Verfahrensgang

ArbG Hamm (Vorbehaltsurteil vom 24.03.2000; Aktenzeichen 3 Ca 1958/99 L)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Hamm vom 24.03.2000 – 3 Ca 1958/99 L – abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger rückwirkend ab Juni 1999 einen monatlichen Nettobetrag von 4.500,03 DM zuzüglich der im Aufhebungsvertrag vom 23.11.1995 mit Ziff. 6.4 beschriebenen Tariflohnerhöhung zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, in welcher Höhe die Beklagte dem Kläger bis zum vollendeten 60. Lebensjahr aus Anlass einer Vorruhestandsregelung Aufstockungsbeträge zu leisten hat.

Der am 27.07.1942 geborene Kläger war in der Zeit von 1967 bis zum 30. Juni 1996 bei der Beklagten als kaufmännischer Angestellter im Einkauf tätig. Mit Vertrag vom 23.11.1995 haben die Parteien das Vertragsverhältnis einvernehmlich beendet. In Anlehnung an die sogenannte „grüne Lösung 1995” (Bl. 22 und 23 d. A.) versprach die Beklagte dem Kläger aus Anlass der Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Kündigungsschutzabfindung in entsprechender Anwendung der §§ 9, 10 KSchG, § 3 Ziff. 9 EStG und Aufstockungsbeträge zum Arbeitslosengeld. Diese Verpflichtung ist mit den Ziff. 6 und 11 wie folgt geregelt:

Ziff. 6.

Die derzeitigen finanziellen Leistungen der Bundesanstalt für Arbeit wird Hella monatlich durch Ausgleichszahlungen so aufstocken, dass der Mitarbeiter bis zur Vollendung des 60. Lebensjahres grundsätzlich 82 % seiner sich für den Bezugszeitraum gem. Satz 2 bis 4 ermittelten durchschnittlichen Monatsnettobezüge erhält.

Der den Berechnungen der Zuschusszahlungen zugrunde liegende Bruttobetrag wird jeweils nach Ablauf von 12 Monaten nach dem Austritt um den um einen Prozentpunkt gekürzten Prozentsatz der zwischenzeitlich erfolgten Tariferhöhungen (Formel x-1), maximal aber jeweils um 2 % angehoben. Kürzungen der Leistungen der Bundesanstalt für Arbeit (z. B. wegen Einführung eines erhöhten Solidaritätszuschlages etc.) führen nicht zu Erhöhungen der Ausgleichszahlungen. In einem solchen Fall wird die Höhe der bis dahin gewährten Leistungen fiktiv für die Berechnung der Ausgleichszahlung berücksichtigt.

Eventuelle Kürzungen der Leistungsprozentsätze von Arbeitslosengeld oder Arbeitslosenhilfe (§§ 111, 136 ff AFG), die unter Beachtung der Regelungen des vorangegangenen Absatzes dazu führen, dass der Mitarbeiter insgesamt weniger als 80 % der Monatsnettobezüge erhält, werden maximal bis auf 80 % der Monatsnettobezüge ausgeglichen.

Ziff. 11

Stellt die Arbeitsverwaltung die Leistungen ein, weil die maximale Anspruchsdauer erreicht ist, zahlt Hella für die verbleibende Zeit bis zur Vollendung des 60. Lebensjahres 82 % (bzw. 80 %) seiner Monatsnettobezüge. Ziffer 6 gilt entsprechend.

Der Kläger hat sich, wie vertraglich verpflichtet, arbeitslos gemeldet und die ihm zustehenden Leistungen nach dem Arbeitsförderungsrecht bezogen. Die Beklagte hat diese Leistungen so weit aufgestockt, so dass der Kläger bis Ende Mai 1999 über effektiv 82 % der letzten Monatsnettobezüge verfügt. Steuerliche Abzüge fielen hierbei nicht an, obwohl die Beklagte diese Zuschusszahlung als steuerpflichtiges Entgelt bezeichnet hat (vgl. hierzu die zur Akte gereichte Abrechnung für den Monat Juli 1996, Bl. 21 d. A.). Die vom Kläger zu beanspruchende Verdienstsicherung betrug im Mai 1999 4.500,03 DM. Nachdem Ende Mai 1999 die Leistungen des Arbeitsamtes weggefallen sind, zahlt die Beklagte dem Kläger „nur” noch 4.147,11 DM netto aus. Von dem Aufstockungsbetrag in Höhe der Verdienstsicherung behält sie die Lohnsteuer entsprechend der Lohnsteuerklasse III/2 ein und führt diese an das zuständige Finanzamt ab. Für diese Berechnungsart beruft sich die Beklagte auf ihren Hinweis zur „grünen Lösung 1995” (Bl. 23 d. A.), dass die Mitarbeiter die anfallenden Steuern bei Überschreiten der steuerlichen Freibeträge zu tragen hätten. Der Kläger vertritt die Auffassung, dass diese Berechnungsart dem Inhalt des Aufhebungsvertrages nicht gerecht werde. Seiner Meinung nach habe ihm die Beklagte bis zum frühestmöglichen Rentenalter 82 % der letzten Nettobezüge ohne Einschränkung garantiert. Die Beklagte habe mit ihm folglich eine Nettolohnvereinbarung und nicht etwa eine Bruttolohnvereinbarung getroffen.

Da eine außergerichtliche Verständigung nicht möglich war, die Beklagte die geschuldeten Aufstockungsbeträge als klare Bruttolohnleistung sieht, verfolgt der Kläger mit der beim Arbeitsgericht Hamm am 26.10.1999 erhobenen Klage seinen vermeintlichen Anspruch weiter. Er hat beantragt,

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ab Juni 1999 einen monatlichen Nettobetrag in Höhe von 4.500,03 DM an ihn zu zahlen; dies zuzüglich der im Abfindungsvertrag vom 23.11.1995 vereinbarten Tariferhöhungen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, die Steuerschuld des Klägers gemäß § 38...

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