Entscheidungsstichwort (Thema)

Eingruppierung eines Rettungsassistenten bei kombinierter Tätigkeit in Leitstelle und Rettungswache

 

Leitsatz (amtlich)

1. Unter Rettungsleitstellen i.S.d. TV v. 30.09.1992 für Rettungsassistenten und Rettungssanitäter werden ständig besetzte Einrichtungen zur Aufnahme von Meldungen sowie zum Alarmieren, Koordinieren und Lenken des Rettungsdienstes verstanden. Als Rettungsleitstelle ist diejenige Stelle anzusehen, bei welcher der Notruf 112 ankommt und die daraufhin die jeweiligen angezeigten Notfallmaßnahmen auslösen muß.

2. Rettungsdienstassistenten, die nicht ausschließlich in der Leitstelle, sondern dort nur etwas über 8 Stunden tätig sind, während sie in der restlichen Zeit von ca. 16 Stunden im Bereitschaftsdienst auf den Notdienstfahrzeugen der angeschlossenen Rettungswache eingesetzt werden, sind eingruppierungsrechtlich zu mehr als 50% der Gesamtarbeitszeit in der Rettungsleitstelle tätig. Dies erhellt sich aus folgenden Überlegungen:

a) Hält sich der Arbeitgeber an die tariflichen Vorgaben für die Anordnung von Bereitschaftsdienst, dann ist davon auszugehen, daß in dem angeordneten Bereitschaftsdienst der Rettungsdienstassistenten erwartungsgemäß nicht mehr als 49% Arbeit anfällt. Das bedeutet, daß bei einer maximal Bereitschaftsdienstzeit von 16 Stunden die tatsächliche Arbeitszeit höchstens 7,84 Stunden beträgt und damit stets unter 8 Stunden liegt. Die Zeit in der Rettungsleitstelle liegt aber stets bei mindestens 8 Stunden in der 24-Stunden-Schicht und macht damit über 50% der Gesamtarbeitszeit aus.

b) Bei tarifgerechtem Handeln des Arbeitgebers braucht der Rettungsdienstassistent keine detaillierte Arbeitszeiterfassung vorlegen, sondern kann darauf verweisen, daß die Bereitschaftsdienstzeit die Arbeitszeit in der Rettungsleitstelle schon rein rechnerisch nicht übersteigen kann. Der öffentliche Arbeitgeber muß im Rahmen seiner Gegendarlegungslast dartun, daß die Bereitschaftsdienstzeit von 16 Stunden wegen der tatsächlich anfallenden Arbeitszeit mit mehr als 8 Stunden zu bewerten sei, denn nur dann läge die Arbeitszeit in der Rettungsleitstelle unter 50%.

 

Normenkette

VergGr. VIb Fg. 1+3 BAT-VkA; VergGr. Vc Fg. 2 BAT-VkA (Rettungsassistenten und Rettungssanitäter); BAT/VKA § 15 Abs. 6a Unterabs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Herne (Entscheidung vom 30.10.1998; Aktenzeichen 1 Ca 4361/97)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 29.11.2001; Aktenzeichen 4 AZR 736/00)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Herne vom 30.10.1998 (1 Ca 4361/97) teilweise abgeändert:

Der Beklagte zu 1) wird verurteilt, ab Dezember 1996 bis einschließlich Juni 1997 an den Kläger die Vergütungsdifferenz zwischen der VergGr. VIb BAT und VergGr. Vc BAT zu errechnen und nachzuzahlen.

Die Beklagte zu 2) wird verurteilt, ab Juli 1997 an den Kläger die Vergütung nach VergGr. Vc BAT nachzuzahlen und künftig zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits haben die beiden Beklagten je zu ½ zu tragen.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 17.439,76 DM festgesetzt.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die richtige Eingruppierung und Vergütungsnachzahlung.

Der Beklagte zu 1) ist der in der Rechtsform des eingetragenen Vereins organisierter Kreisverband C…….-R………. des D……….. R…… K………. Bei ihm war der am 28.11.1956 geborene, verheiratete Kläger seit dem 01.04.1980 zunächst als Krankenpflegehelfer beschäftigt. Nach § 2 des schriftlichen Arbeitsvertrages vom 21.06.1983 regelt sich das Anstellungsverhältnis nach dem Bundesangestellten-Tarifvertrag (BAT) in der jeweils gültigen Fassung. Der Kläger ist nach VergGr. VII BAT/VkA vergütet worden. Am 27.11.1990 verlieh der Oberkreisdirektor des Kreises R……………… dem Kläger die Erlaubnis zur Führung der Berufsbezeichnung „Rettungsassistent”. Als solcher war der Kläger in der Rettungswache C…….-R………. eingesetzt und erhielt eine Vergütung nach VergGr. VIb BAT/VkA.

Diese Rettungswache ist mit Wirkung vom 01.07.1997 von der Beklagten zu 2) übernommen worden. Es handelt sich hier um eine Rettungswache mit Rettungsleitstelle. Brandschutz und Rettungsdienst werden von hier aus für das Stadtgebiet C…….-R………. gemeinsam koordiniert. Die eingesetzten Rettungsassistenten – darunter der Kläger – sind pro Schicht über 8 Stunden in der Leitstelle und die restlichen fast 16 Stunden im Bereitschaftsdienst auf den Rettungsfahrzeugen eingesetzt. Die Kreisleitstelle befindet sich in R………-……… .

Am 01.10.1992 trat der Tarifvertrag vom 30.09.1992 zur Änderung der Anlage 1a zum BAT in Kraft, durch dessen § 2 für Rettungsassistenten und Rettungssanitäter unter anderen folgende Tätigkeitsmerkmale in die Vergütungsordnung eingefügt worden sind:

Vergütungsgruppe VIII Rettungssanitäter mit entsprechender Tätigkeit sowie sonstige Angestellte, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten ausüben.

Vergütungsgruppe VII

1. Rettungsassistenten mit entsprechender Tätigkeit.

2. Rettungssanitäter mit entsprechender Tätigkeit sowie sonstige A...

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