Entscheidungsstichwort (Thema)

Erstattung von Fahrt- und Transportkosten im Zusammenhang mit Instandsetzungs-Arbeiten an eigenen Instrumenten eines Musikers in einem Kulturorchester

 

Leitsatz (amtlich)

1. Nach § 12 Abs. 2 S. 3 des Tarifvertrages für die Musiker in Kulturorchestern ist ein Arbeitgeber, der einem bei ihm beschäftigten Musiker ein Instrument nicht zur Verfügung stellt, verpflichtet, die als erforderlich nachgewiesenen Instandsetzungskosten zu tragen, wenn sie in einem angemessenen Verhältnis zum Zeitwert des Instruments stehen.

2. Zu den Instandsetzungskosten zählen neben den eigentlichen Kosten für die Arbeiten am Instrument auch die erforderlichen Fahrt- und Transportkosten, um dem mit der Durchführung der Instandsetzung beauftragten Instrumentenbauer die Durchführung der Arbeiten zu ermöglichen.

3. Der Musiker hat bei der Vergabe der Instandsetzungsarbeiten ein gewisses Handlungsermessen, das es ihm erlaubt, die Arbeiten bei einem Instrumentenbauer seines Vertrauens durchführen zu lassen, auch wenn dadurch höhere Fahrt- und Transportkosten entstehen. Das Ermessen wird dadurch begrenzt, dass die Instandsetzungskosten in einem angemessenen Verhältnis zum Zeitwert des Instruments stehen und dem Arbeitgeber unter Berücksichtigung aller Umstände zumutbar sein müssen.

 

Normenkette

Tarifvertrag für die Musiker in Kulturorchestern vom 01.07.1971 § 12 Abs. 2 S. 3

 

Verfahrensgang

ArbG Herne (Urteil vom 01.10.2009; Aktenzeichen 4 Ca 2976/08)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 20.09.2011; Aktenzeichen 9 AZR 344/10)

BAG (Aktenzeichen 6 AZR 344/10)

 

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Herne vom 01.10.2009 – 4 Ca 2976/08 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um Transport- und Fahrtkosten anlässlich der Durchführung von Instandsetzungsarbeiten an der Geige der Klägerin.

Die Klägerin ist seit dem 01.02.2004 als Violinistin beim Beklagten beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet kraft beiderseitiger Tarifbindung und individualvertraglicher Bezugnahme der Tarifvertrag für die Musiker in Kulturorchestern (im Folgenden TVK) in seiner jeweils geltenden Fassung Anwendung. Der Beklagte hat der Klägerin kein Instrument zur Verfügung gestellt.

Im Sommer 2008 transportierte die Klägerin ihre Geige, die bei der Firma I2 L3 gemäß Verzeichnis der versicherten Gegenstände mit einer Versicherungssumme von 325.000,00 Schweizer Franken versichert ist (Blatt 72 der Akten), zum Geigenbaumeister R5 B5 in Basel. Dieser führte Arbeiten an der Geige durch und berechnete diese mit insgesamt 395,00 Euro. Wegen der Einzelheiten der Rechnung vom 03.07.2008 wird auf Blatt 12 der Akten Bezug genommen.

Ausgehend davon, dass der Beklagte bei Fahrtkosten regelmäßig für die ersten 30 Kilometer 0,30 Euro und für die weiteren Kilometer 0,20 Euro erstattet, machte die Klägerin dem Beklagten gegenüber für die Fahrt von Recklinghausen nach Basel und zurück einen Gesamtbetrag von 234,00 Euro für 1440 Kilometer sowie die Instandsetzungskoten von 395,00 Euro geltend. Der Beklagte erstattete der Klägerin die Kosten der Instandsetzungsarbeiten in Höhe von 395,00 Euro, lehnte jedoch die Übernahme der Transport- bzw. Fahrtkosten ab.

Mit ihrer am 23.10.2008 beim Arbeitsgericht Herne eingegangen und dem Beklagten am 29.10.2008 zugestellten Klage verfolgt die Klägerin diese Forderung weiter.

Zur Begründung ihrer Klage hat die Klägerin vorgetragen, der Beklagte sei zur Zahlung der Fahrt- bzw. Transportkosten zwecks Durchführung der Instandsetzungsarbeiten an ihrer Geige gemäß § 12 Abs. 2 TVK verpflichtet. Der Beklagte habe ihr kein Instrument zur Verfügung gestellt. Gemäß § 12 Abs. 2 TVK sei sie daher verpflichtet, ein gutes Instrument in tadellosem und spielfertigem Zustand zu nutzen. Das gemäß § 12 Abs. 2 S. 2 TVK zu gewährende Instrumentengeld diene nur der Entschädigung des zeitabhängig eintretenden Wertverlustes. Darüber hinaus sei der Arbeitgeber verpflichtet, die als erforderlich nachgewiesenen Instandsetzungskosten zu tragen, wenn sie in angemessenem Verhältnis zum Zeitwert des Instruments stünden. Im Sommer 2008 seien Instandsetzungsarbeiten an ihrem Instrument erforderlich gewesen. Sie habe das Instrument, wie üblich, zum Geigenbaumeister R5 B6 in Basel verbracht. Zwar habe sie schon einmal kleinere Instandsetzungsarbeiten auch bei Herrn E3 in Essen durchführen lassen. Mit Herrn E3 sei jedoch niemals jenes Vertrauensverhältnis entstanden, das in einer derartig heiklen Angelegenheit eines alten Instruments unabdingbar notwendig für die dauerhafte Zusammenarbeit mit einem Geigenbaumeister sei. Der Wert ihres Instruments betrage ca. 200.000,00 Euro. Insofern sei ein Versand per Post unmöglich. Nach Auskunft der DHL sei eine Postsendung in diesem Werte nicht versicherbar. Deshalb sei nur der persönliche Transport des Instruments zum Geigenbaumeister in Betracht gekommen.

Entgegen der Auffassung des Beklagten sei der Arbeitgeber gemäß § 12 Abs. 2 S. 3 TVK au...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge