Entscheidungsstichwort (Thema)

Jubiläumsgeld. Betriebsübergang. Anrechnung von Dienstzeiten. Vertragsauslegung

 

Leitsatz (amtlich)

Gewährt der Arbeitgeber den Arbeitnehmern in Abhängigkeit von der Dauer der Dienstzeit ein Jubiläumsgeld, so findet im Falle des Betriebsübergangs keine Anrechnung der beim Betriebsveräußerer zurückgelegten Dienstzeit statt (im Anschl. an BAG NZA 2007,1426 ff). Soll hiervon abweichend eine Anrechnung erfolgen, so bedarf es hierzu ihrer zweifelsfreien vertraglichen Regelung.

 

Normenkette

BGB §§ 611, 613a

 

Verfahrensgang

ArbG Bielefeld (Urteil vom 06.07.2010; Aktenzeichen 1 Ca 3998/09)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 06.07.2010 – 1 Ca 3998/09 – wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Zahlung einer Jubiläumszuwendung und hierbei um die Frage, inwiefern die beim Rechtsvorgänger der Beklagten zurückgelegte Beschäftigungszeit nach Arbeitsvertrag und Inhalt der Jubiläumszuwendungsrichtlinie bei der Anspruchsberechtigung zu berücksichtigen ist.

Der im Jahre 1953 geborene Kläger trat aufgrund schriftlichen Arbeitsvertrages mit Wirkung vom 01.10.1969 in den Betrieb der Firma P1 Autohaus in B2 P2 ein. Mit Wirkung vom 01.06.2001 übernahm die Beklagte den Betrieb des Autohauses im Wege des Betriebsübergangs.

Während bei der Fa. P1 A1 eine Zahlung von Jubiläumszuwendungen nicht geregelt oder üblich war, sieht die bei der Beklagten geltende Richtlinie über die Gewährung einer Jubiläumszuwendung (Bl. 26 d. A.) folgende Regelung vor:

1. Folgende Jubiläumszuwendungen werden gewährt:

bei 25-jährigem Dienstjubiläum

1 Monatsverdienst + 105,– EUR

bei 40-jährigem Dienstjubiläum

2 ½ Monatsverdienste + 105,– EUR

bei 50-jährigem Dienstjubiläum

3 ½ Monatsverdienste + 105,– EUR

Der mit dem Kläger aus Anlass des Betriebsübergangs geschlossene Arbeitsvertrag (Bl. 4 ff. d. A.) enthält unter Nr. 13 folgende Regelung:

Im Übrigen gelten die gesetzlichen und tariflichen Bestimmungen, die Arbeitsordnung und die sonstigen Betriebsvereinbarungen, die Richtlinien sowie die Anweisungen der Firma in der jeweiligen Fassung.

Weiter heißt es unter Nr. 15:

Eintrittsstichtag

Als Eintrittsstichtag gilt der 01.10.1969 und für die betriebliche Altersvorsorge der 01.06.2001.

Durch Urteil vom 06.07.2010 (Bl. 30 ff. d. A.), auf welches wegen des weiteren erstinstanzlichen Parteivorbringens und der Fassung der Anträge Bezug genommen wird, hat das Arbeitsgericht das Zahlungsbegehren des Klägers abgewiesen. Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt worden, die bei der Fa. P1 A1 zurückgelegte Beschäftigungszeiten seien für den mit der Klage verfolgten Anspruch auf Gewährung eines Jubiläumsgeldes nicht zu berücksichtigen. Bei der Gewährung des Jubiläumsgeldes komme es ersichtlich darauf an, dass mit der gewährten Zuwendung die Treue zum Betrieb des Arbeitgebers und nicht zu einem dritten Unternehmen honoriert werden solle. Da beim früheren Arbeitgeber eine entsprechende Regelung nicht bestanden habe und sich aus § 613 a Abs. 1 BGB allein ein Eintritt in bestehende vertragliche Verpflichtungen ergebe, führe auch das Vorliegen eines Betriebsübergangs zu keinem anderen Ergebnis. Auch aus der Regelung in Nr. 15 des Arbeitsvertrages ergebe sich nichts anderes, da diese im Zweifel allein im Sinne einer deklaratorischen Klarstellung verstanden werden könne. Für eine Auslegung der Klausel in dem Sinne, dass der Kläger so behandelt werden solle, als ob er die gesamte Zeit seiner Beschäftigung bei der Beklagten zurückgelegt hätte, seien demgegenüber ausreichende Anhaltspunkte nicht ersichtlich.

Mit seiner rechtzeitig eingelegten und begründeten Berufung hält der Kläger unter Wiederholung und Vertiefung seines Vorbringens am Klagebegehren fest

und beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 06.07.2010 – 1 Ca 3998/09 – abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 16.403,60 EUR brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 28.11.2009 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Berufung des Klägers bleibt ohne Erfolg.

I. Zutreffend hat das Arbeitsgericht erkannt, dass dem Kläger die geltend gemachte Jubiläumszahlung unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zusteht. Die mit der Berufung vorgetragenen Gesichtspunkte rechtfertigen keine abweichende Beurteilung.

1. Die arbeitsvertraglich in Bezug genommene Jubiläumsgeld-Richtlinie enthält keine ausdrückliche Regelung darüber, inwiefern bei der Bestimmung des Zeitpunkts, zu welchem das maßgebliche „Dienstjubiläum” zurückgelegt ist, Beschäftigungszeiten zu berücksichtigen sind, welche nicht beim derzeitigen, sondern im Falle des Betriebsübergangs bei einem früheren Arbeitgeber zurückgelegt worden sind.

Entgegen der Auffassung des Klägers liegt hierin keine nicht zu behebende Unklarheit, welche zur Folge hätte, dass im Zweifel die für den Kläger günstige Auslegung zu wählen wäre. Vielmehr ergibt die verständige Ausleg...

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