Entscheidungsstichwort (Thema)

Sanierungstarifvertrag. Verbandstarifvertrag. arbeitsvertragliche Inbezugnahme. Auslegung. Tarifkonkurrenz. Spezialität

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine arbeitsvertragliche Inbezugnahme des Manteltarifvertrages einer Branche in seiner jeweiligen Fassung erfasst regelmäßig auch einen späteren Firmen-Sanierungstarifvertrag (Anschluss an BAG 11.10.2006 – 4 AZR 486/05 – NZA 2007, 634).

2. Der Firmen-Sanierungstarifvertrag verdrängt hinsichtlich seiner Regelungsgegenstände nach den Grundsätzen der Tarifkonkurrenz als speziellerer Tarifvertrag den Manteltarifvertrag (Anschluss an BAG 23.03.2005 – 4 AZR 203/04 – NZA 2005, 1003).

 

Normenkette

TVG § 1; BGB §§ 133, 157

 

Verfahrensgang

ArbG Hagen (Westfalen) (Urteil vom 07.11.2007; Aktenzeichen 3 (2) Ca 1014/06)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Hagen vom 07.11.2007, Az. 3 (2) Ca 11014/06 abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Anschlussberufung des Klägers wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Der Streitwert wird auf 6.693,84 EUR festgesetzt.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über Ansprüche auf Arbeitsentgelt.

Durch Arbeitsvertrag vom 26.05.1999 begründete der Kläger mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten ein Arbeitsverhältnis mit Wirkung ab dem 01.06.1999 als Schmied. Der Arbeitsvertrag enthält u.a. folgende Regelungen:

„…

2.)

Der/Die Arbeitnehmer/in wird als Vollzeitbeschäftigte/r nach Maßgabe des Manteltarifvertrages für die Metallindustrie NRW in der jeweils gültigen Fassung tätig.Die betriebliche wöchentliche Arbeitszeit wird in der Betriebsvereinbarung geregelt.

Durch Betriebsvereinbarung kann unter Einhaltung der tariflichen Bestimmungen, die betriebliche regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit auf 5 oder weniger als 5 Tage Werktage – einschließlich des Samstages – verteilt werden.

Der/Die Arbeitnehmer/in stimmt – soweit von der Firma gewünscht – einer späteren Verlängerung der betrieblichen regelmäßigen Wochenarbeitszeit auf bis zu 40 Stunden (im Höchstfall 18 % der Mitarbeiter lt. Tarifvertrag MTV § 3, Abs. 2) schon jetzt zu; für den Fall der Verlängerung erhält der/die Arbeitnehmer/in die dieser verlängerten Arbeitszeit entsprechende zuschlagfreie Bezahlung.

Für den Fall einer Änderung der Arbeitszeit werden die vorstehenden getroffenen Absprachen entsprechend der Änderung angepaßt.

7.)

Der/Die Arbeiternehmer/in hat einen Urlaubsanspruch lt. den jeweiligen tariflichen Bestimmungen in der Eisen-, Metall-, Elektro- und Zentralheizungsindustrie NRW. Schwerbehinderte haben einen Urlaubsanspruch lt. den gesetzlichen Bestimmungen. Die Arbeitsbedingungen richten sich i.ü. nach den jeweiligen tariflichen Bestimmungen in der Eisen-, Metall-, Elektro- und Zentralheizungsindustrie NRW sowie den jeweils geltenden Betriebsvereinbarungen des Unternehmens. Eine spätere betriebliche Regelung, insbesondere im Wege einer Betriebsvereinbarung, hat Vorrang vor den einzelvertraglich vereinbarten Absprachen. Die Tarifverträge sowie Betriebsvereinbarungen können im Personalbüro/beim Betriebsrat eingesehen werden.

…”

Zum Ende des Jahres 2005/Anfang 2006 ist das Arbeitsverhältnis gemäß § 613 a Abs. 1 BGB auf die Beklagte übergegangen.

Die Arbeitszeit des Klägers betrug wie bei der Rechtsvorgängerin zunächst auch bei der Beklagten bis zum 22.01.2006 gemäß dem Manteltarifvertrag für die Arbeiter, Angestellten und Auszubildenden in der Metall- und Elektroindustrie Nordrhein-Westfalens (MTV) 35 Wochenstunden.

Am 22.11.2005 vereinbarte die Beklagte mit der IG-Metall, Bezirksleitung NRW einen Sanierungstarifvertrag als Haustarifvertrag (San-TV), der auszugsweise lautet:

„…

§ 4 Befristete Ausnahmen

4.1

§ 3.1 des Manteltarifvertrages NRW für Beschäftigte der Metall- und Elektroindustrie vom 24.08.2001/11.09.2001 wird wie folgt abgeändert: Die tariflich wöchentliche Arbeitszeit ohne Pausen beträgt ab 01.11.2005 40 Wochenstunden

ab 01.01.2008 39 Wochenstunden zum 01.01.2009 Rückführung in den dann gültigen Tarifvertrag. Der Monatsgrundlohn / das Tarifgehalt wird auf Basis einer tariflich wöchentlichen Arbeitszeit ohne Pausen von 35 Stunden berechnet.

§ 3.3 des Manteltarifvertrages NRW für Beschäftigte in der Metall- und Elektroindustrie vom 24.08.2001/11.09.2001 findet keine Anwendung.

Die Beschäftigten nach § 3.3 mit einer individuell verlängerten Arbeitszeit werden mit Beginn des Tarifvertrages in ihrer Arbeitszeit, der in diesem Tarifvertrag gültigen Arbeitszeit, angepasst. Teilbeschäftigte werden entsprechend ihres Teilzeitgrades behandelt.

…”

Weiter schloss die Beklagte mit dem Betriebsrat am 01.02.2006 eine Betriebsvereinbarung u.a. folgenden Inhalts ab:

„…

Arbeitzeit

Die Arbeitszeit beträgt zur Zeit, bis die Auftragslage 40 Stunden erfordert, im gesamten Betrieb 38,75 Std./Woche (Montags-Freitag) – Teilzeitkräfte arbeiten entsprechend ihres Teilzeitgrades anteilig. Bei Mitarbeitern mit einer Arbeitszeit von 40 Stunden erhöht sich die Soll-Arbeitszeit auf 43,75 Std./Woche.

…”

Seit dem 23.01.200...

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