Verfahrensgang

ArbG Siegen (Urteil vom 28.11.1997; Aktenzeichen 2 Ca 427/97)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten vom 02.04.1998 gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Siegen vom 28.11.1997 – 2 Ca 427/97 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer von der Beklagten ausgesprochenen außerordentlichen personenbedingten Kündigung.

Der am 24.10.1945 geborene Kläger ist seit dem 08.09.1971 bei der Beklagten beschäftigt. Er ist verheiratet und einer Person zum Unterhalt verpflichtet. Der zuletzt erzielte monat-liche Bruttoverdienst betrug 3.500,00 DM. Die Beklagte beschäftigt rund 1.000 Arbeitnehmer. In dem Betrieb der Beklagten besteht ein Betriebsrat. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet kraft beiderseitiger Organisationszugehörigkeit der Manteltarifvertrag für die Stahlindustrie Nordrhein-Westfalen vom 15.03.1989 Anwendung.

Die Beklagte setzte den Kläger im Oktober 1987 als Dreher ein. Von November 1987 bis einschließlich Dezember 1988 war der Kläger als Gießer im Stahlwerk und daran anschließend bis einschließlich Dezember 1989 als Kranführer tätig. Danach setzte ihn die Beklagte als Probenfertiger und Materialprüfer in der Abteilung Qualitätswesen ein.

Der Kläger leidet insbesondere an einer Erkrankung der Bandscheibe und an einem psychischen Erschöpfungszustand. Seine krankheitsbedingten Fehlzeiten beliefen sich im Jahr 1998 auf 124 Arbeitstage, im Jahr 1990 auf 92 Arbeitstage, in den Jahren 1991 und 1992 auf 19 Arbeitstage, im Jahr 1993 auf 82 Arbeitstage und im Jahr 1994 auf 235 Arbeitstage. Seit dem 07.01.1995 war der Kläger ununterbrochen krankheitsbedingt arbeitsunfähig.

Ausweislich eines ärztlichen Attestes der Dres. med. B… pp. vom 28.11.1996 war der Kläger auf seinem bisherigen Arbeitsplatz nicht mehr einsatzfähig. Einfache Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung ohne schweres Heben und Tragen seien jedoch noch halb- bis vollschichtig zumutbar. Zugleich wurde bescheinigt, daß die Aufnahme einer Tätigkeit geradezu von therapeutischem Nutzen und günstig für die Prognose der seelischen Er-krankung des Patienten wäre. In einer arbeitsmedizinischen Bescheinigung des Dr. med. B– vom 20.01.1997 äußerte dieser dauernde gesundheitliche Bedenken gegen die zuletzt vom Kläger ausgeübte, vollschichtige Tätigkeit. Ergänzend führte Dr. med. B– in einem an den Kläger gerichteten Schreiben vom 20.01.1997 aus, eine Arbeitsplatzbegehung am 17.01.1997 habe ergeben, daß der Arbeitsplatz, so wie er ihn zuletzt ausgeübt habe, nicht mehr existent sei, es habe eine deutliche Aufgabenerweiterung stattgefunden.

Auf Antrag des Klägers vom 18.01.1995 bewilligte die Bundesknappschaft dem Kläger mit Bescheid vom 21.12.1995 eine Berufsunfähigkeitsrente beginnend am 01.01.1995 und bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres.

Nach schriftlicher Anhörung des Betriebsrats am 10.12.1996 und abschließender Stellungnahme am 04.02.1997 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis außerordentlich und fristgemäß mit Schreiben vom 04.02.1997 zum 30.09.1997.

Mit seiner am 21.02.1997 beim Arbeitsgericht Siegen eingegangenen Klage hat der Kläger die Rechtsunwirksamkeit dieser Kündigung geltend gemacht.

Der Kläger hat vorgetragen:

Der Betriebsrat sei nicht ordnungsgemäß angehört worden, da aus den vorgelegten Unterlagen nicht hervorgehe, ob er auch Kenntnis der ärztlichen Atteste gehabt habe. Ferner habe die Beklagte jeglichen Hinweis auf die vorgenommene Interessenabwägung dem Betriebsrat gegenüber unterlassen. Die Bandscheibenerkrankung sei durch die zuletzt ausgeübte Tätigkeit mitverursacht worden. Hätte er die Hebevorrichtung an seinem Arbeitsplatz konsequent genutzt, so hätte dies zu einer erheblichen Störung des Betriebsablaufs geführt. Seine Bitte um Versetzung auf einen Schonarbeitsplatz habe die Beklagte mit dem Hinweis, daß es einen solchen nicht gebe, abgelehnt. Bei Schaffung eines geeigneten Arbeitsplatzes wäre seine Einsetzbarkeit jedoch wieder gewährleistet. Dies ergebe sich aus den vorgelegten Attesten, die lediglich Bedenken gegen die zuletzt ausgeübte Tätigkeit äußerten. Zudem sei er wegen seiner psychischen Erkrankung besonders schutzbedürftig, was im Rahmen der Interessenabwägung von Bedeutung sei. Im übrigen sei er ordentlich unkündbar, die bloße Einschränkung der Leistungsfähigkeit könne die außerordentliche Kündigung nicht rechtfertigen.

Der Kläger hat beantragt,

  1. festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung vom 04.02.1997 nicht beendet wird;
  2. festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis über den 30.09.1997 hinaus auf unbestimmte Zeit fortbesteht.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat vorgetragen:

Der Kläger sei ausweislich der ärztlichen Atteste nicht in der Lage, die geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen. Es liege dauernde Leistungsunfähigkeit vor. Die bislang ausgeübte Tätigkeit sei bereits auf einem Schonarbeitsplatz erfolgt. Dort seien aufgrund der vorhandenen Hebevorrichtungen keine körperlich schweren Anstrengungen erforderl...

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