istraße zu erheblichen Diebstählen gekommen sei, auch der Kläger sei daran beteiligt gewesen.

Unstreitig existiert eine handschriftliche Erklärung der Mitarbeiterin I1 mit Datum vom 16.12.2017 (Bl. 22 GA):

"Ich habe Ware ohne zu bezahlen genommen heute den 16.12.17. Ich habe dies ein paar Mal gemacht. Ich habe Lebensmittel & B Aktuell genommen.

Mitgemacht haben

Frau E

Lebensmittel, B Aktuell

Frau S

Lebensmittel, B Aktuell

Herr N

Lebensmittel, B Aktuell

Frau C1

Lebensmittel, B Aktuell

Herr L

Elektronik, B Aktuell

Herr F

Elektronik, B Aktuell

Herr F1

Elektronik, B Aktuell

Frau I2

Lebensmittel, B Aktuell

(...)"

Mit der am 01.03.2018 bei dem Arbeitsgericht Bochum erhobenen Klage hat der Kläger die Beklagte auf Zeugnisberichtigung in Anspruch genommen.

Der Kläger hat behauptet, die Beklagte habe aus nicht nachvollziehbaren Gründen den Ehrlichkeitsvermerk im Abschlusszeugnis weggelassen. Jedoch sei die Beklagte an das Zwischenzeugnis vom 24.08.2017 gebunden. Wichtige Gründe für eine Abänderung im Abschlusszeugnis lägen nicht vor. Es sei zudem kein Grund ersichtlich, weshalb die übliche Schlussformel im Abschlusszeugnis weggelassen worden sei, zumal unstreitig er, der Kläger, das Arbeitsverhältnis aufgekündigt habe. Die Mitarbeiterin I1 habe ihn nicht in einem Gespräch des Diebstahls bezichtigt. Die ebenfalls einvernommene Mitarbeiterin U habe ihn nicht beschuldigt (Beweis: U). Die Mitarbeiterin I1 habe die vorgelegte schriftliche Erklärung nicht aus freien Stücken sondern nur auf hartnäckiges Insistieren der Beklagten unterzeichnet (Beweis: I1). Er habe im Zeitraum von Ende 2015 bis Anfang 2016 keine Diebstähl...

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