Entscheidungsstichwort (Thema)

Auslegung eines Arbeitsvertrages hinsichtlich der Höhe der Vergütung

 

Leitsatz (redaktionell)

Haben die Parteien im Arbeitsvertrag die Geltung der Tarifverträge für die Beschäftigten im Einzelhandel des Landes Nordrhein-Westfalen in der jeweils geltenden Fassung sowie die Geltung von Nachfolgeverträgen vereinbart, jedoch die Lohngruppe nach dem in Bezug genommenen Lohntarifvertrag nicht eingetragen, sondern einen festen Stundenlohn vereinbart und darüber hinaus die Vereinbarung getroffen, dass die über den Tariflohn hinausgehenden Lohnbestandteile sowie die gewählte Provision jederzeit gekürzt oder widerrufen werden können, so ist das jeweils maßgebende Tarifentgelt vereinbart. Die Verweisungsklausel hat konstitutiven Charakter und ist nicht als sog. Gleichstellungsabrede zu verstehen.

 

Normenkette

BGB § 611 Abs. 1, §§ 133, 157

 

Verfahrensgang

ArbG Paderborn (Entscheidung vom 26.11.2014; Aktenzeichen 4 Ca 1050/14)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers und die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Paderborn vom 26.11.2014 - 4 Ca 1050/14 - unter Zurückweisung der Berufungen im Übrigen teilweise abgeändert und zur Klarstellung insgesamt wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 2.097,44 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem Basiszinssatz der EZB aus 972,72 € seit dem 14.07.2014 und aus 1.134,72 € seit dem 07.03.2015 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits 1. Instanz trägt der Kläger zu 91 %, die Beklagte zu 9 %.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägen der Kläger zu 81 %, die Beklagte und der Nebenintervenient zu jeweils 9,5 %.

Die Revision wird für beide Parteien zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Höhe der monatlichen Vergütung des Klägers.

Er ist seit dem 01.07.1989 im Lager der Beklagten in Q beschäftigt. Diese betreibt einen Möbelhandel mit vier Standorten und beschäftigt mehrere hundert Arbeitnehmer.

Seinem Arbeitsverhältnis liegt ein Arbeitsvertrag vom 17.03.1989 (Bl. 6 bis 9 d.A.) zugrunde.

§ 1 Nr. 3 des Arbeitsvertrags lautet wie folgt:

"Die Tarifverträge für die Beschäftigten im Einzelhandel des Landes Nordrhein-Westfalen in ihrer jeweils geltenden Fassung und deren Nachfolgeverträge sind Bestandteil dieses Vertrages. . . . "

In § 4 des Arbeitsvertrages wurde Nr. 1 (Einstufung in eine Lohngruppe des Lohntarifvertrages für den Einzelhandel) nicht ausgefüllt. Dagegen wurde in Nr. 2 handschriftlich ein Bruttostundenlohn von 14,96 DM eingetragen.

§ 4 Nr. 4 des Arbeitsvertrages enthält folgende Regelung:

"Die über den Tariflohn hinausgehenden Lohnbestandteile sowie die gewährte Provision können jederzeit unter Einhaltung einer Frist von einem Monat gekürzt oder widerrufen werden. Sie können bei einer Erhöhung der Lohntarife, beim Aufrücken in eine höher Lohngruppe/-stufe und bei Höhergruppierungen angerechnet werden."

Die Beklagte ist Mitglied des Einzelhandelsverbandes Ostwestfalen-Lippe, der wiederum Mitglied im Einzelhandelsverband Nordrhein-Westfalen ist. Sie war zunächst Mitglied mit Tarifbindung. Mit Schreiben vom 20.09.2004 erklärte sie gegenüber dem Einzelhandelsverband Ostwestfalen-Lippe den Ausschluss der Tarifbindung zum Ablauf des auf den Zugang dieser Erklärung folgenden Monats. Seit dem 01.11.2004 führt sie der Verband als Mitglied ohne Tarifbindung.

Bis zum Zeitpunkt der Beendigung der Mitgliedschaft mit Tarifbindung wurde der Lohn des Klägers regelmäßig entsprechend den Tarifabschlüssen erhöht. Am 01.03.2005 schlossen die Parteien eine Vereinbarung zur Änderung des Arbeitsvertrages (Bl. 10 der Akte). Sie hat folgenden Wortlaut:

"Die Parteien sind sich darüber einig, dass der zwischen Ihnen bestehende Arbeitsvertrag mit Wirkung ab dem 01.04.2005 wie folgt geändert wird. Die dabei nicht genannten Regelungen gelten weiter. Ebenso bleibt die Dauer der Betriebszugehörigkeit gewahrt.

Arbeitszeit

Die wöchentliche Arbeitszeit beträgt 40,0 Stunden.

Zuschläge

Auf Spätöffnungs- und Mehrarbeitszuschläge besteht kein Anspruch.

Sonderzahlungen

. . .

Urlaub

. . .

Seit Beendigung der Mitgliedschaft mit Tarifbindung erhöhte die Beklagte die monatliche Vergütung des Klägers nicht. Er erhält sei 2005 ein Grundentgelt von 1.916,88 €. Wegen der Einzelheiten der Vergütung wird auf die von dem Kläger mit der Klageschrift vorgelegten Verdienstabrechnungen für Februar 2005 und Februar 2014 (Bl. 11, 12 der Akte) Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 19.09.2007 (Bl 191 d.A.) gab die Beklagte gegenüber ihren Mitarbeitern folgende Erklärung ab:

...

Durch Ihre Bereitschaft, Ihre Wochenarbeitszeit gegenüber der früherenbetriebsüblichen Regelung bei gleich bleibendem Lohn/Gehalt zu erhöhen und/oder auf bis dahin gewährte Sonderzuwendungen zu verzichten, haben Sie in insgesamt für den Einzelhandel, namentlich den Möbel-Einzelhandel sehr schwierigen Zeiten dazu beigetragen, die wirtschaftliche Situation unseres Unternehmens erheblich zu verbessern und im Gegensatz zu manchen anderen erfolgreich im Wettbewerb beste...

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