Entscheidungsstichwort (Thema)

Vertragliche Nachhaftungsbegrenzung. Miterben-Nachhaftung. Konkludente Gründung von Handelsgesellschaft

 

Leitsatz (amtlich)

Führt eine Erbengemeinschaft ein ererbtes Unternehmen fort, haften die Mitglieder der Erbengemeinschaft unbeschränkt und gesamtschuldnerisch für die Verbindlichkeiten aus der Fortführung des Unternehmens (§ 427 BGB). Zu den Verbindlichkeiten zählen auch Ansprüche aus Versorgungszusagen.

 

Verfahrensgang

ArbG Münster (Urteil vom 21.07.1998; Aktenzeichen 1 Ca 2504/97)

 

Tenor

Auf die Berufung des ehemaligen Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Münster vom 21.07.1998 – 1 Ca 2504/97 abgeändert.

Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner an die Klägerin 83.700,– DM nebst 4 % Zinsen aus 25.200,– DM ab dem 06.11.1997 und monatlich am jeweiligen ersten Werktag eines Monats (ausschließlich Samstage), beginnend mit dem 02.05.2001, eine Witwenrente von 900,– DM zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten des Streitverkündeten tragen die Beklagten als Gesamtschuldner.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Haftung der Beklagten für eine Versorgungszusage.

Der Ehemann der Klägerin (im Folgenden: ehemaliger Kläger) wurde mit Wirkung vom 06.06.1934 von der Fa. C1. P3. Maschinenfabrik als Arbeitnehmer eingestellt. Als der Inhaber dieser Einzelfirma, Herr C1. P3., starb, erbte die Erbengemeinschaft, bestehend aus W3. W4., M6. D2. und E1. S3., das Unternehmen. Im Handelsregister wurde unter „Rechtsverhältnisse” eingetragen: „Die Firma ist durch Erbgang auf eine Erbengemeinschaft übergegangen.” Die Erbengemeinschaft führte das Unternehmen fort, wobei nach dem Tod von E1. S3. der Beklagte zu 3) an dessen Stelle in die Erbengemeinschaft eintrat. Im Handelsregister wurde hierzu eingetragen: „E1. S3. ist durch Tod aus der Gesellschaft ausgeschieden. Im Wege der Sonderrechtsnachfolge setzt G3. S3. die Gesellschaft mit den übrigen Gesellschaftern fort.” Erbin der 1990 verstorbenen W3. W4. ist die Beklagte zu 1).

Auf der Betriebsversammlung vom 27.11.1973 wurde ausweislich des Protokolls (Abl. Bl. 281 GA) gegenüber der Belegschaft Folgendes zu Leistungen der betrieblichen Altersversorgung erklärt:

„Unter diesem Punkt wurde auch über die Betriebsrenten-Zahlung gesprochen, deren Regelung ab 1.1.73 wie folgt aussieht:

DM

75,–

monatlich bei 10 – 15 J. Betriebszugehörigkeit usw.

DM

100,–

monatlich bei 15 – 20 J. Betriebszugehörigkeit usw.

DM

150,–

monatlich bei 20 – und mehrjähriger Betriebszugehörigkeit usw.

Die Witwenrente sieht 50 % der o.ä. Beträge vor.”

Auf der Betriebsversammlungen vom 22.11.1979 wurde ausweislich des Protokolls (Abl. Bl. 284 GA) gegenüber der Belegschaft Folgendes zum betrieblichen Altersruhegeld erklärt:

„Das Altersruhegeld wird wie folgt erhöht zum 1. Januar 1980

Von

75,– DM

auf 90,– DM

nach

10 Jahre

Betriebszugehörigkeit

100,– DM

auf 120,– DM

nach

15 Jahre

Betriebszugehörigkeit

150,– DM

auf 180,– DM

nach

20 Jahre

Betriebszugehörigkeit

Witw. erhalten 50,– DM bzw. 60,– DM und 90,– DM.

Von Zeit zu Zeit soll eine Überprüfung zwecks einer Erhöhung vorgenommen werden.”

Unter dem 23.11.1984 (Abl. Bl. 116 GA) erteilten W3. W4., M6. D2. und G3. S3. dem ehemaligen Kläger eine Versorgungszusage, die auszugsweise lautet:

„Des weiteren haben wir beschlossen, Ihnen ab 01.01.1985 monatlich einen Betrag des Zehnfachen des heutigen Ruhestandsgeldes an unsere Rentner = DM 1.800,– als so genannte Rente (lt. Testament Frau P3.) zu zahlen.

Ihre Frau würde bei ihrem Ableben 50 % Ihrer Rente erhalten.

Wir hoffen, daß Ihnen diese Regelung einen sorgenfreien und glücklichen Lebensabend bereitet.”

Unter dem 20.12.1984 (Abl. Bl. 115 GA) wurde dem Kläger von den gleichen Personen mitgeteilt:

„hiermit bestätigen wir Ihnen die mit Schreiben vom 23.11.84 getroffene Vereinbarung, nach der wir Ihnen ab 01.01.1985 eine monatliche Altersrente von DM 1.800,– gewähren. Die Witwenrentenanwartschaft stellt sich auf DM 900,–.

Im übrigen gelten die Bestimmungen unserer Versorgungsordnung vom 20. Dezember 1984.”

Die Versorgungsordnung vom 20.12.1984 (Abl. Bl. 100 – 114 GA) enthält unter XVII. folgende Regelung:

„Verjährungsvereinbarung

  1. Für die Verpflichtungen, die die Firma mit der Zusage auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung eingegangen ist, haftet ein gegenwärtiger, früherer oder künftiger Gesellschafter der Personengesellschaft den Anwärtern und Anspruchsberechtigten nach den allgemeinen gesetzlichen Vorschriften, jedoch verjähren ihm gegenüber die Ansprüche – unabhängig davon, wann sie erworben oder fällig werden – spätestens in fünf Jahren nach seinem Ausscheiden aus der Personengesellschaft. Dies gilt sinngemäß auch

    • bei einem Wechsel eines unbeschränkt persönlich haftenden Gesellschafters in die Rechtsstellung eines beschränkt haftenden Gesellschafters
    • bei einer Umwandlung der Personengesellschaft in eine Kapitalgesellschaft
    • bei einer Betriebsaufspaltung

    und in vergleichbaren Änderungsfällen.

  2. Die Verjährung gemäß Ziffer 1 beginnt mit ...

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