Entscheidungsstichwort (Thema)

Berufsgruppeneinteilungen

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Einführung der Berufsgruppeneinteilungen für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ohne abgeschlossene Ausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf durch die Arbeitsrechtliche Kommission des Diakonischen Werkes der EKD ist nicht offenbar unbillig im Sinne des § 319 BGB. Hierdurch sollte der Dienstgeberseite der Anreiz genommen werden, solche Hilfsfunktionen fremd zu vergeben. Dieser Zweck gibt einen sachlichen Grund für die Schlechterstellung der betroffenen Arbeitnehmer im Vergleich zu anderen Arbeitnehmern ab und vermag eine eventuelle größere nachteilige Betroffenheit von Frauen objektiv zu rechtfertigen.

 

Normenkette

AK DW EKD ArbVertrRL Anl 1d; BGB §§ 319, 612 Abs. 3; WRV Art. 137 Abs. 3; GG Art. 140

 

Verfahrensgang

ArbG Bielefeld (Urteil vom 04.12.2002; Aktenzeichen 3 Ca 4298/01)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 12.10.2005; Aktenzeichen 4 AZR 429/04)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 04.12.2002 – 3 Ca 4298/01 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die für die Klägerin maßgebliche Vergütungsordnung.

Der beklagte Verein, der ca. 6.000 Arbeitnehmer beschäftigt, ist eine Einrichtung der Diakonie. Er betreibt 72 Krankenhäuser, Altersheime und andere Sozialeinrichtungen mit einem Gesamtjahresumsatz von 2 Millionen EURO. Aufgrund seiner Mitgliedschaft im Diakonischen Werk der Evangelischen Kirche von Westfalen unterliegt er dessen Satzung. Dort ist in § 4 Abs. 1 Nr. 7 a bestimmt, dass das nach den Arbeitsrechtsregelungen der Evangelischen Kirche von Westfalen oder des Diakonischen Werks der EKD gestaltete Arbeitsrecht anzuwenden ist. Der Beklagte wendet die Arbeitsvertragsrichtlinien des Diakonischen Werks der EKD (AVR-DW) an. Entsprechend der Verpflichtung der Satzung in § 4 Abs. 2 Nr. 7 b hat sich der Beklagte einer kirchlichen Zusatzversorgungskasse angeschlossen, bei der die Klägerin zusatzversichert ist.

Die am 14.11.15xx geborene und verheiratete Klägerin ist auf der Grundlage des schriftlichen Arbeitsvertrages vom 01.01.1978 bei dem beklagten Verein in dessen Einrichtung J2xxxxxx-K4xxxxxxxxx seit dem 01.01.1978 als Küchenhilfe beschäftigt. § 2 ihres Arbeitsvertrages lautet:

„Für das Dienstverhältnis gelten die Arbeitsvertragsrichtlinien (AVR-DW) des Diakonischen Werkes – Innere Mission und Hilfswerke – Evangelische Kirche in D6xxxxxxxxx in der jeweils gültigen Fassung. Sie sind im Auszug als Anlage beigefügt. Künftige Änderungen der Richtlinien gelten vom Tag des Inkrafttretens an auch für diesen Dienstvertrag.”

Die Klägerin war bis zum 31.08.1998 aufgrund ihrer Tätigkeit in der Berufsgruppeneinteilung H, dort in der Vergütungsgruppe H 2 a, eingruppiert. Die Berufsgruppeneinteilung H, die in der Anlage 1 c zu den AVR-DW geregelt ist, betrifft Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in arbeiterrentenversicherungspflichtiger Tätigkeit. Es handelt sich um eine im Rahmen des sogenannten Dritten Weges beschlossene Kirchliche Arbeitsrechtsregelung. Zuständig hierfür ist die Gemeinsame Arbeitsrechtliche Kommission des Diakonischen Werks der EKD (AK-DW-EKD). Deren Aufgabenstellung und Verfahrensweise war zum Zeitpunkt der für den vorliegenden Rechtsstreit maßgeblichen Beschlüsse in der „Ordnung für die Arbeitsrechtliche Kommission des Diakonischen Werkes der EKD vom 16.10.1996 in der Fassung vom 17.06.1997” geregelt. Ihr gehörten nach § 3 Abs. 1 je 10 Vertreter und Vertreterinnen der Mitarbeiter im Kirchlichen Dienst sowie der Dienstgeberseite an. Nach der bis zum 31.12.1997 geltenden Fassung wurden die Dienstnehmervertreter von den Arbeitsgemeinschaften der Mitarbeitervertretungen benannt. Ab dem 01.01.1998 wurden sie durch Vereinigungen, in denen mindestens 500 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen im Diakonischen Dienst zusammengeschlossen sind, entsandt. Zu diesen Vereinigungen gehört die damalige Gewerkschaft ÖTV, die jedoch in den Arbeitsrechtlichen Kommissionen im Kirchlichen Bereich nicht mitarbeitet, da der Gewerkschaftstag im Jahre 1988 beschlossen hatte, sich hieran nicht zu beteiligen. Zu den über den Verband Kirchlicher Mitarbeiter – VKM – im Jahre 1998 in die AK-DW-EKD entsandten Mitarbeiter-Vertretern gehörte der Personalleiter einer Klinik und der Geschäftsführer dieses Verbandes. Nach § 7 Abs. 1 der Ordnung sind die Mitglieder der Arbeitsrechtlichen Kommission unabhängig und an Weisungen nicht gebunden.

In ihrer Sitzung am 08./09.07.1998 beschloss die AK-DW-EKD unter TOP 2 – Berufsgruppeneinteilung W – und TOP 3 – Altersteilzeit – die Anlage 18 AVR – Beschäftigungssicherungsordnung für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Wirtschaftsbereiche Diakonischer Einrichtungen sowie eine Altersteilzeitordnung. Nach der Beschäftigungssicherungsordnung wurden Eingruppierungsvorschriften der Berufsgruppeneinteilung H gestrichen und eine neue an der gewerblichen Wirtschaft orientierte Vergütungsstruktur geschaffen. Diese neue Berufsgrupp...

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