Revision zurückgewiesen 22.03.2000

 

Verfahrensgang

ArbG Bielefeld (Urteil vom 19.07.1996; Aktenzeichen 4 Ca 214/96)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 22.03.2000; Aktenzeichen 7 AZR 226/98)

 

Tenor

I

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 19. Juli 1996 – 4 Ca 214/96 – abgeändert:

  1. Es wird festgestellt, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien durch seine Befristung auf den 30. September 1996 nicht geendet hat.
  2. Das beklagte Land wird verurteilt, die Klägerin bis zur Rechtskraft des vorstehenden Erkenntnisses als Lektorin zu den Bedingungen des „Dienstvertrages” vom 05. Oktober 1992 weiterzubeschäftigen.

II

Die Kosten des Rechtsstreits werden dem beklagten Land auferlegt.

III

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit der Befristung ihres Arbeitsverhältnisses.

Die 1965 geborene Klägerin ist türkische Staatsangehörige. Im Jahre 1989 beendete sie ihr Germanistikstudium an der Universität Izmir. Nach fast gleichzeitigem Erwerb der Reiseführerlizenz ging sie bis 1992 einer Tätigkeit als Leiterin von Studienreisen in der Türkei und in Großbritannien nach. Seit Mitte 1992 lebt sie in der Bundesrepublik. Mit Vertrag vom 05. Oktober 1992 wurde die Klägerin vom beklagten Land als Lektorin für Türkisch an der Universität B. eingestellt. Gemäß § 1 des Vertrages „wird (die Klägerin) für die Zeit vom 05.10.1992 bis 30.09.1996 als nicht vollbeschäftigte Angestellte mit der Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit einer vollbeschäftigten Angestellten (Lehrkraft für besondere Aufgaben im Sinne von § 55 WissHG in der Stellung einer Lektorin)” beschäftigt. Laut § 2 ist „der Dienstvertrag … befristet, weil die Beschäftigung der Angestellten überwiegend für die Ausbildung in Fremdsprachen erfolgt (§ 57 b Abs. 3 HRG).” Nach § 5 finden auf das Arbeitsverhältnis diverse Vorschriften des Bundesangestelltentarifvertrages (BAT) Anwendung und gelten die „Richtlinien für die Beschäftigung und Vergütung von Lektoren an den Wissenschaftlichen Hochschulen des Landes Nordrhein-Westfalen, (gelten) die Grundsätze des Europarates für die Beschäftigung von ausländischen Fremdsprachenlektoren vom 03./05. November 1976 und die Rahmenordnung für Lektoren (Beschluß der Kultusministerkonferenz vom 30.01.1981)”.

Die Klägerin hat eine Lehrverpflichtung von acht Unterrichtsstunden. Ihr Bruttomonatsgehalt beträgt etwa 2.850,– DM.

Mit ihrer am 16. Januar 1996 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage macht die Klägerin die Unwirksamkeit der Befristungsabrede vom 05. Oktober 1992 geltend. Mit Bezug auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs hat sie die Auffassung vertreten, § 57 b Abs. 3 des Deutschen Hochschulrahmengesetzes (HRG) verstoße gegen Art. 48 Abs. 2 EG-Vertrag. Dies habe Auswirkungen auch für ihr Arbeitsverhältnis. Für Ausländer aus anderen als den EG-Staaten sei eine verfassungskonforme Auslegung und Anwendung der genannten Vorschrift des Hochschulrahmengesetzes geboten. Diese führe dazu, daß über den bloßen Lektorinnenstatus hinaus weitere sachliche Gründe für eine Befristung ihres Arbeitsvertrages gegeben sein müßten. Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, an diesen fehle es.

Die Klägerin hat beantragt

  1. festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht kraft Befristung mit Ablauf des 30. September 1996 enden wird;
  2. das beklagte Land zu verurteilen, sie über den 30.09.1996 hinaus als Lehrkraft für besondere Aufgaben (Lektorin) zu sonst unveränderten Arbeitsbedingungen bis zum rechtskräftigen Abschluß des vorliegenden Rechtsstreits weiterzubeschäftigen.

Das beklagte Land hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es hat die Ansicht vertreten, die Vorschrift des § 57 b Abs. 3 HRG sei auf Personen wie die Klägerin weiterhin anwendbar. Im übrigen sei die Befristung des Arbeitsvertrages der Parteien durch sachliche Gründe gerechtfertigt. Diese lägen darin, daß die Hochschulen hinreichende Flexibilität bei der Vertragsgestaltung mit fremdsprachlichen Lehrkräften benötigten und daß im Lektorenbereich eine internationale Fluktuation üblich sei. Die Befristung verfolge überdies die Absicht, einen möglichst aktuellen Bezug der Klägerin zur Sprache und Kultur ihres Herkunftslandes sicherzustellen. Schließlich ergebe sich ein Befristungsgrund auch aus der Regelung des § 57 b Abs. 1 Ziff. 2, 2. Alt. HRG. Die Beschäftigung der Klägerin diene auch ihrer allgemeinen Aus-, Fort- und Weiterbildung. Zudem erhalte sie die Möglichkeit, an der Universität B. zu promovieren.

Mit Urteil vom 19. Juli 1996 hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Wegen der Erwägungen, die es dazu angestellt hat, wird auf die schriftlichen Entscheidungsgründe Bezug genommen.

Gegen das ihr am 06. November 1996 zugestellte Urteil hat die Klägerin frist- und formgerecht Berufung eingelegt. Sie rügt, das Arbeitsgericht habe übersehen, daß auch dann, wenn die Vorschrift des § 57 b Abs. 3 HRG verfassungskonform sei und weitergelte, eine Ungleichbehandlung von Lektoren, die aus dem EG-Ausland stammten, und solchen, die au...

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