Entscheidungsstichwort (Thema)

unsubstantiiert gebliebener Mobbingvorwurf. Einschlägigkeit der Abmahnung: Pflichtwidrigkeit aus demselben Bereich bzw. innerer Zusammenhang zwischen Abmahnung und Kündigungsgründen. Mobbingvorwurf als Kündigungsgrund. unsubstantiierter Mobbingvorwurf

 

Leitsatz (redaktionell)

Ein unberechtigter Mobbingvorwurf gegenüber dem Arbeitgeber kann einen Kündigungsgrund darstellen. Erforderlich ist insoweit, dass der Arbeitnehmer konkrete (ihm vorgesetzte) Personen des Mobbings bezichtigt.

 

Normenkette

BGB § 626; KSchG § 1

 

Verfahrensgang

ArbG Rheine (Entscheidung vom 04.09.2012; Aktenzeichen 1 Ca 475/12)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Rheine vom 04.09.2012 - 1 Ca 475/12 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Rechtswirksamkeit einer fristlosen, hilfsweise ordentlichen Arbeitgeberkündigung.

Der 1964 geborene Kläger, geschieden und zwei Kindern zum Unterhalt verpflichtet, ist seit Juni 1991 bei der Beklagten als Maschinenführer beschäftigt, zuletzt gegen ein Bruttomonatsentgelt von durchschnittlich 3.074,00 €.

Zwischen März 1996 und September 2011 erteilte die Beklagte dem Kläger insgesamt acht im Wesentlichen schriftliche Abmahnungen. Diese betrafen die Missachtung einer Arbeitsanweisung mit anschließender Arbeitsverweigerung (28.03.1996), Verstöße gegen Arbeitssicherheitsvorschriften, verspätete Arbeitsaufnahmen, einen Verstoß gegen Verhaltensregeln bei Arbeitsunfällen sowie einen Fall des nicht vorschriftsmäßigen Tragens der Schutzbrille. Im Übrigen wird für die Daten der Abmahnungen im Einzelnen sowie die Abmahninhalte auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils (dort S. 2, 3, Bl. 93,92 d.A.) verwiesen.

Wegen eines Vorfalls vom 19.02.2012 erklärte die Beklagte die streitgegenständliche Kündigung vom 20.03.2012. An diesem Tag, einem Sonntag, kam es gegen 7.00 Uhr während der Frühschicht zu einer Meinungsverschiedenheit zwischen dem Kläger und dem stellvertretenden Schichtführer R1 über den ordnungsgemäßen Zustand von Rollen, die auf der Waage standen. Während der stellvertretende Schichtführer meinte, die Rollen auf der Oberfläche wiesen Verunreinigungen auf, war der Kläger der Ansicht, dass es sich um Abdrücke/Druckstellen handele, entstanden durch das Vorrollen der Rollen. Der Kläger befolgte mit Verzögerung die Anweisung des stellvertretenden Schichtführers, an den Rollen jeweils eine Lage zu entfernen. Der Kläger begab sich sodann um 7.30 Uhr in den Pausenraum. Dort kam es zu einer verbalen Auseinandersetzung mit dem Schichtführer K1 hinsichtlich der Meinungsverschiedenheit zwischen dem Kläger und dem stellvertretenden Schichtführer R1 über den ordnungsgemäßen Zustand der Rollen. Der Kläger äußerte, die Beklagte wolle ihn fertigmachen, sie werde schon sehen, was sie davon habe. Er wolle sich beim Betriebsrat beschweren. Der Kläger äußerte in diesem Zusammenhang auch das Wort "Mobbing". Des Weiteren erklärte der Kläger, er könne nicht mehr arbeiten und werde nach Hause gehen, verließ den Pausenraum und nahm die Arbeit an dem Tag nicht mehr auf.

Der Personalleiter der Beklagten M1 erhielt am 08.03.2012 von dem Vorfall vom 19.02.2012 Kenntnis. In einem Gespräch am 12.03.2012 zwischen dem Kläger, dem Personalleiter M1 und dem Betriebsratsvorsitzenden A1 wurde der Kläger mit dem Vorfall vom 19.02.2012 konfrontiert.

Mit Schreiben vom 16.03.2012 hörte die Beklagte den bei ihr gebildeten Betriebsrat zu einer beabsichtigten fristlosen, hilfsweise fristgerechten Kündigung des Arbeitsverhältnisses des Klägers an. Der Betriebsrat äußerte sich abschließend schriftlich unter dem 19.03.2012. Für die Einzelheiten der Betriebsratsanhörung sowie der Stellungnahme des Betriebsrats wird auf Blatt 81 ff. d.A. verwiesen.

Die Beklagte stellte den Kläger mit Schreiben vom 16.03.2012 ab sofort widerruflich von der Arbeitsleistung frei und kündigte mit Schreiben vom 20.03.2012 das Arbeitsverhältnis zu dem Kläger fristlos, hilfsweise fristgerecht zum 31.10.2012. Für die Einzelheiten des Freistellungs- und Kündigungsschreibens wird auf Blatt 5 f. d.A. verwiesen. Der Kläger hat sich gegen die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses mit am 29.03.2012 beim Arbeitsgericht eingegangener Klage zur Wehr gesetzt.

Der Kläger hat gemeint, weder für die fristlose noch für die fristgemäße Kündigung liege ein Kündigungsgrund vor. Er habe in der Auseinandersetzung mit dem Schichtführer K1 am 19.02.2012 lediglich erklärt, dies grenze an Mobbing bzw. dieses Verhalten sei für ihn Mobbing. So habe er sich auch in dem Gespräch mit dem Personalleiter am 12.03.2012 geäußert. Es habe keine Befragung darüber, was er unter Mobbing verstehe, stattgefunden. Er habe die Behandlung seiner Person in der Vergangenheit als ungerecht empfunden. Deswegen sei es auch zu der Auseinandersetzung mit dem Schichtführer K1 gekommen. Er werde auch "genauer" beobachtet als andere Arbeitnehmer. So sei ein Arbeitskollege, der ebenfalls seine Schutzau...

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