Entscheidungsstichwort (Thema)

Auslegung des Arbeitsvertrages eines angestellten Versicherungsvertreter hinsichtlich der Provisionen bei Verlängerung eines Sachversicherungsvertrages

 

Leitsatz (amtlich)

Wird in einer Allgemeinen Geschäftsbedingung als Voraussetzung für eine Provision geregelt, dass diese für eine Verlängerung eines Sachversicherungsvertrages über einen Kündigungstermin hinaus demjenigen Vermittler zusteht, der den Kunden zu diesem Zeitpunkt betreut, handelt es sich um eine erfolgsabhängige Vergütung und nicht um eine Bestandspflegeprovision, welche für die Betreuung des Kunden nach der Verlängerung tätigkeitsbezogen gewährt wird.

 

Normenkette

BGB §§ 305 ff.; HGB §§ 60 ff.; HGB §§ 65 ff.; HGB §§ 87 ff.

 

Verfahrensgang

ArbG Dortmund (Entscheidung vom 29.04.2016; Aktenzeichen 10 Ca 3550/15)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Dortmund vom 29.04.2016 (10 Ca 3550/15) abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 10.132,03 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Mai 2015 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 46,3 %, die Beklagte zu 53,7 %.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über restliche Provisionsansprüche des Klägers aus einem beendeten Arbeitsverhältnis.

Der Kläger war seit 1976 bis zum 31. Januar 2015 (Eintritt in den Ruhestand) bei der beklagten Versicherungsgesellschaft als angestellter Versicherungsvertreter auf der Grundlage eines schriftlichen Anstellungsvertrages vom 7. November 2008 (wegen der Einzelheiten vgl. Anlage A1 zur Klageschrift, Bl. 4 ff. d. A.) beschäftigt. Sein Aufgabengebiet umfasste nach § 2 Nr. 3 Arbeitsvertrag unter anderem die Akquisition von neuen Geschäftsverbindungen und die Pflege, Betreuung und den Ausbau bestehender Geschäftsverbindungen. Auf das Arbeitsverhältnis fanden gemäß § 21 Nr. 3 Arbeitsvertrag die Bestimmungen der für den Werbeaußendienst geltenden Tarifverträge für die private Versicherungswirtschaft Anwendung.

Der Kläger erhielt als Vergütung Provisionen. Im Vertrag heißt es hierzu u. a.:

§ 5

Übersicht über die Bezüge und Vorauszahlungen

Der Mitarbeiter erhält folgende Brutto-Bezüge/Vorauszahlungen:

- ein verrechenbares Gehalt und andere verrechenbare Bezüge nach Maßgabe des § 6 Abs. 1 sowie Aufwendungsersatz nach Maßgabe des § 6 Abs. 2,

- Provisionen nach Maßgabe der §§ 7 und 10 sowie die darauf zu zahlenden Vorauszahlungen nach Maßgabe des § 8,

- eine Bonifikation ...

- sonstige Bezüge/Leistungen wie z. B. Krankheitsausgleich und Handypauschale.

§ 6

Verrechenbare Bezüge und Aufwendungsersatzleistungen

1. Verrechenbare Bezüge nach diesem Anstellungsvertrag sind:

a) das monatliche Gehalt in Höhe von € 3.100,00 brutto einschließlich des tariflichen Mindesteinkommens gemäß den Bestimmungen für die Angestellten des Werbeaußendienstes (Manteltarifvertrag für das private Versicherungsgewerbe, Teil III), das jeweils zum Monatsende zahlbar und bargeldlos zu überweisen ist,

b) Sonderzahlungen/Sonderleistungen (Urlaubs- und Weihnachtsgeld),

c) der Urlaubsausgleich für Zeiten des Erholungsurlaubs gemäß § 22 Manteltarifvertrag.

2. Verrechenbare Aufwendungsersatzleistungen nach diesem Anstellungsvertrag sind:

a) eine Spesenpauschale in Höhe von € 153,00 brutto,

b) eine Fahrtkostenpauschale in Höhe von € 300,00 brutto,

die jeweils zum Monatsende zahlbar und bargeldlos zu überweisen sind.

Die oben genannten Aufwendungsersatzleistungen sind keine unveränderlichen Bestandteile dieses Anstellungsvertrags. ...

§ 7

Provision und erwirtschaftete Provisionsgutschriften

1. Im Laufe des Kalenderjahres werden dem Mitarbeiter für die von den Kunden zu zahlenden Prämien aus seinem Bestand der Sachversicherung (inklusive von dem Mitarbeiter im Kalenderjahr akquirierter Neukunden, inkl. Vertragsstornierungen, sowie Mehr- oder Minderprämien) sowie für seine Neugeschäftsproduktion Leben, Kranken, Fonds und sonstige Produkte tatsächlich erwirtschaftete Provisionsgutschriften gutgeschrieben. Provisionsgutschriften werden wieder ausgebucht, wenn der Kunde die Prämie nicht bezahlt. Provisionsgutschriften, insbesondere deren Höhe, werden in der jeweils aktuellen Version der Provisions- und Bonifikationsbestimmungen Außendienst (PBA) näher erläutert (s. Anlage Teil B, Nr. 1, 2. und 3. Kapitel).

2. Der jährliche Provisionsanspruch wird im Rahmen einer Provisionsabrechnung nach Vorliegen des Produktionsergebnisses des Mitarbeiters von Januar-Dezember eines jeden Kalenderjahres ermittelt. Im Rahmen dieser Provisionsabrechnung werden von der Summe aller tatsächlich erwirtschafteten Provisionsgutschriften die insgesamt im Kalenderjahr tatsächlich gezahlten verrechenbaren Bezüge und Aufwendungsersatzleistungen gem. § 6 dieses Anstellungsvertrags verrechnet/abgezogen. Ergibt sich aus dieser Verrechnung ein Positivsaldo, so wird dieser als Provision bezeichnet. Ergibt sich aus dieser Verrechnung ein Negativsaldo, so wird dieser mit einer etwaigen Bonifik...

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